Guten Tag,
Sie haben mit der Lufthansa einen Flug von Algier über Frankfurt nach Bremen gebucht. Ihr Weiterflug von Frankfurt nach Bremen wurde von 17:20 auf 17:05 verschoben, und Ihnen so 15 Minuten zum Umsteigen genommen. Der erste Flug von Algier nach Frankfurt ist außerdem mit 18 Minuten Verspätung, und damit um 16:18, angekommen. Ihren Weiterflug um 17:05 haben Sie so leider nicht erreicht, und mussten einen anderen Flug nehmen, der Sie vier Stunden und 10 Minuten später als eigentlich geplant an Ihren Zielort Bremen brachte.
> Anspruch auf Ausgleichszahlungen
Bei einer Verspätung von 3 Stunden oder mehr bei der Landung am Zielort zieht eine Flugverspätung dieselben Folgen nach sich wie eine Flugannulierung.
AG Rüsselsheim, Urt. v. 20.11.2012, Az: 3 C 1226/12 (32)
„Entgegen der Ansicht des beklagten Luftfahrtunternehmens ist die Abflugverspätung zur Feststellung einer Flugverspätung i. S. des Artikels 6 Abs. 1 der VO nicht ausschlaggebend. Vielmehr erhält Reisende einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, wenn er nach Durchführung des Fluges einen Zeitverlust von mehr als drei Stunden erleidet.
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07
Fluggäste verspäteter Flüge können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, bezüglich der Ausgleichsansprüche, den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden.
Aber die eigentliche Verspätung erfolgte ja auf Ihrem ersten Zubringerflug nach Frankfurt, nicht nach Bremen direkt - diese erfolgte ja wegen einer Umbuchung, die wegen der ursprünglichen Verspätung vorgenommen werden musste. Dies könnte problematisch sein.
Dazu folgende Urteile:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google, wenn Sie eingeben: Az. 2-24 S 47/12 "reise-recht-wiki.de")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google, wenn Sie eingeben: Az C-11/11 ”reise-recht-wiki.de")
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
Es ist folglich allein Ihre Verspätung am Endziel maßgeblich. Daher findet in Ihrem Fall einer Verspätung von mehr als 4 Stunden dieselben Folgen wie die bei einer Annulierung Anwendung.
Ihre möglichen Ausgleichszahlungen richten sich nach Artikel 7 der EU-VO. Sie stellen sich wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €
Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft allerdings befreien, siehe Artikel 5 Absatz 3 der EU-VO. Und zwar wenn sich die Fluggesellschaft beispielsweise auf das Vorliegen von außergewöhnlichen Umstände beruft:
„Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07
Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt.
Lufthansa informierte Sie darüber, dass die Verspätung, welche letztendlich dazu führte, dass Sie ihren Anschlussflug verpassten, auf eine Problematik mit der Flugsicherung in Frankfurt zurückzuführen ist.
Auf die Tätigkeiten der Flugsicherung an einem Flughafen hat eine Fluggsellschaft keinen Einfluss. Ob beziehungsweise wann genau also ein Flugzeug dort landen darf liegt außerhalb des Machtbereiches einer Fluggsellschaft. Diese Problematik mit der Flugsicherung ist deshalb wahrscheinlich als ein außergewöhnlicher Umstand zu bewerten - falls Lufthansa nachweisen kann, dass es tatsächlich daran lag. Die Beweislast dafür liegt nämlich auf Seiten der Lufthansa, nicht auf Ihrer - für den Fall dass es vor Gericht gehen sollte.
Natürlich hatte Lufthansa einen Einfluss darauf, dass Ihr Weiterflug um 15 Minuten verschoben wurde - ob Sie den Weiterflug aber bekommen hätten, mit oder ohne Verschiebung, ist fraglich, und wird schwer nachzuweisen sein. Es wäre außerdem wichtig zu wissen, wann Lufthansa Ihren Weiterflug zeitlich verschoben waren - wurde dies 2 Wochen vorher angekündigt ist ein weiterer Anspruch wahrscheinlich ohnehin ausgeschlossen.
> Anspruch auf Betreuungsleistungen
Darüber hinaus können Sie der Fluggesellschaft gemäß Artikel 9 EU-VO verschiedene Dinge in Rechnung stellen, falls Sie diese während Ihres Aufenthalts am Flughafen von Frankfurt in Anspruch genommen haben:
> Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
> Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
> Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
Abschließend ist also zu sagen dass es wahrscheinlich so aussieht, dass Sie zwar keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben werden, aber einen Anspruch auf Erstattung