Guten Tag curad0r,
Sie haben über das Portal Fluege.de eine Flugreise mit der arabischen Airline Etihad bzw. Air Berlin gebucht. 5 Wochen vor Reisebeginn wurden Sie nun über Flugänderungen bezüglich des Hin- und des Rückfluges informiert. Des Weiteren wurde auch eine Zwischenlandung in Berlin hinzugefügt. Diese Änderungen bewirken, dass sich ihr Hinflug ist um 3:05 Stunden nach vorne verschiebt und ihr Rückflug 2:05 Stunden später landen wird. Sie fragen sich nun, ob sie sich solche Änderungen gefallen lassen müssen, oder ob sie rechtlich dagegen vorgehen können.
In Fällen reiner Flugbuchungen ist grundsätzlich die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 heranzuziehen. Diese ist eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.
Zunächst müsste der Anwendungsbereich eröffnet sein.
Art. 3 VO Anwendungsbereich (gekürzt)
„(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.“
Als unproblematisch ist meiner Ansicht nach der erwähnte Hinflug zu betrachten, da dieser unter Art. 3 Abs. 1 Bust. a VO fällt. Der Anwendungsbereich könnte jedoch für den Rückflug nicht eröffnet sein, da dieser in einem Drittstaat beginnt. Falls dieser Flug mit Etihad ausgeführt werden sollte, ist die Eröffnung des Anwendungsbereiches zu verneinen, da es sich bei Etihad nicht um ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft handelt.
Vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2012, Az: X ZR12/12 (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Sie finden das Urteil bei Google unter folgender Sucheingabe: "reise-recht-wiki.de BGH X ZR-12/12")
In diesem Urteil hat der BGH noch einmal verdeutlicht, dass die Fluggastrechte Verordnung bei außereuropäischen Flügen keine Anwendung findet.
Nimmt man jedoch an, dass der Anwendungsbereich eröffnet ist, stellt sich nun die Frage nach der Anspruchsgrundlage. Sie schildern, dass sich die Flugnummern geändert haben. Dies und die weiteren Umstände lassen auf eine Annullierung Ihres Fluges schließen. Eine Annullierung ist immer dann anzunehmen, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben hat.
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „EuGH C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen.
Demzufolge kann auch in Ihrem Fall von einer Flugannullierung ausgegangen werden. Die Annullierung ist in Art. 5 VO geregelt und verweist auf die Art. 7, 8 und 9 VO.
Art. 7 VO behandelt die Thematik der Ausgleichszahlungen. Ein Anspruch auf solche ist in Ihrem Fall jedoch nicht möglich, da Sie bereits 5 Wochen vor Reiseantritt über die Änderungen informiert worden sind (vgl. Art. 5 Abs. 1 Bust. c VO).
Es könnte ein Anspruch gemäß Art. 8 VO bestehen.
Art. 8 VO Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung (gekürzt)
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit – einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.“
Mithin besteht die Wahl zwischen der Erstattung des Ticketpreises oder einer anderen Beförderung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Ihnen vorgeschlagene Alternativverbindung bereits diese ist, welche zum frühestmöglichen Zeitpunkt angeboten werden kann.
Ein Anspruch aus Art. 9 VO kommt in Ihrem Fall nicht in Betracht, da dieser verlangt, dass der Reisende am Flughafen Unterstützungsleistungen benötigt.
Mithin kommt in Ihrem Fall lediglich ein Anspruch aus Art. 8 VO in Betracht.