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Hallo,

ich hatte einen Flug mit mehr als dreistündiger Verspätung. Eigentlich würde mir nun eine Entschädigung zustehen. Als Gund der Verspätung wurde jedoch angegeben: Vogelschlag

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied erst vor kurzem, in seinem Urteil vom 04.05.2017 (Az.: C-315-15), dass dies ein außergewöhnlicher Umstand ist, für den nicht zu zahlen ist.

Nun kann es natürlich sein, dass Vogelschlag wirklich der Grund für die Verspätung war - es kann aber auch ein vorgeschobener Grund sein, um nicht zu zahlen.

Meine Frage ist: Wie kann man herausbekommen, ob dies wirklich der Grund für die Verspätung war?

Wenn es eine Aufstellung der genannten Gründe gibt, und in dieser Aufstellung auffällig häufig der Grund "Vogelschlag" auftaucht, dann wäre dies für mich ein Hinweis auf einen vorgeschobenen Grund. Gibt es solche Aufstellungen? Die von mir benutzte Fluggesellschaft war Wizz Air.
Gefragt in Flugverspätung von (120 Punkte)
wieder getaggt von
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2 Antworten

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Dein Flug mit WizzAir hatte ein mehr als dreistündige Verspätung. Der Grund soll ein Vogelschlag gewesen sein. Du fragst dich, ob WizzAir dennoch zahlen muss und deren Grund vielleicht vorgeschoben war.

Ich nehmen an, dass du, wegen einer Verspätung im Sinne von Artikel 6 Eu-VO auf eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 Eu-VO anspielst.

Nun ist es so, dass Artikel 6 selbst nicht von Ausgleichszahlungen spricht, das tut Artikel 5.

Kam es bei dir also zu einer Verspätung, oder zu einer Annullierung? Dazu der BGH:

BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (ganz einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst EuGH reise-recht-wiki.de)

Verspätete Flüge im Sinne der Fluggastrechteverordnung seien nur solche, bei denen sich der Abflug um eine in Art. 6 FluggastrechteVO genannte Zeitdauer verzögere. Im Streitfall habe sich lediglich die Ankunft des Klägers am Zwischenziel verzögert. Es fehle daher bereits am Tatbestand einer Verzögerung beim Abflug. 

Oder vielleichst ist dir ja bereits dieses Urteil bekannt:

LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.

 Auch der EuGH griff dies auf:

EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”

Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.

Das AG Frankfurt meinte allerdings, dass allein die Verspätung am Reiseziel zählt, und daher möglicherweise nicht, ob man vorher einen Anschlussflug verpasst hat oder nicht:

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.12.2011, Az.: 29 C 655/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google AG Frankfurt a. M. 29 C 655/12 reise-recht-wiki.de eingibst)

Wichtig dabei ist, dass allein die Verspätung am Endziel der Reise zählt. Wo die Verspätung entstanden ist, ist nicht relevant.

Hilfreich dazu außerdem:

EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07 (zu finden im Reise-Recht-Wiki:http://reise-recht-wiki.de/ausgleichszahlung-bei-flugverspaetung-urteil-az-c40207undc43207eugh.html)

Fluggäste verspäteter Flüge können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, bezüglich der Ausgleichsansprüche, den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden.

Dem EuGH nach ist es also grundsätzlich möglich, dass auch Fluggäste verspäteter Flüge Fluggästen annullierter Flüge was Artikel 7 angeht gleichgestellt werden können.

Angenommen also, du hast einen Anspruch nach Artikel 7, dann ist es wie du bereits sagst so, dass dieser Anspruch ausgeschlossen ist, wenn außergewöhnliche Umstände vorlagen:

EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07

Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt.

Bei dir kam es zu einem Vogelschlag.

Neben dem EuGH jetzt am 04.05.2017 (Az.: C-315-15) nahm bereits der BGH 2013 an, dass ein Vogelschlag zu einem außergewöhnlichen Umstand tauge:

BGH, Urteil vom 24.09.2013Az. X ZR 160/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google „BGH X ZR 160/12 reise-recht-wiki“ eingibst)

Hier wurde durch einen Vogelschlag ein Turbinenschaden verursacht. In diesem Fall entschied das Gericht, dass ein außergewöhnlicher Umstand zu bejahen sei, da der Umstand nicht vermieden werden konnte und auch keine zumutbaren Gegenmaßnahmen ersichtlich waren.

Insofern kann es schon sein, dass dir leider keine Ausgleichszahlungen zustehen. Da du ja meinst, dass WizzAir diesen Grund nur vorschiebt ist es meine ich wichtig zu sagen, dass die Airline vor Gericht detailliert vorzutragen hat, welcher Umstand vorlag und wieso dieser einen Weiterflug verhinderte:

AG Paderborn, Urt. v. 15.03.2012, Az: 50 C 254/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 50 C 254/11 reise-recht-wiki.de)

Nachweis des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands - Ein Fluggast verklagt ein Luftfahrtunternehmen auf Schadensersatz, wegen eines durch schlechte Wetterverhältnisse erheblich verspäteten Fluges. Die Beklagte erklärt die Verspätung mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und sieht sich nicht in der Zahlungspflicht. Das Amtsgericht Paderborn spricht dem Kläger den Schadensersatzanspruch zu. Außergewöhnliche Umstände lägen vor, seien aber nicht ausreichend klar dargelegt worden.

So auch das AG Geldern. Es ist einhellig angenommen, dass die Airline substantiiert darlegen muss, inwiefern ein außergewöhnlicher Umstand bestand, nicht du als Passagier.

AG Geldern, Urteil vom 20.02.2008 – Az.: 4 C 241/07 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 4 C 241/07 "reise-recht-wiki.de")

Will sich ein Luftfahrtunternehmen, das einen bestimmten Flug annulliert hat, auf „mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarende Wetterbedingungen“ als „außergewöhnliche Umstände“ berufen, so kann es nur die Wetterbedingungen heranziehen, die sich auf den annullierten Flug unmittelbar ausgewirkt haben. 

Ob es sich dann um einen vorgeschobenen Grund oder um einen außergewöhnlichen Umstand handelt entscheidet das Gericht. Herausfinden kannst du den wahren Grund also nur so - vor Gericht. Falls du daran interessiert bist steht dir der Weg zu einem Anwalt offen.

Eine Liste existiert meines Wissens nach nicht, in der vermerkt wäre, was Fluggesellschaften oftmals als Grund angeben.

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Danke für die ausführliche Antwort! Ja, das hilft mir schon einmal weiter. Wahrscheinlich wird man es wirklich vor Gericht klären lassen müssen. Ob sich das Kostenrisiko lohnt, ist allerdings so eine Sache. Vielleicht doch eins dieser Anwaltbüros, die einen pauschalen Anteil abziehen?

Es war wirklich eine Verspätung. Das Flugzeug setzte 3 Stunden und 9 Minuten zu spät am Zielflughafen auf. Beim Abflug war die Verspätung noch größer. Direktflug, ohne Umsteigen.

Nun könnte man sagen, 9 Minuten sollte man vernachlässigen. Allerdings hat sich Wizz Air bei dieser Buchung einige Ungereimtheiten geleistet, die mich an der Seriosität zweifeln lassen:
- Beim Buchungsvorgang schoss der Preis auf einmal in die Höhe - nach nächsten Tag (nach unserer hastigen Buchung) war er wieder unten
- Online Checkin war nicht möglich, Checkin am Flughafen kostet. Einzige Kontaktmöglichkeit in Deutschland war eine 0900er Telefonnummer zu 2 Euro / Minute. Bei einem Anruf in Großbritannien (bei einer günstigen Hotline-Nummer) konnte man mir dann jedoch weiterhelfen.
- Bei genau diesem Flug ist die Ankunftszeit nicht auf www.flightstats.co.uk aufgeführt.
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Sie haben einen Flug mit WizzAir wahrgenommen. Dieser hatte eine Verspätung von über 3 Stunden. Die Fluggesellschaft beruft sich auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, nämlich eines Vogelschlags.

Liegt eine Verspätung von über 3 Stunden vor, hat der Fluggast normalerweise einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004. Zu beachten ist jedoch, dass die Fluggesellschaft in bestimmten Fällen davon befreit werden kann, Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Das ist immer dann der Fall, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Verspätung waren. Ein außergewöhnlicher Umstand liegt immer dann vor, wenn die Ursache für die Verspätung nicht von der Fluggesellschaft hätte vermieden werden können. Also Umstände, auf die die Fluggesellschaft keinen Einfluss hat. Ein außergewöhnlicher Umstand kann zum Beispiel bei Streik des Bodenpersonals oder bei schlechten Wetterbedingugnen vorliegen.

In Ihrem Fall gibt die Fluggesellschaft an, dass ein Vogelschlag Grund für die Verspätung war. Fraglich ist, ob ein Vogelschlag einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Siehe dazu folgende Urteile:

AG Erding, Urteil vom 03. Januar 2011, Az.: 5 C 1059/10 (einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: AG Erding 5 C 1059/10 reise-recht-wiki.de)                                                 

In diesem Fall lag ein Vorschaden der Maschine durch einen Vogelschaden vor. Ein außergewöhnlicher Umstand wurde abgelehnt, da es dem Luftfahrtunternehmen obliegt darzulegen, dass unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel der Umstand nicht abzuwenden war.

In diesem Fall hat die Airline vor Gericht nicht darlegen können alles unternommen zu haben um die Auswirkungen auf den Flugverkehr durch den Vogelschlag abzuwenden.

Aber:

BGH, Urteil vom 24.09.2013Az. X ZR 160/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google „BGH X ZR 160/12 reise-recht-wiki“ eingibst)

Hier wurde durch einen Vogelschlag ein Turbinenschaden verursacht. In diesem Fall entschied das Gericht, dass ein außergewöhnlicher Umstand zu bejahen sei, da der Umstand nicht vermieden werden konnte und auch keine zumutbaren Gegenmaßnahmen ersichtlich waren.

Hier wurde ein Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand angenommen.

Ob nun ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, und damit ein Anspruch für dich aus Artikel 7 EU-VO entfällt, ist leider nicht eindeutig zu sagen. Ich denke, dass das nur ein Gericht feststellen kann, falls du mithilfe eines Anwalts die Sache weiterverfolgen möchtest.

Wichtig ist , dass die Fluggesellschaft tatsächlich beweisen muss, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorlag und das dieser nicht vermeidbar war. Die Beweislast trägt die Fluggesellschaft. Solange die Fluggesellschaft also nicht beweisen kann, dass tatsächlich ein Vogelschlag Grund für die Verspätung war, bleibt Ihr Anspruch weiterhin bestehen.

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