Hallo Michael K.,
Du hast einen Flug mit Etihad Airways von Vietnam nach Deutschland gebucht. Dabei fliegst du von SGN Tan-Son-Naht Vietnam über AUH Abu Dhabi nach FCO Rom-Fiumicino und von dort aus schließlich nach Frankfurt. Nun wurden die Flugzeiten geändert. In Rom fliegst du nun leider anstatt um 8:40 erst um 15:35 weiter nach Frankfurt.
Vielleicht könnten sich für dich Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung ergeben.
Zuerst einmal frage ich mich da, ob der Anwendungsbereich dieser Verordnung nach Artikel 3 EU-VO eröffnet ist. Du fliegst nämlich schon einmal mit einem Luftfahrtunternehmen, das nicht der Gemeinschaft angehört - Etihad Airways.
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Dein Flug beginnt in Vietnam, also einem Drittstaat, mit einem Luftfahrtunternehmen, das nicht der Gemeinschaft angehört. Vielleicht ist die EU-VO nicht anwendbar.
Fraglich ist aber glaube ich, ob es sich in seiner Gesamtheit um einen einheitlichen Flug handeln könnte - dann könnte man ja vielleicht nur die Strecke von Rom nach Frankfurt berücksichtigen, und die EU-VO wäre doch anwendbar.
Zu deinem endgültigen Reiseziel musst du umsteigen, dein Flug besteht also aus mehrere Segmenten.
BGH Urteil vom 30.04.2009 Az. Xa ZR 78/08 (den Volltext findest du wenn du folgendes googelst: „reise-recht-wiki BGH Xa ZR 78/08)
Bei einer Umsteigeverbindung geht der Bundesgerichtshof von zwei separaten Flügen aus. In diesem Fall handelte es sich um einen Flug von Frankfurt nach Phoenix mit einem Umsteigen in Washington. Auf dem zweiten Teil von Washington nach Phoenix finde die EU-Verordnung, laut des BGH, keine Anwendung. Das gelte auch dann, wenn alle Teilstrecken von derselben Fluggesellschaft durchgeführt werden und eine einheitliche Flugnummer für die gesamte Strecke verwendet wird.
Nimmt man also im Sinne des obigen BGH-Urteils an, dass die Flüge separat betrachtet werden, kann der Anwendungsbereich für die Verbindung von Rom nach Frankfurt eröffnet sein.
Es wäre weiter fraglich, ob denn eine Annulierung vorläge, die dann weitere Ansprüche im Sinne von Artikel 5 EU-VO eröffnen könnte.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.
Der EuGH bejaht eine Annullierung, wenn die Fluggesellschaft ihre ursprüngliche Flugplanung aufgibt. Konkretisierend führt der Gerichtshof dazu aus, dass von einer solchen „Flugaufgabe“ ausgegangen werden kann, wenn Veränderungen bezüglich der Abflugzeiten, des Ortes, der Route, der Fluggesellschaft oder der Flugnummer auftreten.
Die Abflugzeit hat sich verändert. Hat sich womöglich auch die Flugnummer geändert?
Eine Annulierung könnte vielleicht wegen der verschobenen Abflugzeit vorliegen. 5 Stunden erscheinen mir persönlich auch nicht unerheblich.
Art. 5 VO Annullierung (gekürzt)
„(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn, (...)
(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Art 5 VO verweist somit auf Art. 7, 8 und 9 der Verordnung. Somit kommen diese als Anspruchsgrundlagen in Betracht. Artikel 7 allerdings nur dann, wenn eine Fluggesellschaft keine außergewöhnlichen Umstände nachweisen kann, siehe Absatz 3 des Artikels 5.
Art. 7 VO Ausgleichzahlungen (gekürzt)
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Maßgeblich ist dann also die Entfernung zwischen Rom und Frankfurt. Dies dürften knapp 1.300 km sein. Zu denken wäre da meiner Meinung nach vielleicht an 250 Euro pro Person.
Fortsetzung folgt...