Hallo Victoria,
euer Koffer ist leider auf eurem Rückflug nachhause nicht mitgekommen, und du fragst dich nun, ob du ein Recht auf eine Entschädigung hast, wenn du Sachen nachkaufen musst.
Bei Problemen mit dem Handgepäck ergeben sich Ansprüche denke ich aus dem Montrealer Übereinkommen. Konkret denke ich dabei an Artikel 19 MÜ:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
AG Bremen, Abt. 4, Urteil v. 08.05.2007, 4 C 7/07 (ganz einfach für dich zu finden, wenn du bei Google AG Bremen 4 C 7/07 reise-recht-wiki.de eingibst)
Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.
Dazu muss das verloren gegangene Gepäck für eine Entschädigung bei der Airline innerhalb von 21 Tagen angezeigt werden:
OLG Frankfurt a.M. - Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12 (zu finden im Volltext unter der Google-Suche „Az. 16 U 66/12 reise-recht-wiki“)
Ein Fluggast muss einen Gepäckverlust ausnahmslos bei der Fluggesellschaft anzeigen. Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat.
AG Bremen, Urteil vom 05.12.2013, Az. 9 C 244/13 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Bremen Az.: 9 C 244/13 reise-recht-wiki.de")
Eine Gepäckverspätung muss gemäß Art. 31 MÜ innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks angezeigt werden. Die Anzeige muss hierbei gegenüber dem Unternehmen geschehen, welches Ihr Gepäck transportiert hatte. Erst nach der Anzeige können eventuelle Ansprüche geltend gemacht werden.
Gemäß Artikel 22 Absatz 2 MÜ begrenzt sich der Anspruch auf Schadensersatz außerdem auf 1131 Sonderziehungsrechte, was knapp 1400 Euro sind:
(2) Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1.131 [Anmerkung des Autors: Geändert durch Verordnung über angepasste Haftungshöchstbeträge des Montrealer Übereinkommens (MÜ)] Sonderziehungsrechte je Reisenden; (...)
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de")
Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen.
Wenn du also etwas erstatten möchtest, dann in diesem Rahmen. Worum es sich dabei handeln darf, lässt sich durch einige Urteile denke ich näher bestimmen:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az.: 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Der zu ersetzende Schaden besteht u.a. aus den notwendigen Ausgaben, die getätigt wurden, um das fehlende Gepäck auszugleichen. Die Notwendigkeit muss jeweils nachgewiesen werden.
Dass dein Gepäck auf dem Rückflug nachhause verloren ging ist denke ich kein Problem, denn das Montrealer Übereinkommen unterscheidet nicht nach Hin- oder Rückflug. Allerdings ist es zumeist natürlich so, dass man mit den Zuhause befindlichen Dingen oft eher das noch nicht angekommene Gepäck ausgleichen kann als an einem Urlaubsort, und deshalb bei einem Rückflug eher weniger nachgekauft werden muss.
Dazu zudem folgendes Urteil:
AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az: 29 C 2518/12 (19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Das AG Frankfurt entschied, dass Kleidungsstücke und Artikel zur Körperpflege ersetzt werden müssen, andere Zusatz- und Luxusprodukte hingegen nicht. Demnach ist ausschlaggebend ob die Anschaffungen notwendig waren. Es stellt sich daher die Frage wie das Merkmal der Notwendigkeit zu konkretisieren ist. Im selbigen Urteil entschied das Gericht, dass bei einer mehrtägigen Verzögerung sämtlicher Gepäckstücke die ersatzweise Anschaffung einer vollständigen Grundgarderobe und entsprechender Pflegeprodukte als notwendig und angemessen anzusehen ist. Eine Notwendigkeit wurde jedoch beispielsweise bei der Anschaffung einer speziellen Abendgarderobe abgelehnt. In diesem Fall wurde der Beklagte zu einer Zahlung von 500 Euro verpflichtet.
Luxusartikel und spezielle Abendgarderoben sind also beispielsweise nicht von diesem Anspruch umfangen.
In deinem Fall handelt es sich ja aber um dringend benötigte Dinge, gerade auch für dein Baby, die man objektiv gesehen denke ich auch nicht in doppelter Ausführung zuhause haben muss.
Dazu ist es dann hilfreich die Quittungen aufzubewahren, und mitzusenden.
Die Zeit, die du an sich auf deinen Koffer warten muss, wenn er denn hoffentlich noch nachkommt, stellt aber keine Grundlage für einen Schadensersatz dar:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben:" AG Frankfurt 29 C 2518/12 reise-recht-wiki.de")
Der Schaden, den die Airline nach dem Montrealer Übereinkommen zu ersetzen hat, umfasst alle dadurch erlittenen finanziellen Einbußen. Die bloße Wartezeit stellt keinen Schaden dar.