Liebe Julika,
wenn ich Sie richtig verstehe, ist Ihre Ausrüstung und die Ihrer Mitreisenden mittlerweile wieder aufgetaucht, sie war aber zu keinem Zeitpunkt im Urlaub verfügbar. Ich schätze Ihren Fall daher als Gepäckverspätung ein. Da Sie in Berlin gestartet und nach Skandinavien geflogen sind, findet das Montrealer Übereinkommen (MÜ) Anwendung. Hierbei handelt es sich um ein internationales Abkommen, das dazu dient, Haftungsfragen, die im Zusammenhang mit zivilem Luftverkehr entstehen, einheitlich zu regeln.
Sie möchten nun einen Schaden geltend machen, der dadurch entstanden ist, dass Ihre Ausrüstung nicht am Zielflughafen angekommen ist und Sie sich Ersatz beschaffen mussten. Grundsätzlich besteht ein solcher Anspruch nach dem Montrealer Übereinkommen gegen den Luftfrachtführer, in Ihrem Fall SAS. Dieser Anspruch ist in Artikel 19 geregelt. Allerdings sieht das Übereinkommen in Artikel 22 Absatz 2 eine Haftungsbegrenzung für die Fluggesellschaft vor. Das bedeutet, unabhängig vom tatsächlichen Schaden, kann jeder Fluggast nur einen Betrag bis zur Höhe von 1131 Sonderziehungsrechten geltend machen. Bei Sonderziehungsrechten handelt es sich um eine Währungseinheit, deren Wechselkurs täglich von der WTO neu veröffentlicht wird. Derzeit entsprechen 1131 Sonderziehungsrechte ungefähr knapp 1400 €. Sie beziffern Ihren Schaden mit circa 1500 €, Ihnen würde also wahrscheinlich selbst für den Fall, dass Sie Ihren Anspruch erfolgreich geltend machen können, nicht der gesamten Betrag erstattet.
Fraglich ist auch, ob Ihre Ausgaben anerkannt würden. Zwar erfasst der Schadensersatz nach Artikel 19 MÜ Ausgaben für Ersatzkäufe. Diese müssen aber notwendig und angemessen sein. Was darunter genau zu verstehen ist, ist wohl eine Frage des Einzelfalles. Hier ist es hilfreich, sich die Rechtsprechung anzuschauen, die bereits zu dieser Frage ergangen ist.
Das Amtsgericht Köln hat 2016 entschieden, dass Ausgaben für solche nachgekauften Gegenstände, die nach dem Erhalt des eigenen Gepäcks weiter benutzt werden können, keinen Schaden darstellen (bei Interesse einfach 142 C 392/14 reise-recht-wiki.de googeln).
In seinem Urteil vom 13.06.2013 hat das Amtsgericht Frankfurt (leicht zu finden, wenn Sie bei Google 29 C 2518/12(19) reise-recht-wiki.de eingeben) entschieden, dass Unterwäsche und ein Satz Oberbekleidung, nicht aber eine Strandtasche notwendig und angemessen sind.
Natürlich ist keiner der hier genannten Fälle mit dem Ihren direkt vergleichbar. Aber ich würde diese Urteile so interpretieren, dass grundsätzlich nur „Kleinigkeiten“ erstattet werden, höchstens in begründeten Ausnahmefällen auch größere Anschaffungen. Ob also eine ganze Expeditionsausrüstung ersatzfähig ist, ist fraglich und kann ich Ihnen nicht abschließend beantworten.
Ein Schadensersatzanspruch über die Haftungsbegrenzung hinaus, kann nur geltend gemacht werden, wenn der Fluggesellschaft bei dem Transport ein qualifiziertes Verschulden nachgewiesen werden kann, sie also grob fahrlässig gehandelt hat. Wenn Sie dies nachweisen können, besteht die Haftungsbegrenzung nicht.
Dieser Ratschlag kommt jetzt leider zu spät, aber dennoch: Es besteht die Möglichkeit, bei der Fluggesellschaft auf ein besonderes Interesse an der bestimmungsgemäßen Ankunft des Gepäcks hinzuweisen. Wenn dieser Hinweis erfolgt ist und ein entsprechender Betrag bezahlt wurde, steht dem Fluggast im Falle des Verlustes ein Anspruch auch jenseits der Haftungsbegrenzung zu, Artikel 22 Absatz 2 MÜ. Bei der Aufgabe besonders kostspieligen Gepäcks, wie zum Beispiel Expeditionsausrüstung, lohnt sich das vielleicht.
Ich hoffe, diese kleine Übersicht hat Ihnen geholfen.