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Hallo, ich habe folgende Frage: mein Gepäck ging im September 2019 auf der Heimreise verloren. Da von der Fluggesellschaft trotz aller eingereichter Unterlagen zur Aufwandentschädigung keinerlei Rückmeldung kam habe ich mich an die Stelle gewendet. Die Höhe der von der Fluggesellschaft verlangten Entschädigung belief sich auf 1200 EUR, 400 davon durch diverse Belege nachgewiesen, 100 EUR für gebrauchte Gegenstände und 700 EUR für entstandene Aufwände. Die Höhe ist gerechtfertigt, da ich eine Woche später eine mehrwöchige Reise in die USA hatte für diese der Koffer samt Inhalt bestimmt war. Nun musste ein neuer Koffer und Inhalt in kürzester Zeit her, Stress und höhere Preise für Neuanschaffungen inklusive.  Im April 2020 hat sich Stelle endlich gemeldet mit der Info, dass die Fluggesellschaft nur 450 EUR für den Inhalt erstatte und für sonstige Aufwände sowie Ersatzanschaffungen keine Zahlung leisten werde, da der Koffer auf der Heimreise verloren ging.

Nun die Frage: Wie hoch stehen die Chancen, dass der Anspruch auf die Entschädigung für Zusatzaufwand vor Gericht durchgesetzt werden (vor allem in Corona Zeiten)? Lohnt es sich denn Fall weiter über einen Anwalt zu verfolgen oder eher auf das Angebot der Fluggesellschaft eingehen?
Gefragt in Gepäckverlust von
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In Ihrem Fall ist es zu einem Gepäckverlust gekommen, der einen Anspruch aus dem Montrealer Übereinkommen begründet. Ein Verlust des Frachtgutes ist gegeben, wenn es untergegangen, unauffindbar oder aus sonstigen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen vom Frachtführer auf absehbare Zeit nicht an den berechtigten Empfänger ausgeliefert werden kann, der Frachtführer also die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Gut verloren hat.  Anspruchsgrundlage ist dann Artikel 17 des Montrealer Übereinkommens.

Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen

Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.

Die Airline muss Ihnen also alle finanziellen Schäden ausgleichen, die Ihnen durch den Gepäckverlust entstanden sind. Dabei gilt eine aktuelle Höchstgrenze von 1.131 SZR, was ca. 1.300,00 EUR entspricht. 

AG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: " AG Frankfurt 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de" bei Google eingeben)

Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen. Es spielt dabei keine Rolle, zwischen welchen Staaten der Flug stattfand, solange beide Staaten Vertragspartner des Montrealer Übereinkommens sind.

Dieser Anspruch kommt dann nicht zum Tragen, wenn die Airline kein Verschulden trifft. Dieses wird allerdings vermutet: 

OLG Frankfurt, Urt. v. 30.08.2004, Az: 13 U 215/02 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 13 U 215/02 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Eine Reisende übergab ihrem Luftfrachtführer ihr Reisegepäck. Weil ein Großteil des Gepäcks am Zielflughafen nicht mehr aufzufinden war, verklagt sie die Airline nun auf Ersatz des entstandenen Schadens.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat der Klägerin Recht zugesprochen. In die Risikosphäre der Airline übergeben, wird bei Beschädigung oder Verlust des Gepäcks von einem Verschulden des Luftfahrtunternehmens ausgegangen.

Den Fluggast kann allerdings ein Mitverschulden treffen, wenn er wertvolle Sachen im Koffer transportiert, anstatt sie bei sich zu führen: 

AG Baden-Baden, Urt. v. 28.07.1999, Az: 6 C 58/98 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 6 C 58/98 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Flugreisende, welche wertolle Gegenstände, wie zu Beispiel Schmuck, nicht im persönlichen Gewahrsam mit sich führen wollen, trifft im Falle eines Gepäckverlustes der Vorwurf einer groben Sorgfaltspflichtverletzung.

Dem Reisenden ist in solchen Fällen ein die Haftung des Luftfrachtführers vollständig ausschließendes Mitverschulden zuzurechnen.

 Sie sollten außerdem beachten, dass eine rechtzeitige Schadensanzeige von großer Bedeutung ist: 

Art. 31 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen

Im Fall einer Beschädigung muss der Empfänger unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, bei aufgegebenem Reisegepäck jedenfalls binnen sieben und bei Gütern binnen vierzehn Tagen nach der Annahme, dem Luftfrachtführer Anzeige erstatten. Im Fall einer Verspätung muss die Anzeige binnen einundzwanzig Tagen, nachdem das Reisegepäck oder die Güter dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sind, erfolgen.

Dazu auch folgendes Urteil: 

OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst "OLG Frankfurt 16 U 66/12 reise-recht-wiki.de")

Ein Gepäckschaden oder ein Gepäckverlust muss bei der verantwortlichen Airline angezeigt werden. Hierbei muss nicht nur dargelegt werden, dass Gepäck verloren oder verspätet ist, sondern auch der Inhalt des verlorenen Gepäcks bzw. bei einer Gepäckverspätung der finanzielle Aufwand, den der Passagier zum Ausgleich betreiben musste. Dies dient dazu, mögliche Zahlungspflichten für die Airline nachvollziehbar werden zu lassen.

Jedoch umfasst der Schaden nur alle dadurch erlittenen finanziellen Einbußen. Es gibt keinen Schadensersatz für bloße Wartezeit oder für Unannehmlichkeiten. Zudem müssen Passagiere jeweils begründen können, dass die finanziellen Aufwendungen notwendig waren, damit die Airline sie zu ersetzen hat: 

AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az 29 C 2518/12 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az 29 C 2518/12 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Bei einer Gepäckverspätung ist es als angemessen einzustufen, dass die betroffenen Passagiere einen (oder bei längerer Verspätung mehrere) Komplettsätze an Kleidungsstücke vor Ort nachkaufen. Die Kosten hierfür muss daher die Airline nachträglich ersetzen, sofern die Ausgaben von den Passagieren belegt werden können.

Der Schaden, den die Airline nach dem Montrealer Übereinkommen zu ersetzen hat, umfasst alle dadurch erlittenen finanziellen Einbußen. Die bloße Wartezeit stellt keinen Schaden dar. Zudem müssen Passagiere jeweils begründen können, dass die finanziellen Aufwendungen notwendig waren, damit die Airline sie zu ersetzen hat.

Sie haben also meines Erachtens einen Anspruch auf die Erstattung aller finanziellen Einbußen. Es besteht aber kein Schadensersatzanspruch wegen des Aufwands der Ihnen dadurch entstanden ist. 

Sie könnten jedoch noch einmal darüber nachdenken, ob Sie nicht einen Fachanwalt / eine Fachanwältin zu Rate ziehen wollen. 

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