Hallo Nina,
du hast einen Flug von dem Staat Oman nach Deutschland mit Oman Air angetreten. Leider kam es auf diesem Flug zu einer Notlandung wegen technischen Problemen und einer damit verbunden extremen Verspätung an deinem Zielort München.
Du fragst dich, ob du Ansprüche auf eine Entschädigung haben könntest. Dabei denke ich zuerst einmal an Möglichkeiten aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Wegen deinem Startort und der von dir genutzten Airline habe ich erst einmal Zweifel daran, ob der Anwendungsbereich der EU-VO eröffnet ist.
Der Anwendungsbereich ergibt sich aus Artikel 3 EU-VO:
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Danach gilt die Verordnung also einmal, wenn man einen Flug in einem Mitgliedsstaats antritt. Dies ist bei dir nicht der Fall, Oman ist kein Mitgliedsstaat.
Außerdem kann die Verordnung gelten, wenn man den Flug zwar in einem Drittstaat antritt, aber mit einem Luffahrtunternehmen der Gemeinschaft in das Gebiet eines Mitgliedsstaates einreist. Du flogst zwar nach München, allerdings mit Oman Air. Oman Air hat ihren Sitz in Maskat, Oman. Wie bereits gesagt handelt es sich dabei nicht um einen Mitgliedsstaat, und insofern auch nicht um ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft.
Ich persönlich denke deshalb, dass dir zumindest aus der EU-Fluggastrechteverordnung keine Ansprüche zustehen.
Allerdings könnte das Montrealer Übereinkommen zur Anwendung kommen. Dazu müssten Oman und Deutschland erst einmal Vertragsstaaten dieses Abkommens sein. Dies ist vorliegend der Fall, beide haben unterzeichnet.
Bei Verspätungen hilft denke ich ein Blick in Artikel 19 MÜ:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Dabei gibt es keinen festgelegten Satz, sondern eine Haftungsgrenze nach Artikel 22.
Artikel 22 MÜ - Haftungshöchstbeträge bei Verspätung sowie für Reisegepäck und Güter
(1) Für Verspätungsschäden im Sinne des Artikels 19 haftet der Luftfrachtführer bei der Beförderung von Personen nur bis zu einem Betrag von 4.150 Sonderziehungsrechten je Reisenden.
4.150 Sonderziehungsrechte sind etwa 5.218 Euro, dies bestimmt sich näher nach Artikel 23 MÜ.
Man müsste also denke ich einen Schaden nachweisen.
Für eine erste Orientierung, wie sich eine solche Entschädigung gestalten könnte würde ich einen Blick in Artikel 7 EU-VO werfen:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
In deinem Fall also, in Anbetracht Entfernung und drastischen Verspätung würde ich vermutlich an eine Entschädigung über 600 Euro als ersten Richtwert denken.
EuGH, Urteil vom 26.02.2013, Az.: C-11/11
Hierzu ist festzustellen, dass sich die Bezugnahme in der Verordnung Nr. 261/2004 auf verschiedene Fälle der Verspätung als vereinbar mit Art. 19 des Übereinkommens von Montreal erweist, das einen integralen Bestandteil der Unionsrechtsordnung bildet.
Dieser Rückgriff auf die EU-VO als Richtschnur ausgehend von Artikel 19 MÜ wurde, so wie ich das Urteil verstehe, auch vom EuGH ausdrücklich gebilligt.
Darüber hinaus könntest du vielleicht deine Kosten für Verpflegung und möglicherweise auch, falls in Anspruch genommen, Schlafmöglichkeiten geltend machen.
Das ist allerdings nur meine Meinung, für einen Rechtsrat würde ich dir empfehlen einen Anwalt aufzusuchen - gerade auch, wenn Oman Air sich eher unkooperativ zeigt.