Eure Tochter wird von Niki leider nicht weiterbefördert und sitzt in München. Der Weiterflug wurde wetterbedingt um 48 Stunden verschoben, während andere Maschinen weiterhin fliegen.
Du fragst dich, was ihr machen könnt.
Es klingt so, als läge eine Flugannullierung des ursprünglichen Fluges eurer Tochter vor:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach für Sie zu finden, wenn Sie eingeben: EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Der Flug wurde auf einen anderen Tag umgebucht, und eine Annullierung würde ich persönlich unproblematisch bejahen.
Dann sind Ansprüche aus Artikel 5 Eu-VO möglich, und zwar nach Artikel 7, 8 und 9 Eu-VO.
Erst einmal zu Artikel 7 EU-VO. Eure Tochter scheint ja erst am Flughafen über die Annullierung in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Je nach Entfernung zum Zielort ist dann eine Ausgleichszahlung für sie möglich:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Ich tippe einmal auf 250 Euro, aber ihr schreibt leider nichts genaues. Davon kann sich Nikki aber nach Artikel 5 Absatz 3 exkulpieren, das heißt freimachen, wenn sie außergewöhnliche Umstände geltend macht. Genannt wurde von Nikki problematisches Wetter.
Dies ist nach einschlägigen Urteilen die ich gefunden habe nicht unproblematisch als außergewöhnlicher Umstand einzustufen:
AG Wedding, Urt. v. 10.06.2006, Az: 14 C 672/05 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 14 C 672/05 auf reise-recht-wiki-de)
Der wiederholte pauschale Hinweis auf sehr schlechte Wetterverhältnisse genügt nicht. Auch die von der Beklagten ohne nähere Erläuterung eingereichten Wetterverlaufspläne entsprechen nicht den Anforderungen an einen geordneten Prozessvortrag und sind daher nicht geeignet, den Nachweis der auf den konkreten Flug bezogenen behaupteten Wetterdaten und weiteren Erschwernisse zu führen.
AG Geldern, Urteil vom 20.02.2008 – Az.: 4 C 241/07 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 4 C 241/07 reise-recht-wiki.de)
Will sich ein Luftfahrtunternehmen, das einen bestimmten Flug annulliert hat, auf „mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarende Wetterbedingungen“ als „außergewöhnliche Umstände“ berufen, so kann es nur die Wetterbedingungen heranziehen, die sich auf den annullierten Flug unmittelbar ausgewirkt haben.
AG Paderborn, Urt. v. 15.03.2012, Az: 50 C 254/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az.: 50 C 254/11 reise-recht-wiki.de)
Nachweis des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands - Ein Fluggast verklagt ein Luftfahrtunternehmen auf Schadensersatz, wegen eines durch schlechte Wetterverhältnisse erheblich verspäteten Fluges. Die Beklagte erklärt die Verspätung mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und sieht sich nicht in der Zahlungspflicht. Das Amtsgericht Paderborn spricht dem Kläger den Schadensersatzanspruch zu. Außergewöhnliche Umstände lägen vor, seien aber nicht ausreichend klar dargelegt worden.
Aus diesen Urteilen geht meine ich hervor, dass genaue Informationen von der Fluggesellschaft nötig sind, um sich aufgrund von widrigen Wetteverhältnissen von einem Anspruch auf Augsleichszahlungen exkulpieren zu können.
Insofern denke ich, dass der Anspruch aus Artikel 7 EU-VO zumindest nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann.
Darüber hinaus bleibt Artikel 8, das könnte für euch besonders interessant sein, weil ihr ja schon fragtet, ob man nicht einfach einen anderen Flug buchen kann, wie den von Tui. Denn danach ist beispielsweise die Erstattung der vollständigen Flugscheinkosten möglich, aber auch eine Umbuchung auf einen anderen Flug falls vorhanden, der nicht 48 Stunden später geht:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Vor allem 1a) ist ja vielleicht für euch wichtig.
Es bleibt Artikel 9, falls eure Tochter am Flughafen bleibt, dann kann sie Betreuungsleistungen die anfallen Nikki in Rechnung stellen:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
Oftmals bietet eine Airline in solchen Fällen direkt ein Hotel an. Falls nicht, dann kann man die Quittung nachreichen. Ebenso für Essen und Beförderungen.
Meldet euch bei Nikki und macht eure Ansprüche geltend, wenn ihr euch entschieden habt würde ich persönlich sagen.