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Hallo zusammen,

wir haben im Februar/März eine Pauschalreise nach Fuerteventura unternommen. Der Urlaub war echt klasse. Drei Tage vor dem Rückflug mussten wir jedoch feststellen, dass dieser um 11 Stunden vorverlegt wurde. Rückflug gemäß Unterlagen: 22 Uhr - tatsächlicher Rückflug: 11 Uhr. Uns ist praktisch ein kompletter Strandtag abhanden gekommen.

Meine Frage ist nun, welcher Schadensersatzanspruch sich aus einer solchen Verschiebung ergibt und aus welcher rechtlichen Grundlage sich dieser ergibt. Bei meiner ersten Reklamation kam lediglich eine Entschuldigung.

Besten Dank für eure Hilfe im Voraus!

Gruß

Axt82
Gefragt in Reisevertragsrecht von (120 Punkte)
wieder getaggt von
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4 Antworten

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Hallo Axt82,

euer Rückflug von Fuerteventura wurde um 11 Stunden vorverlegt. Ihr bemängelt, dass euch so quasi ein kompletter Strandtag abhanden gekommen ist und fragt euch, ob ihr von eurem Reiseveranstalter Schadensersatz verlangen könnt.

1. BGB

Ihr habt mit eurem Reiseveranstalter einen Reisevertrag nach den §§ 651 a - m BGB abgeschlossen. Wenn bei eurer Reise etwas schief geht, hilft denke ich erst einmal ein Blick in diese Normen.

Da ihr eure Reise bereits unternommen habt werden die Normen über Rücktritt oder Kündigung ja vermutlich uninteressant sein. Interessant sein könnte aber denke ich § 651d BGB über die Minderung sein:

(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. § 638 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

(2) Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.

Das heißt, wenn die Reise mangelhaft ist, könnte an eine Minderung zu denken sein. Wann ist eine Reise also mangelhaft. Dies ergibt sich aus § 651c BGB:

(1) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

Vielleicht ist eine Flugzeitenverschiebung nach vorne ein solcher Fehler oder eine Abweichung von den zugesicherten Eigenschaften.

Manchmal behalten sich Reiseveranstalter vor die Flugzeiten noch verändern zu können, dann sind die Flugzeiten kein fester Bestandteil des Reisevertrages geworden. Dies ist zumeist Klauseln in den AGB des Reisevertrages zu entnehmen. Es könnte sein, dass ein solcher Fall bei euch gegeben ist. Aber, selbst dann, so die Rechtsprechung, haben diese zeitlichen Veränderungen in einem bestimmten dem Kunden zumutbaren Rahmen vonstatten zu gehen:

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2014, Az: I-6 U 123/12

Klauseln, die einem Reiseveranstalter das Recht einräumen, Flugzeiten zu ändern und Zwischenlandungen hinzuzufügen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")

Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind. Der Begriff der Zumutbarkeit ist jedoch nicht eindeutig definiert. Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.

Wichtig wäre also deshalb zu überlegen, ob die Verschiebung bei euch erheblich ist, und ob sie für euch unzumutbar sein könnte. Dabei ist auch nicht unwichtig, wie lange eure Reise eigentlich dauern sollte, und ob die Flugverschiebungen den ersten und/oder letzten Reisetag betreffen, und beispielsweise die Nachtruhe stören oder nicht.

Ähnlich wie bei euch lag es meiner Meinung nach in diesem Urteil:

AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)

Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.

Hier wurde der Rückflug ebenfalls um 11 Stunden vorverlegt, und es konnte für eben diesen Strandtag, der ja auch euch verloren ging, der Reisepreis gemindert werden. An sich beträgt glaube ich nach der Frankfurt Tabelle eine Reisepreisminderung 5 Prozent des Reisepreises, soweit sich der Flug um mehr als vier Stunden verschiebt, und kann im Weiteren für jede folgende Stunde nochmal um 5 Prozent des durchschnittlichen Tagespreises gemindert werden.

Eine solcher Anspruch muss außerdem gemäß § 651g BGB innerhalb eines Monats geltend gemacht werden:

(1) Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen.

2. EU-VO

Darüber hinaus sind glaube ich auch an Ansprüche aus der Europäischen Fluggastrechteverordnung zu denken. Das solche Ansprüche möglich sind ergibt sich meiner Meinung nach aus Punkt (5) der Gründe der EU-VO:

(5) Da die Unterscheidung zwischen Linienflugverkehr und Bedarfsflugverkehr an Deutlichkeit verliert, sollte der Schutz sich nicht auf Fluggäste im Linienflugverkehr beschränken, sondern sich auch auf Fluggäste im Bedarfsflugverkehr, einschließlich Flügen im Rahmen von Pauschalreisen, erstrecken.

Denn vielleicht ist diese Verschiebung um 11 Stunden nach vorne eine Annulierung nach Artikel 5 EU-VO, und könnte euch Ansprüche wie dort genannt eröffnen:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und (...)

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)

Eine solche Annulierung kann dann angenommen werden, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werdne kann wie geplant und der Start deshalb aufgegeben wird. Dies ergibt sich aus einem Urteil des EuGH vom 13.10.2011. (Az.: C- 83/10, das Urteil ist leicht für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH 13.10.2011 Az.: C-83/10 reise-recht-wiki.de).

Und auch wenn eine Vorverlegung des Fluges stattfindet kann dies eine Annulierung sein:

AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10 (einfach zu finden für Sie, wenn Sie bei Google eingeben: AG Hannover Az.: 512 C 15244/10 reise-recht-wiki.de)
Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung mehr als zehn Stunden beträgt.

Einerseits kann denke ich bei so einer drastischen Verschiebung davon ausgegangen werden, dass euer Flug nicht so durchgeführt werden konnte wie geplant. Außerdem, so das Urteil des AG Hannover, welches man als Richtschnur sehen kann, beträgt eure Vorverlegung auch mehr als 10 Stunden. Insofern ist denke ich erstmal eine Annulierung anzunehmen.

Fortsetzung folgt...

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Fortsetzung:

Vielleicht habt ihr deshalb einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 EU-VO:

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Je nachdem von wo ihr gestartet seit bemisst sich dann anhand der Strecke eine Summe die ihr möglicherweise von eurer Fluggesellschaft herausverlangen könnt.

Dazu müsst ihr euch aber bei dieser melden. Und ich möchte noch darauf hinweisen, dass gemäß Artikel 5 Absatz 3 EU-VO die Möglichkeit besteht, dass sich die Airline auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände beruft:

(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Davon ist eurer Nachricht aber erst einmal nichts zu entnehmen.

 

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Hallo Axt82,

Sie haben im Februar/März eine Pauschalreise nach Fuerteventura wahrgenommen. Der ursprüngliche Rückflug war um 21:10 Uhr. Drei Tage vor dem Rückflug wurden Sie jedoch darüber informiert, dass dieser um 11 Stunden vorverlegt wurde. Statt um 22 Uhr sind Sie bereits um 11 Uhr morgens zurück geflogen.Dadurch haben Sie quasi einen ganzen Urlaubstag verloren. Sie fragen sich nun, ob Sie einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter geltend machen können.

Ihren Angaben lässt sich entnehmen, dass Sie eine Pauschalreise gebucht haben. Mögliche Ansprüche ergeben sich also dem Reisevertragsrecht des BGB. Hierfür sind die §§ 651 a-m heranzuziehen.

Zuerst muss geklärt werden, ob die Flugzeiten ein fester Bestandteil des abgeschlossenen Vertrages geworden sind. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn sich der Reiseveranstalter eine Flugzeitenverschiebung durch eine Änderungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorbehalten hat.

Sind die Flugzeiten dagegen ein fester Vertragsbestandteil geworden, hat sich der Reiseveranstalter an diese zu halten. Tut er dies nicht, liegt ein Vertragsbruch vor. In einem solchen Fall steht dem Reisenden entweder das Recht zur Minderung und Schadensersatz zu oder er kann von dem Vertrag zurücktreten.

Wenn die Flugzeiten jedoch kein fester Bestandteil geworden sind, kommt es darauf an ob die Flugzeitenänderung den An-und Abreisetag betreffen und ob dadurch ein Verlust oder eine wesentliche Beeinträchtigung der Nachtruhe entsteht. Grundsätzlich sind der erste und letzte Urlaubstag nämlich dafür geplant, die Anreise bzw. die Abreise anzutreten. Sobald die Flugzeitenänderungen keinen Verlust der Nachtruhe bedeuten, sind sie als bloße Unannehmlichkeiten zu werten. Vgl. dazu die Entscheidung des AG Hannover, Urteil vom 20.11.2008, Az. 519 C 7511/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " AG Hannover 519 C 7511/08 reise-recht-wiki“ )

Im vorliegenden Fall müssen Sie also zunächst prüfen ob Ihre Flugzeiten ein fester Vertragsbestandteil geworden sind oder nicht. Oder ob der Reiseveranstalter sich die Änderung der Flugzeiten in den AGBs vorbehalten hat. Falls die Flugzeiten fester Bestandteil geworden sind, steht dem Reisenden entweder ein Anspruch auf Minderung, Schadensersatz oder Rücktritt zu. In Ihrem Fall scheint eine Reisepreisminderung gem. § 651 d BGB am sinnvollsten.

Selbst wenn der Reiseveranstalter zu einer Änderung durch eine bestimmte Klausel grundsätzlich berechtigt ist, sind Verschiebungen der Flugzeiten unter einigen Umständen dennoch als Mängel zu betrachten. Dieser wiederum berechtigt dadurch unter anderem zu einer Minderung des Reisepreises nach § 651 d BGB. Ein Mangel liegt oftmals dann vor, wenn durch die Flugverlegung ein ganzer Urlaubstag verloren geht. Über die Minderungsquote entscheidet jedoch im Streitfall das Gericht:

Fortsetzung...

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Fortsetzung...

Siehe dafür folgende Urteile:

AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)

Minderungsanspruch bejaht.  Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.

 

AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)

Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.

 

AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)

Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.

 

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")

Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Aber wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.

Da die Verschiebung der Reisezeit die druch das OLG Düsseldorf festgelegte 8 Stunden Grenze überschreitet und Ihre Reise darüber hinaus nur 10 Tage andauern soll ist Ihnen zu raten sich diesbezüglich bei Ihrem Veranstalter zu melden und den möglichen Reisemangel nach § 651d BGB anzuzeigen und Ihren Ansprüch auf Minderung geltend zu machen.

 

Außerdem ist Voraussetzung für eine zulässige Änderung jedoch immer auch eine hinreichende Information durch den Reiseveranstalter.

In seinem Urteil entschied das AG Bad Homburg am 08.11.2000, Az. 2 C 2165/00-21 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: “ AG Bad Homburg 2 C 2165/00-21 reise-recht-wiki.de“) steht dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste) beispielsweise, dass eine Information 5 Tage vor Reisebeginn ausreicht. Herangezogen werden kann auch die VO (EG) Nr. 261/04 nach welcher der Passagier mindestens zwei Wochen vor Flugantritt informiert werden muss.

Sie wurden jedoch nur 3 Tage vor dem Abflug informiert. Daher wurde die Frist nicht eingehalten. Dieses bestätigt Ihren Anspruch auf Reisepreisminderung.

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