Liebe Margit,
du hast mit Air Berlin einen Flug von Ibiza nach Zürich geplant und wurdest erst 2 Stunden vor dem Abflug darüber informiert, dass der Flug um 8 Stunden nach hinten verschoben wurde. Ein so später Abflug war für dich nicht hinnehmbar, sodass du selbstständig einen Flug mit Easy Jet gebucht hast.
Du hast nun eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro als Entschädigung zuzüglich 150 Euro Spesen von Air Berlin gefordert. Dahingehend wurden dir bis jetzt nur Gutscheine angeboten. Du fragst dich, ob deine Forderungen realistisch sind und ob rechtlicher Beistand notwendig ist.
Grundsätzlich ist hier die Fluggastrechte Verordnung (VO) heranzuziehen. Der Anwendungsbereich ist unproblematisch gemäß Art. 3 VO eröffnet. Zudem wurde dein ursprünglicher Flug gemäß Art. 5 VO annulliert, sodass sich daraus verschiedene Anspruchsgrundlagen ergeben.
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.
Gemäß Art. 5 VO kann ein Passagier, der von einer Annullierung betroffen ist Ansprüche aus Art. 7, 8 und 9 der Verordnung geltend machen.
Zunächst kommt ein Anspruch aus Art. 7 VO in Betracht.
Art. 7 Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.“
Die Entfernung von Ibiza nach Zürich beträgt circa 1100 KM, sodass ein Anspruch auf 250 Euro besteht.
http://www.entfernung.org/ibiza/z%C3%BCrich
Des Weiteren kommt ein Anspruch gemäß Art. 8 VO in Betracht.
Art. 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung.
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit – einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.“
Wenn kein angebotener Alternativflug wahrgenommen wurde, kann sich der betroffene Passagier die Flugscheinkosten für den ursprünglichen Flug zurückerstatten lassen. Dies trifft meiner Ansicht nach auch auf deinen Fall zu.
Grundsätzlich gehe ich daher davon aus, dass deine Forderungen durchsetzbar sein sollten. Lediglich die datierten 150 Euro Spesen erscheinen mir aus der Luft gegriffen, da es an einer gesetzlichen Grundlage mangelt. Vielmehr sollte stattdessen die Rückzahlung der Flugscheinkosten gefordert werden.
Bezüglich weiterer Vorgehensweise ist auf folgendes Urteil zu verweisen:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.05.2010, Az 31 C 2339/10(74) (zu finden über die Google-Suche „31 C 2339/10 (74) reise-recht-wiki.de“
Hier wurde entschieden, dass die Fluggesellschaft die Anwaltskosten zu tragen hat, wenn deutlich wird, dass der Passagier sein Recht andernfalls nicht durchsetzen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Airline eine Zahlung entweder endgültig verweigert oder sich nur auf einen Fluggutschein einlassen will.
Möglicherweise nimmt diese Kenntnis die Hemmungen einen Anwalt aufzusuchen.