Dein Flug mit WizzAir hatte ein mehr als dreistündige Verspätung. Der Grund soll ein Vogelschlag gewesen sein. Du fragst dich, ob WizzAir dennoch zahlen muss und deren Grund vielleicht vorgeschoben war.
Ich nehmen an, dass du, wegen einer Verspätung im Sinne von Artikel 6 Eu-VO auf eine Ausgleichszahlung nach Artikel 7 Eu-VO anspielst.
Nun ist es so, dass Artikel 6 selbst nicht von Ausgleichszahlungen spricht, das tut Artikel 5.
Kam es bei dir also zu einer Verspätung, oder zu einer Annullierung? Dazu der BGH:
BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (ganz einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst EuGH reise-recht-wiki.de)
Verspätete Flüge im Sinne der Fluggastrechteverordnung seien nur solche, bei denen sich der Abflug um eine in Art. 6 FluggastrechteVO genannte Zeitdauer verzögere. Im Streitfall habe sich lediglich die Ankunft des Klägers am Zwischenziel verzögert. Es fehle daher bereits am Tatbestand einer Verzögerung beim Abflug.
Oder vielleichst ist dir ja bereits dieses Urteil bekannt:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Auch der EuGH griff dies auf:
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
Das AG Frankfurt meinte allerdings, dass allein die Verspätung am Reiseziel zählt, und daher möglicherweise nicht, ob man vorher einen Anschlussflug verpasst hat oder nicht:
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.12.2011, Az.: 29 C 655/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google AG Frankfurt a. M. 29 C 655/12 reise-recht-wiki.de eingibst)
Wichtig dabei ist, dass allein die Verspätung am Endziel der Reise zählt. Wo die Verspätung entstanden ist, ist nicht relevant.
Hilfreich dazu außerdem:
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07 (zu finden im Reise-Recht-Wiki:http://reise-recht-wiki.de/ausgleichszahlung-bei-flugverspaetung-urteil-az-c40207undc43207eugh.html)
Fluggäste verspäteter Flüge können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, bezüglich der Ausgleichsansprüche, den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden.
Dem EuGH nach ist es also grundsätzlich möglich, dass auch Fluggäste verspäteter Flüge Fluggästen annullierter Flüge was Artikel 7 angeht gleichgestellt werden können.
Angenommen also, du hast einen Anspruch nach Artikel 7, dann ist es wie du bereits sagst so, dass dieser Anspruch ausgeschlossen ist, wenn außergewöhnliche Umstände vorlagen:
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07
Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt.
Bei dir kam es zu einem Vogelschlag.
Neben dem EuGH jetzt am 04.05.2017 (Az.: C-315-15) nahm bereits der BGH 2013 an, dass ein Vogelschlag zu einem außergewöhnlichen Umstand tauge:
BGH, Urteil vom 24.09.2013Az. X ZR 160/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google „BGH X ZR 160/12 reise-recht-wiki“ eingibst)
Hier wurde durch einen Vogelschlag ein Turbinenschaden verursacht. In diesem Fall entschied das Gericht, dass ein außergewöhnlicher Umstand zu bejahen sei, da der Umstand nicht vermieden werden konnte und auch keine zumutbaren Gegenmaßnahmen ersichtlich waren.
Insofern kann es schon sein, dass dir leider keine Ausgleichszahlungen zustehen. Da du ja meinst, dass WizzAir diesen Grund nur vorschiebt ist es meine ich wichtig zu sagen, dass die Airline vor Gericht detailliert vorzutragen hat, welcher Umstand vorlag und wieso dieser einen Weiterflug verhinderte:
AG Paderborn, Urt. v. 15.03.2012, Az: 50 C 254/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 50 C 254/11 reise-recht-wiki.de)
Nachweis des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands - Ein Fluggast verklagt ein Luftfahrtunternehmen auf Schadensersatz, wegen eines durch schlechte Wetterverhältnisse erheblich verspäteten Fluges. Die Beklagte erklärt die Verspätung mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und sieht sich nicht in der Zahlungspflicht. Das Amtsgericht Paderborn spricht dem Kläger den Schadensersatzanspruch zu. Außergewöhnliche Umstände lägen vor, seien aber nicht ausreichend klar dargelegt worden.
So auch das AG Geldern. Es ist einhellig angenommen, dass die Airline substantiiert darlegen muss, inwiefern ein außergewöhnlicher Umstand bestand, nicht du als Passagier.
AG Geldern, Urteil vom 20.02.2008 – Az.: 4 C 241/07 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 4 C 241/07 "reise-recht-wiki.de")
Will sich ein Luftfahrtunternehmen, das einen bestimmten Flug annulliert hat, auf „mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarende Wetterbedingungen“ als „außergewöhnliche Umstände“ berufen, so kann es nur die Wetterbedingungen heranziehen, die sich auf den annullierten Flug unmittelbar ausgewirkt haben.
Ob es sich dann um einen vorgeschobenen Grund oder um einen außergewöhnlichen Umstand handelt entscheidet das Gericht. Herausfinden kannst du den wahren Grund also nur so - vor Gericht. Falls du daran interessiert bist steht dir der Weg zu einem Anwalt offen.
Eine Liste existiert meines Wissens nach nicht, in der vermerkt wäre, was Fluggesellschaften oftmals als Grund angeben.