Hallo Sabine,
Ihr Flug von Puerto Plata nach Frankfurt kam mit einer Verspätung von 17 Stunden an. Grund dafür war ein defekter Reifen. Daraufhin forderten Sie von der Airline eine Ausgleichszahlung, die Ihnen jedoch mit der Begründung das in dem technischen Defekt ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen sei, versagt wurde. Sie fragen sich nun ob das stimmt, was die Airline Ihnen erzählt hat.
Außergewöhnliche Umstände sind Ereignisse, die von der Airline weder beeinflussbar noch umgehbar sind. Technische Defekte werden von der Rechtssprechung jedoch nur in den seltensten Fällen als außergewöhnlicher Umstand abgetan. Das möchte ich anhand einiger Urteil verdeutlichen.
Urteile, die technischen Defekt als außergewöhnlichen Umstand verneinen:
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 31.5.2011, Az. 20 C 84/11 (bei Google zu finden unter: " 20 C 84/11 reise-recht-wiki.de")
Ein geplatzter Reifen stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung dar.
AG Frankfurt, Urteil vom 7.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (46) (bei Google einfach eingeben: "29 C 1352/10 (46) reise-recht-wiki.de")
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnliche Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Ausgleichszahlung entbinden.
AG Köln, Urteil vom 26.7.2010, Az. 126 C 96/09 (bei Google zu finden unter: "126 C 96/09 reise-recht-wiki.de")
Defekte Landeklappen stellen keinen außergewöhnlichen Umstand dar.
Urteil, das einen technischen Defekt als außergewöhnlichen Umstand deklariert:
LG Berlin, Urteil vom 7.2.2008, Az. 57 S 26/07 (bei Google zu finden unter: "57 S 26/07 reise-recht-wiki.de")
Ein defekter Sensor und nicht einfahrbares Fahrwerk stellen einen außergewöhnlichen Umstand dar, da dadurch die Sicherheit beeinträchtigt wird.
Wie sehen werden technische Defekte meistens nicht als außergewöhnliche Umstände deklariert. Dies geschieht nur dann wenn durch den technischen Defekt die Flugsicherheit beeinträchtigt wird.
Sicherlich könnte man argumentieren das der kaputte Reifen ebenfalls die Sicherheit gefährdet. Allerdings denke ich, das ein kaputter Reifen schneller gewechselt bzw. geflickt werden kann, als das ein kaputtes Fahrwerk oder ein kaputter Sensor repariert werden kann.
Daher denke ich, dass in Ihrem Fall kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt und die Airline Ihnen Ihre 600€ Ausgleichszahlung pro Person zahlen muss.
Ich möchte zum Schluss nochmal erwähnen, das es sich bei diesem Beitrag lediglich um eine Rechtsmeinung und nicht um einen Rechtsrat handelt.