Hallo Axt82,
euer Rückflug von Fuerteventura wurde um 11 Stunden vorverlegt. Ihr bemängelt, dass euch so quasi ein kompletter Strandtag abhanden gekommen ist und fragt euch, ob ihr von eurem Reiseveranstalter Schadensersatz verlangen könnt.
1. BGB
Ihr habt mit eurem Reiseveranstalter einen Reisevertrag nach den §§ 651 a - m BGB abgeschlossen. Wenn bei eurer Reise etwas schief geht, hilft denke ich erst einmal ein Blick in diese Normen.
Da ihr eure Reise bereits unternommen habt werden die Normen über Rücktritt oder Kündigung ja vermutlich uninteressant sein. Interessant sein könnte aber denke ich § 651d BGB über die Minderung sein:
(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. § 638 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
(2) Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.
Das heißt, wenn die Reise mangelhaft ist, könnte an eine Minderung zu denken sein. Wann ist eine Reise also mangelhaft. Dies ergibt sich aus § 651c BGB:
(1) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Vielleicht ist eine Flugzeitenverschiebung nach vorne ein solcher Fehler oder eine Abweichung von den zugesicherten Eigenschaften.
Manchmal behalten sich Reiseveranstalter vor die Flugzeiten noch verändern zu können, dann sind die Flugzeiten kein fester Bestandteil des Reisevertrages geworden. Dies ist zumeist Klauseln in den AGB des Reisevertrages zu entnehmen. Es könnte sein, dass ein solcher Fall bei euch gegeben ist. Aber, selbst dann, so die Rechtsprechung, haben diese zeitlichen Veränderungen in einem bestimmten dem Kunden zumutbaren Rahmen vonstatten zu gehen:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2014, Az: I-6 U 123/12
Klauseln, die einem Reiseveranstalter das Recht einräumen, Flugzeiten zu ändern und Zwischenlandungen hinzuzufügen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind. Der Begriff der Zumutbarkeit ist jedoch nicht eindeutig definiert. Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.
Wichtig wäre also deshalb zu überlegen, ob die Verschiebung bei euch erheblich ist, und ob sie für euch unzumutbar sein könnte. Dabei ist auch nicht unwichtig, wie lange eure Reise eigentlich dauern sollte, und ob die Flugverschiebungen den ersten und/oder letzten Reisetag betreffen, und beispielsweise die Nachtruhe stören oder nicht.
Ähnlich wie bei euch lag es meiner Meinung nach in diesem Urteil:
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)
Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
Hier wurde der Rückflug ebenfalls um 11 Stunden vorverlegt, und es konnte für eben diesen Strandtag, der ja auch euch verloren ging, der Reisepreis gemindert werden. An sich beträgt glaube ich nach der Frankfurt Tabelle eine Reisepreisminderung 5 Prozent des Reisepreises, soweit sich der Flug um mehr als vier Stunden verschiebt, und kann im Weiteren für jede folgende Stunde nochmal um 5 Prozent des durchschnittlichen Tagespreises gemindert werden.
Eine solcher Anspruch muss außerdem gemäß § 651g BGB innerhalb eines Monats geltend gemacht werden:
(1) Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen.
2. EU-VO
Darüber hinaus sind glaube ich auch an Ansprüche aus der Europäischen Fluggastrechteverordnung zu denken. Das solche Ansprüche möglich sind ergibt sich meiner Meinung nach aus Punkt (5) der Gründe der EU-VO:
(5) Da die Unterscheidung zwischen Linienflugverkehr und Bedarfsflugverkehr an Deutlichkeit verliert, sollte der Schutz sich nicht auf Fluggäste im Linienflugverkehr beschränken, sondern sich auch auf Fluggäste im Bedarfsflugverkehr, einschließlich Flügen im Rahmen von Pauschalreisen, erstrecken.
Denn vielleicht ist diese Verschiebung um 11 Stunden nach vorne eine Annulierung nach Artikel 5 EU-VO, und könnte euch Ansprüche wie dort genannt eröffnen:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und (...)
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)
Eine solche Annulierung kann dann angenommen werden, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werdne kann wie geplant und der Start deshalb aufgegeben wird. Dies ergibt sich aus einem Urteil des EuGH vom 13.10.2011. (Az.: C- 83/10, das Urteil ist leicht für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH 13.10.2011 Az.: C-83/10 reise-recht-wiki.de).
Und auch wenn eine Vorverlegung des Fluges stattfindet kann dies eine Annulierung sein:
AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10 (einfach zu finden für Sie, wenn Sie bei Google eingeben: AG Hannover Az.: 512 C 15244/10 reise-recht-wiki.de)
Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung mehr als zehn Stunden beträgt.
Einerseits kann denke ich bei so einer drastischen Verschiebung davon ausgegangen werden, dass euer Flug nicht so durchgeführt werden konnte wie geplant. Außerdem, so das Urteil des AG Hannover, welches man als Richtschnur sehen kann, beträgt eure Vorverlegung auch mehr als 10 Stunden. Insofern ist denke ich erstmal eine Annulierung anzunehmen.
Fortsetzung folgt...