Auf deinem Rückflug von Sri Lanka ist dein Gepäck verloren gegangen und bisher auch nicht wieder aufgetaucht. Du fragst dich nun, welche Ansprüche du gegenüber der Fluggesellschaft geltend machen kannst.
1. Gesetzliche Grundlage
Als gesetzliche Grundlage findet hier das Montrealer Übereinkommen Anwendung. Das Montrealer Übereinkommen ist als völkerrechtliches Abkommen zwischen den Unterzeichnerstaaten vorrangige Gesetzesgrundlage zur rechtlichen Bewertung von Gepäckschäden, Gepäckverlust und Gepäckverspätung im deutschen und europäischen Recht.
2. Abgrenzung Gepäckverlust und Gepäckverspätung
Es muss dabei nach der jeweiligen Schadensart unterschieden werden. So divergieren beispielsweise die Fristbestimmungen bei Verlust, Verspätung oder Beschädigung des Gepäcks. Da in deinem Fall nicht von einer Gepäckbeschädigung ausgegangen werden kann, sind daher lediglich Gepäckverlust und Gepäckverspätung voneinander abzugrenzen.
a. Gepäckverlust
Dein Gepäck könnte verloren gegangen sei. Ein Verlust des Frachtgutes ist gegeben, wenn es untergegangen, unauffindbar oder aus sonstigen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen vom Frachtführer auf absehbare Zeit nicht an den berechtigten Empfänger ausgeliefert werden kann, der Frachtführer also die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Gut verloren hat. Im Fall eines solchen Gepäckverlustes ist Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens einschlägig. Da du dein Gepäck noch nicht wieder erlangt hast, ist ein Gepäckverlust derzeit anzunehmen. In ca. 90 % der Fälle ist es jedoch so, dass das Gepäck früher oder später wiedergefunden und dem Eigentümer zugestellt wird. Ist dies der Fall, handelt es sich um eine Gepäckverspätung.
b. Gepäckverspätung
Bei einer Gepäckverspätung besteht gemäß Art. 19 des Montrealer Übereinkommens ein Anspruch auf Erstattung von Schäden, die kausal mit der Verspätung zusammenhängen. Dazu gehören typischerweise Ersatzkäufe für Sachen, die sich im Gepäck befinden und die der Fluggast sofort beziehungsweise täglich braucht. Wenn das Gepäck verspätet ankommt, dürfen betroffene Passagiere allgemeinhin Notkäufe tätigen — allerdings sollte sich vorher erkundigt werden, was die Airline unter „notwendigen Gütern“ versteht. Ob Zahnbürste oder Unterhose, es sollten immer die Rechnungen der Noteinkäufe aufbewahrt werden, um Ausgaben dokumentieren zu können. Häufig zahlen die Unternehmen jedoch Standardtagessätze: Alle betroffenen Passagiere erhalten in diesem Fall pro Tag eine bestimmte Summe, und zwar bis zu einer maximalen Anzahl an Tagen. Diese Entschädigungssumme sehen die Airlines dann als endgültig an, unabhängig vom tatsächlichen Schaden. Bei einer Gepäckverspätung auf dem Rückflug können wohl nur geringere Geldzahlungen gefordert werden, da man häufig alles Notwendige auch zuhause hat. Es könnte sogar sein, dass sich eine Airline prinzipiell weigert eine Entschädigung zu zahlen, da der Zielflughafen gleichzeitig der Wohnort des Reisenden ist. Ich bin jedoch nicht der Meinung, dass eine solche Weigerung rechtens ist, da auch im Falle der Gepäckverspätung bei einem Rückflug wahrscheinlich ist, dass der Fluggast Dinge nachkaufen musste, welche dieser sofort brauchte. Solche Ersatzkäufe könnten somit gemäß Art. 19 MÜ geltend gemacht werden. Dem kann sich die Airline dann nur entziehen, wenn sie nachweist, dass sie und ihre Leute alle Maßnahmen getroffen haben, um einen Verspätungsschaden abzuwenden oder es nicht möglich war solche Maßnahmen abzuwenden.
c. Abwägung und Anspruchsgrundlage
Da dein Gepäck noch nicht wiedergefunden würde, muss es als verloren behandelt werden. Daher ist Art. 17 Abs. 2 MÜ als Anspruchsgrundlage zu wählen.
Art. 17 Tod und Körperverletzung von Reisenden - Beschädigung von Reisegepäck
„(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzten, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“
Du hast dein Gepäck in Sri Lanka am Gepäckschalter aufgegeben und somit der Obhut des Luftfrachtführers überstellt. Es ist somit anzunehmen, dass das Ereignis, welches zum Verlust des Gepäcks führte, zu einem Zeitpunkt geschah, zu welchem sich das Gepäck in der Obhut von Fluggesellschaft befand. Ich bin daher der Ansicht, dass die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 MÜ erfüllt sind und du somit einen Zahlungsanspruch gegen die Fluggesellschaft geltend machen kannst.
3. Haftungshöchstgrenze
Maßgebend für die Höhe der Erstattungszahlung ist Art. 22 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens. Die Haftungshöchstgrenze beträgt demnach 1000 Sonderentziehungsrechte. Aufgrund der Teuerungsrate in den letzten Jahren wurde diese Grenze auf 1131 Sonderentziehungsrechte erhöht. Dies führt zu einer Verbesserung der Position der Fluggäste. 1131 SZR entsprechen circa 1416 Euro.
Mithin kann ein Fluggast maximal 1416 Euro für einen Gepäckverlust erstattet bekommen. Dies gilt pro Fluggast und nicht pro Gepäckstück.
4. Form und Frist
Etwaige Ansprüche sind gegenüber des ausführenden Luftfahrtunternehmens form-und fristgerecht geltend zu machen. Eine Verlustanzeige muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, getätigt werden. Eine Verspätungsanzeige muss gemäß Art. 31, Abs. 2, S. 2 des Montrealer Übereinkommens innerhalb von 21 Tagen, nachdem der Fluggast das Gepäck bekommen hat beim Luftbeförderungsunternehmen eingehen. Die Anzeige muss zudem schriftlich erfolgen und begründet werden. Des Weiteren muss dargelegt werden, welche Anschaffungen aufgrund der Gepäckverspätung beziehungsweise wegen des Gepäckverlustes getätigt wurden. Rechnungen müssen dabei stets aufgehoben werden, da das Gericht andernfalls die Ausgaben nicht nachvollziehen kann.