Sehr gerne, ich freue mich, wenn ich dir helfen konnte!
Du schreibst nun, dass du eine Pauschalreise gebucht hast, keinen Nur-Flug. Vielleicht liegen die Dinge dann etwas anders. Außerdem schreibst du, dass der technische Defekt wegen einer problematischen Landung bedingt war, und ihr nach der Reparatur in Ermangelung einer Crew nicht weiterfliegen konntet.
Wie bereits festgestellt ist ein technischer Defekt ja meistens kein außergewöhnlicher Umstand, obwohl es natürlich auch dabei Ausnahmen geben kann. Fraglich ist, ob dieses Crew-Problem ein außergewöhnlicher Umstand sein könnte, und die Airline deshalb berechtigen könnte euch Ausgleichszahlungen nach Artike 7 EU-VO zu verweigen.
Dabei meine ich, dass das bereits genannte Urteil des LG Darmstadts noch einmal hilfreich sein könnte:
LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007 - Az.: 21 S 263/06 - (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Aus Erwägungsgrund14 zur Verordnung (EG) Nr.261/2004 geht hervor, dass als außergewöhnliche Umstände nur solche in Betracht kämen, die außerhalb des direkten Einfluss- und Organisationsbereichs des Flugunternehmens liegen: Die darin aufgeführten Beispiele zeigen, dass es sich hierbei grundsätzlich um Einflussfaktoren handelt, deren Entstehung außerhalb des organisatorischen und technischen Verantwortungsbereiches des Flugunternehmers liegt, die also von diesem nicht beeinflusst und demzufolge auch nicht abgewendet werden können und außerhalb der sogenannten Betriebsgefahr des Fluggerätes liegen.
Dabei wird ja klar vom LG Darmstadt festgestellt, dass grundsätzlich nur Umstände, die außerhalb des Einflussbereichs der Airline liegen solch außergewöhnliche Umstände begründen können.
Das Crew-Management dagegen, und damit verbunden auch die Arbeitszeiten oder Überschreitungen derselben, liegen wie ich finde zweifellos in der Einflusssphäre einer Airline.
Dazu auch der EuGH:
EuGH, Urteil vom 12.5. 2011 – Az.: C-294/10 (einfach zu finden über Google unter Az.: C-294/10 bei ”reise-recht-wiki”)
(...) dass das Luftfahrtunternehmen, da es alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen hat, um außergewöhnliche Umstände zu vermeiden, die mit dem etwaigen Eintritt außergewöhnlicher Umstände verbundene Möglichkeit von Verspätungen bei der Flugplanung angemessen berücksichtigen muss. Es muss daher eine gewisse Zeitreserve vorsehen, um den Flug insgesamt möglichst bald nach dem Wegfall der außergewöhnlichen Umstände durchführen zu können.
Dabei ist die Rede von einer gewissen Zeitreserve, damit ein ordentlicher Weiterflug nach Wegfall eines Problems gewährleistet ist. Selbst wenn also der technische Defekt ein außergewöhnlicher Umstand gewesen wäre, dann hätte die Airline eine passende Zeitreserve einplanen müssen, so der EuGH.
Außerdem sehr treffend das AG Hannover:
Amtsgericht Hannover, Urteil vom 31.01.2011, Az.: 426 C 12868/10 (einfach zu finden unter dem Aktenzeichen über Google bei ”reise-recht-wiki”)
Die Berufung eines Luftverkehrsunternehmens auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 kann nicht damit begründet werden, dass die für den Flug vorgesehene Crew nach einem verspäteten Flug zuerst eine Mindestruhezeit einhalten muss. Es obliegt dem Luftverkehrsunternehmen hier darzulegen, aus welchen Gründen keine Ersatz-Crew gestellt werden konnte.
Die Einhaltung der Mindestruhezeit der Crew ist kein Grund für einen außergewöhnlichen Umstand. Im Gegenteil, es hätte eine Ersatz-Crew gestellt werden müssen, oder aber es muss substantiiert und überzeugend dargelegt werden, warum dies unter keinen Umständen möglich gewesen ist.
Insofern meine ich, dass diese Crew-Problematik an eurem möglichen Anspruch aus Artikel 7 Eu-VO. auf Ausgleichszahlungen vermutlich nichts ändert.
Diesen Anspruch hättet ihr ja eurer Airline Condor gegenüber, fraglich ist, ob ihr, da ihr nun sagt, dass ihr eine Pauschalreise gebucht habt, auch eurem Reiseveranstalter gegenüber Ansprüche geltend machen könnt.
Dabei richten sich die Möglichkeiten aber nicht nach der Eu-VO, sondern nach dem BGB. Genauer nach den §§ 651 a - m BGB.
Du sprichst an, dass euch Urlaubsfreuden entgangen seien, und begehrst deshalb Schadensersatz. Gemäß § 651f Abs. 2 BGB gilt dazu aber folgendes:
(2) Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Für entgangene Urlaubsfreuden muss also eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegen. Und zwar derart, dass dass du dich gar nicht erholen konntest. So genauer das OLG Köln:
OLG Köln, Urteil vom 14.07.2008, Az.: 16 U 82/07 (einfach zu finden, wenn du bei Google OLG Köln 16 U 82/07 reise-recht-wiki.de eingibst)
Ein Schadensersatzanspruch gem. § 651f Abs. 2 BGB wegen entgangener Urlaubsfreude stehe den Klägern jedoch nicht zu, weil die dafür erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Regelfall erst angenommen werden könne, wenn der Gesamtwert der Reise um mehr als 50 % gemindert sei.
Dies bestimmt sich auch danach, wie lang eure komplette Reise ging. Bei einer 14-tägigen Reise beispielsweise ist ein verloren gegangener Urlaubstag eher zu verkraften, als bei einer 4-tägigen Reise. Dazu schreibt ihr leider nichts genaues. Aber da das Problem auf eurem Rückflug auftrat würde ich von dem was ich bisher weiß eher bezweifeln, dass eure Reise dadurch um mehr als 50 Prozent gemindert wurde.
Fortsetzung folgt...