Ihr habt einen Flug mit Turkish Airlines von München nach Antalya und zurück gebucht. Es kam zu Veränderungen, und zwar bei allen Flügen. Ihr solltet eigentlich um 11:45 losfliegen, nun ist es 10:25, ihr solltet eigentlich um 7 zurückfliegen, und nun ist es 11:45 Uhr. Darüber hinaus wird der Rückflug von Tailwind Airlines geführt, nicht von Turkish Airlines.
Du könntest Ansprüche nach der EU-VO haben, und zwar, weil es ja sein könnte, dass die zeitlichen Verschiebungen und die Änderung der Airline einer Annullierung gleichkommen könnte.
Eine solche Annullierung wird in Artikel 5 EU-VO angesprochen. Dann können sich die dort aufgeführten Ansprüche ergeben, und zwar nach den Artikel 7, 8 und 9 EU-VO.
Allerdings meine ich persönlich, dass es schon fragwürdig ist, ob die Verschiebungen in deinem Fall und die Veränderung der Airline überhaupt eine Annullierung ist.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach für Sie zu finden, wenn Sie eingeben: EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Der EuGH legte dazu einmal fest, dass eine Annullierung beispielsweise dann anzunehmen ist, wenn der Flug um einen Tag verlegt wurde.
Dazu hat auch das AG Hannover ein Urteil gesprochen:
AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10 (einfach zu finden für Sie, wenn Sie bei Google eingeben: AG Hannover Az.: 512 C 15244/10 reise-recht-wiki.de)
Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung mehr als zehn Stunden beträgt.
Dabei wurde eine zeitliche Grenze von 10 Stunden veranschlagt.
Das LG Frankfurt außerdem zu einem ähnlichen Thema:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter reise-recht-wiki.de)
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Dabei ging es zwar um verpasste Anschlussflüge, doch auch hier wurde eine zeitliche Grenze von 3 Stunden veranschlagt.
Dein Hinflug wurde um nur knapp eine Stunde verändet, im Lichte der obigen Urteile kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Veränderung drastisch genug ist um die nach Artikel 5 EU-VO umfassenden Ansprüche auszulösen.
Dein Rückflug dagegen wurde von 7 auf 11:45 verschoben. Allerdings ist an sich für deinen Rückflug bedenklich meine ich, dass du von der Türkei mit Turkish beziehungsweise Tailwind Airlines fliegst. Beide Airlines haben ihren Sitz in der Türkei. Die Türkei ist kein Mitgliedsstaat. Deshalb meine ich, dass hier Artikel 3 EU-VO zu berücksichtigen ist:
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Du startest nicht in einem Mitgliedsstaat, und du wirst auch nicht von einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft transportiert. Für diesen Flug ist deshalb denke ich der Anwendungsbereich der EU-VO gar nicht eröffnet, und dir stehen allein deshalb aus derselben keine Ansprüche zu. So auch der BGH:
BGH, Urteil vom 13.11.2012, Az: X ZR12/12 (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Sie finden das Urteil bei Google unter folgender Sucheneingabe: "reise-recht-wiki.de BGH X ZR-12/12")
In diesem Urteil hat der BGH noch einmal verdeutlicht, dass die Fluggastrechte Verordnung bei außereuropäischen Flügen keine Anwendung findet.
Möglich sind vielleicht Ansprüche nach türkischem Recht.
Insofern denke ich auch, dass der Airlinewechsel, der ja auf dem Rückflug veranschlagt wurde, unerheblich ist und keine Ansprüche aus der EU-VO ermöglichen kann. Allerdings dennoch dazu:
LG Bonn, Urteil vom 7. 3. 2001 - Az.: 5 S 165/00- (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " LG Bonn 5 S 165/00 reise-recht-wiki.de")
Der Wechsel der Fluggesellschaft dagegen stellt nur dann einen Mangel dar, wenn eine bestimmte Gesellschaft zugesichert wurde (z.B. auch mit Zahlung eines Aufschlages) oder wenn die andere Gesellschaft in Bezug auf Leistungen und Sicherheitsstandard niedriger eingestuft ist.
Vgl. AG Düsseldorf, vom 02.03.2006, AZ: 32 C 16126/05 (bei Google unter „reise-recht-wiki 32 C 16126/05“ zu finden)
Der Wechsel der Fluggesellschaft stellt demnach nur dann einen Mangel dar, wenn entweder eine bestimmte Gesellschaft, oder eine bestimmte Eigenschaft der Gesellschaft, zugesichert wurde (z.B. auch mit Zahlung eines Aufschlages), oder die andere Gesellschaft in Bezug auf Leistungen und Sicherheitsstandard niedriger eingestuft ist.
Problematisch erscheint mir also vor dem Hintergrund dieser Urteile ein Airlinewechsel nicht grundsätzlich.