Du hast am 05. Januar 2017 haben eine Pauschalreise gebucht. Geplant war ein Abflug um 9:15 Uhr. Der Rückflug sollte 14:00 starten. Der Abflug wurde nun auf 15:30 verschoben. Der Rückflug wurde auch vorverlegt, auf 08:25. Du fragst dich nun, ob du dies hinnehmen musst und welche Ansprüche dir gegebenenfalls zustehen.
Da du eine Pauschalreise gebucht hast, könnten sowohl Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB, als auch aus der Fluggastrechteverordnung, bestehen.
Laut der Rechtsprechung, kann sich der Reiseveranstalter Ausgleichzahlungen der Fluggesellschaften anrechnen lassen, nicht jedoch umgekehrt.
Beispielhaft:
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.11.2012, Az. 2-24 S 67/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst „reise-recht-wiki LG Frankfurt a.M. 2-24 S 67/12“)
Hier hat das Landgericht entschieden, dass kein weiterer Zahlungsanspruch gegenüber des Reiseveranstalters besteht, wenn auf Grund einer Flugverspätung bereits eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.200 Euro nach der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 geleistet worden ist. Dies wurde damit begründet, dass die Ansprüche gemäß Art. 12 der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 angerechnet werden können.
Folglich sollten etwaige Ansprüche erst gegenüber des Reiseveranstalters und erst im Anschluss gegenüber der Fluggesellschaft geltend gemacht werden.
I. Ansprüche gegenüber des Reiseveranstalters
Eine Anspruchsgrundlage könnte sich aus den §§ 651 a ff. BGB ergeben. Die Flugzeitenänderung kann einen Reisemangel darstellen. Dies konnte früher durch die AGB ausgeschlossen werden. In diesen behielten sich Reiseveranstalter oftmals Änderungen vor. Dies wurde durch die Rechtsprechung des BGH deutlich eingeschränkt.
Vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Bezüglich der genannten vertraglichen Leistung kommt es also darauf an, ob die Flugzeiten fester Bestandteil des Vertrages geworden sind. Ist dies der Fall, muss sich der Reiseveranstalter an diese halten. Falls er dies nicht tut, steht dem Reisenden entweder ein Anspruch auf Minderung, Schadensersatz oder Rücktritt zu.
Meiner Meinung nach ist das in deinem Fall zu bejahen.
II. Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft
Gegenüber der Fluggesellschaft könnte sich ein Anspruch aus der Fluggastrechte Verordnung (VO) ergeben. Diese Verordnung stellt eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen dar.
In der Verlegung der Abflugzeiten könnte eine Annullierung zu sehen sein. Eine Annullierung liegt vor, wenn die Fluggesellschaft den geplanten Flug nicht durchführen kann und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug um 6 Stunden nach hinten verschoben, kann darin ebenfalls eine Annullierung gesehen werden.
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az. C-83/10 (einfach zu finden wenn du wieder bei Google eingibst: "reise-recht-wiki EuGH C-83/10")
Hier wurde bestätigt, dass beispielsweise auch dann eine Annullierung anzunehmen sei, wenn ein Flug auf den nächsten Tag verlegt werde.
Dies ist meiner Meinung nach mit einer Verspätung von 6 Stunden vergleichbar.
Im Falle einer Annullierung steht dir zunächst ein Anspruch auf Erstattung oder anderweitiger Beförderung aus Artikel 8 der europäischen Fluggastrechte Verordnung. So könntest du nach Art. 8 VO zwischen folgenden Optionen wählen:
Art. 8 VO, Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
der vollständigen Erstattung der gesamten Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggasts
Es ist davon auszugehen, dass der Flug der dir angeboten wurde, der Flug zum frühestmöglichen Zeitpunkt ist. Daher bleibt dir meiner Ansicht nur die Möglichkeiten die Flugscheinkosten zurückerstatten zu lassen.
Außerdem könntest du einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 VO gegen die Fluggesellschaft haben. Dieser ergibt sich wie folgt:
Art. 7 VO, Ausgleichszahlung
Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Ich gehe jedoch davon aus, dass in deinem Fall ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt, da du bereits über 6 Monate im Voraus über die Änderung informiert wurdest. Gemäß Art. 5 Abs. 1 c)i) VO, ist die Fluggesellschaft von der Ausgleichszahlung befreit, wenn Sie mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit, den Fluggast über die Änderungen unterrichtet hat.
III. Fazit
Es könnten sich Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter ergeben, soweit die Flugzeiten fester Vertragsbestandteil geworden sind. Des Weiteren sind Ansprüche gegenüber der Airline gemäß Art. 5 VO in Verbindung mit Art. 8 VO denkbar.