Guten Tag,
Sie sind mit der Fluggesellschaft Condor verreist und mussten bereits am Gepäckband feststellen, dass ihr Koffer sich nicht auf diesem befand. Leider konnte Ihr Koffer bis heute nicht gefunden werden. Dies bedeutet, dass sowohl den Besitz an dem Koffer und dem Inhalt verloren haben, als auch Ausgaben zum Neukauf tätigen mussten. Condor reagiert nicht auf Ihre E-Mails. Sie fragen sich daher, wie Sie vorgehen könnten, um die Ausgaben und den Schaden ersetzt zu bekommen.
Sie berichten von einem Verlust Ihres Gepäcks. Als endgültig verschollen gelten Taschen und Koffer laut Verbraucherschützern nach etwa drei Wochen. Diese „Wartezeit“ dürfte in Ihrem Fall schon erreicht sein, sodass ich ihr Gepäck als verloren qualifizieren würde. In einem solchen Fall können Sie einen Anspruch auf Schadensersatzzahlung gemäß Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens geltend machen. Die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes richtet sich dann nach dem Wert des Gepäcks. Diese Wertberechnung umfasst sowohl den Koffer als Transportmittel, als auch den Inhalt. Im Zuge dessen müssen Sie angeben, wie hoch Sie diesen Wert schätzen und den Inhalt des Koffers preisgeben und auch diesen Wert schätzen. Zur Ermittlung des Wertes sollten sowohl alte Belege (falls noch vorhanden) als auch die neuen Belege (aus dem Urlaub) eingereicht werden. Zudem ist zu beachten, dass die Grenze des maximalen Haftungsbetrages nicht überschritten werden darf. Maßgebend dafür ist Art. 22 Abs. 2 MÜ. Derzeit liegt die Haftungshöchstgrenze bei etwa 1415 Euro. Dies ist demnach der maximale Betrag, welchen Sie von Condor verlangen können.
Des Weiteren gilt es die Möglichkeit des Mitverschuldens zu beachten. Demnach kann die Höhe des Schadensersatzes gekürzt werden, falls Sie ein Mitverschulden an dem Gepäckverlust trifft. In einem solchen Fall gilt die Haftungsbefreiung- beziehungsweise Haftungsminderung nach Art. 20 MÜ.
Art. 20 Haftungsbefreiung
„Weist der Luftfrachtführer nach, dass die Person, die den Schadenersatzanspruch6 erhebt, oder ihr Rechtsvorgänger den Schaden durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung, sei es auch nur fahrlässig, verursacht oder dazu beigetragen hat, so ist der Luftfrachtführer ganz oder teilweise von seiner Haftung gegenüber dieser Person insoweit befreit, als diese Handlung oder Unterlassung den Schaden verursacht oder dazu beigetragen hat. Verlangt eine andere Person als der Reisende wegen dessen Tod oder Körperverletzung Schadenersatz, so ist der Luftfrachtführer ganz oder teilweise von seiner Haftung insoweit befreit, als er nachweist, dass eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung des Reisenden, sei es auch nur fahrlässig, den Schaden verursacht oder dazu beigetragen hat. Dieser Artikel gilt für all Haftungsbestimmungen in diesem Übereinkommen einschließlich Artikel 21 Absatz 1.“
Dies kann beispielsweise bei leichtfertigem Verhalten bejaht werden.
Vgl. OLG Köln, Urteil vom 11. Januar 2005 Az. 22 U 137/04 (lesen Sie das Urteil im Volltext und geben Sie dazu folgendes bei Google ein: „reise-recht-wiki“ OLG Köln 22 U 137/04)
In diesem Urteil hat das Gericht ein Mitverschulden des Reisenden bejaht, da dieser zahlreiche Wertgegenstände in seinem Koffer transportierte.
Ähnlich handhabte es das Gericht in folgendem Fall:
Vgl. AG Charlottenburg Urteil vom 08. September 2009 Az. 216 C 141/09 (auch den Volltext zu diesem Urteil können Sie ganz einfach bei „reise-recht-wiki“ nachlesen)
Hier wurde ein Schadensersatzanspruch des Reisenden verneint. Der Kläger behauptete, dass sich in seinem aufgegebenen Gepäckstück eine Brille, im einen Wert von 1133 Euro, befunden hätte. Bei der Ankunft an seinem Urlaubsort habe er festgestellt, dass die Brille sich nicht mehr in dem Koffer befunden habe. Er behauptet, die Brille habe nicht im Handgepäck befördert werden können, weil darin kein Platz gewesen sei und dessen Gewicht die zulässige Höchstgrenze bereits überschritt. Dies lehnt das Gericht ab und verweist darauf, dass ein solcher Wertgegenstand im Handgepäck hätte transportiert werden müssen.
Auch dieses Urteil verdeutlicht die Thematik sehr anschaulich:
Vgl. LG Berlin, Urteil vom 23.04.2013, Az. 22 O 197/12 (reise-recht-wiki LG Berlin 22 O 197/12)
Dieser Grundsatz des Haftungsausschlusses beziehungsweise der Haftungsminderung bei Mitverschulden wird auch gesetzlich im Montrealer Übereinkommen und im BGB in verallgemeinerter Form geregelt, und wird daher in zulässiger Weise oftmals in den AGB verschiedener Airlines insbesondere für die Beförderung von Wertgegenständen konkretisiert.
So ist auch in den AGB der Condor folgendes nachzulesen:
„12.6. Im aufgegeben Gepäck darf nicht enthalten sein: Bargeld, Juwelen, Edelmetalle, Kameras, Handys, elektronische Geräte (z. B. Laptops oder PCs), empfindliche optische Hilfsmittel, Geschäftspapiere, Muster, wertvolle Kunstgegenstände mit einem Verkehrswert von über 300 Euro, verderbliche und zerbrechliche Gegenstände, Pässe und andere Ausweispapiere, dringend benötigte Medikamente sowie Wertsachen mit einem Wert von über 300 Euro (maßgeblich ist der Neuwert), soweit sie nicht der Bekleidung dienen. Für die Beschädigung oder den Verlust von Gegenständen, die entgegen der vorstehenden Bestimmungen unrechtmäßig im aufgegebenen Gepäck enthalten sind, haftet Condor nach Maßgabe des Artikels 20 des Montrealer Übereinkommens nicht. Dies gilt auch für Folgeschäden und mittelbare Schäden, die sich aus dem Transport solcher Gegenstände im aufgegebenen Gepäck ergeben können.“
Den gesamten Katalog der AGB findest du hier:
https://www.condor.com/de/fileadmin/dam/agb/de/agb.pdf
Es könnte hilfreich sein sich mit diesen Vorgaben auseinanderzusetzen, sodass Sie wissen für welche Gegenstände sie Ersatz verlangen können. Dies ist natürlich nur von Bedeutung, falls sich welche der aufgelisteten Gegenstände in dem verloren gegangenen Gepäck befanden.
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass es leider zur Normalität gehört, dass Fluggesellschaften nicht reagieren und wenn dann jegliche Forderungen ablehnen. Falls ein Weiterkommen als Privatperson nicht möglich ist, sollte in Erwägung gezogen werden einen Anwalt hinzuzuziehen. Falls Sie Bedenken haben sich auf ein langwieriges und kostspieliges Verfahren einzulassen, könnte Sie vielleicht folgendes Urteil etwas erleichtern:
Vgl. AG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.05.2010, Az 31 C 2339/10(74) (zu finden über die Google-Suche „31 C 2339/10 (74) reise-recht-wiki“
Hier wurde entschieden, dass die Fluggesellschaft die Anwaltskosten zu tragen hat, wenn deutlich wird, dass der Passagier sein Recht andernfalls nicht durchsetzen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Airline eine Zahlung entweder endgültig verweigert oder sich nur auf einen Fluggutschein einlassen will.
Ich hoffe ich konnte etwas weiterhelfen und wünsche dir viel Erfolg bei Ihrem weiteren Vorgehen.