Hallo Fragensteller,
Sie mussten also Ihren Handgepäckskoffer auf einem Flug mit Austrian Airlines abgeben, da Sie die zulässige Gewichtsbeschränkung überschritten haben. Danach kam Ihr Koffer allerdings erst nach einem Monat verspätet an. Nun möchte die Airline Ihnen keine Entschädigung zahlen, da Sie leider keinen Nachweis darüber haben, dass Sie Ihren Koffer tatsächlich abgegeben haben.
In solchen Fällen greift regelmäßig das Montrealer Übereinkommen, solange es auch anwendbar ist. Davon gehe ich im Folgenden aus. Anspruchsgrundlage wäre meines Erachtens nach Art. 19 MÜ, welcher besagt, dass der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen hat, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Insofern müsste Ihnen der jeweilige Luftfrachtführer den durch die Verspätung entstandenen Schaden bis zu einer Haftungsobergrenze von 1.131 SZR ersetzen. Darunter fallen vor allem Kleidungsstücke und Hygieneartikel, die Sie ersatzweise beschaffen mussten. Gut ist zunächst, dass Sie die Quittungen behalten haben.
AG Frankfurt, Urteil vom 13. Juni 2013 – 29 C 2518/12 (19)
Bei einer mehrtägigen Verzögerung der Auslieferung sämtlicher Gepäckstücke ist die ersatzweise Anschaffung einer vollständigen Grundgarderobe (Über- und Unterkleidung) als notwendig und angemessen anzusehen.
Als nächstes fällt mir der Art. 20 MÜ auf. Dieser besagt, dass wenn der Luftfrachtführer nachweisen kann, dass die Person die den Schadensersatzanspruch erhebt oder ihr Rechtsvorgänger den Schaden durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung, sei es auch nur fahrlässig, verursacht oder dazu beigetragen hat, so ist der Luftfrachtführer ganz oder teilweise von seiner Haftung gegenüber dieser Person insoweit befreit, als diese Handlung oder Unterlassung den Schaden verursacht oder dazu beigetragen hat.
Ich bin mir nun nicht ganz sicher ob Ihre Situation darunter fällt, da Sie sich kein Gepäckabschnitt haben geben lassen. Allerdings glaube Ich nicht, dass dies eine Verspätung von einem Monat rechtfertigt. Ich bin mir dessen aber absolut unsicher. Des Weiteren ist es eine Pflicht des Luftfahrtführers Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück einen Beleg zur Gepäckidentifikation auszuhändigen. Insofern denke ich nicht, dass Sie hier kein Mitverschulden haben. Ich habe soeben auch ein Urteil gefunden, was Ihrem Fall nicht gleicht, aber ähnliche Züge aufweist.
BGH, Urteil vom 15. März 2011 – X ZR 99/10
Die Berechtigung für einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann nicht an die Dokumentation der Gepäckaufgabe durch einen Gepäckschein geknüpft werden Entscheidend ist allein, dass der Reisende tatsächlich Gepäck in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass das Gepäck von einem anderen Mitreisenden in einem seiner Gepäckstücke mit aufgegeben wird.
Wie in diesem Urteil erwähnt, ist es also nicht von Bedeutung, ob eine Gepäckschein vorliegt. Die Airline hatte das Gepäckstück während des Fluges in ihrer Obhut. Somit muss Sie meiner Meinung nach auch für die Verspätung haften.
Ganz wichtig ist weiterhin, dass Sie den Schaden auch fristgerecht angezeigt haben, nämlich innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks, so Art. 31 II 2 MÜ. Ansonsten können Ihre Ansprüche verfallen.
Ich kann Ihnen jetzt nur raten, weiterhin zu recherchieren und die Austrian Airlines damit zu konfrontieren und wenn dies nichts nützt sollten Sie in Erwägung ziehen, einen Fachanwalt für Fluggastrechte zu Rate zu ziehen.