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Hallo,

am 16.09.2016 wollte ich von London mit der Airline KLM zurück nach Wien fliegen. Geplant war um 17:10 Uhr von London mit dem Flug Nummer KL1022 nach Amsterdam, Ankunft 19:35 Uhr, abzufliegen. In Amsterdam sollte ich dann mit dem Anschlussflug Nummer KL1849 um 20:35 Uhr nach Wien fliegen. Dort war die geplante Ankunftszeit 22:15 Uhr.

Anfangs gab es schon Verzögerungen von etwa 30 Minuten am Gate, wobei ich nicht sagen kann, woran das lag. Wir wurden darüber auch nicht aufgeklärt. Als wir dann endlich ins Flugzeug steigen durften und alle ihre Plätze eingenommen hatten kam die nächste Verzögerung. Der Pilot klärte uns auf, dass er die Anweisung der Flugverkehrskontrolle erhalten habe, nicht starten zu können. Dies hatte eine weitere Verzögerung von erneut etwa 30 Minuten zur Folge. Insgesamt hatten wir also eine Verspätung von ca. 60 Minuten.

Trotz dieser Verspätung kamen wir um 20:14 Uhr in Amsterdam an. Es blieben also noch 20 Minuten, um den Anschlussflug zu erreichen. Gehetzt wandte ich mich an einen Mitarbeiter der Airline, der mir allerdings versicherte, dass selbst mit Direkttransfer zum Anschlussflug das Flugzeug nicht erreicht werden könne.

Wütend und genervt von der stressigen Situation wandte ich mich an den Check-In, wo mir mitgeteilt wurde, dass der verpasste Flug der letzte an diesem Tag nach Wien gewesen sei. Ich steckte also in Amsterdam fest. Erst am nächsten Tag kam ich dann endlich in Wien an!!

Ich erkundigte mich außerdem, ob ich mit einer Rückerstattung rechnen könnte. Mir wurde jedoch klargemacht, dass die Verspätung nicht im Ermessen der Airline lag und ich deshalb keinen Anspruch hätte. Hätte aber die Airline nicht dafür sorgen können, dass der Anschlussflieger wartet?

Nach den Recherchen auf der Website von KLM fand ich heraus, dass ich einen Anspruch auf Ausgleich habe, wenn mein Flug mehr als 3 Stunden Verspätung hat. Allerdings steht da auch, dass der Anspruch entfällt, wenn besondere Umstände vorliegen.

Hier der Link dazu: https://www.klm.com/travel/de_de/customer_support/customer_support/refunds_and_compensation/index.htm#p3

Meine Fragen lauten also:

  1. Habe ich einen Anspruch auf Entschädigung, weil ich ja aufgrund der Airline meinen Anschlussflug verpasst habe und einen Tag später als geplant am Zielort angekommen bin?
  2. Sind die Verspätng am Gate und die Anweisung der Flugverkehrskontrolle  „besondere Umstände“?
Gefragt in Flugverspätung von
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In dem von Ihnen geschilderten Fall haben Sie Ihren Anschlussflug in Amsterdam nur verpasst, weil Ihr Flug dorthin mit einer Verspätung von ungefähr 1 Stunde abgeflogen ist. Überhaupt geht es bei einer Verspätung nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort. Dazu das folgende Urteil:

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)

Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).

Sie sind mit einer Verspätung von 24 Stunden an Ihrem Zielflughafen in Wien gelandet. Sie könnten demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Fraglich ist, inwieferen KLM für die Verspätung haften muss, da der erste Flug nur 1 Stunde Verspätung hatte und dieses an sich zu keinem Anspruch auf Ausgleichszahlung führen würde.

Der Europäische Gerichtshof in Brüssel (EuGH) hat am 26. Febuar 2013 in einem Urteil die Passagierrechte jedoch deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben. Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge  eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.

Ihr erster Flug hatte 1 Stunde Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben. Damit steht Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu.

LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.

Sie haben also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen Lufthansa. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.

"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."

Eine Fluggesellschaft muss jedoch keine Ausgleichszahlungen leisten, wenn ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Artikel 5 der VO Nr.261/2004 der europäischen Fluggastrechte Verordnung Grund für die Annullierung war.  Ein außergewöhnlicher Umstand liegt immer dann vor, wenn die Umstände außerhalb des Machtbereiches der Fluggesellschaft liegen und diese deshalb keinen Einfluss nehmen konnte oder diesen Umstand verhindern konnte. Ein außergewöhnlicher Umstand ist zum Beispiel Streik des Bodenpersonals oder schlechte Wetterbedingungen. In Ihrem Fall gibt die Fluggesellschaft an, dass die Flugverspätung aufgrund einer Verspätung am Gate und der Anweisung der Flugverkehrskontrolle zustande gekommen ist. Fraglich ist, ob dieses einen außergewöhnlichen Umstand darstellt.

Ein außergwöhnlicher Umstand ergibt sich Erwägungsgrund 14 der VO: (14) Wie nach demÜbereinkommen von Montreal sollten die Verpflichtungen für ausführende Luftfahrtunternehmen in den Fällen beschränkt oder ausgeschlossen sein, in denen ein Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen,wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.

Außergewöhnlich sind die Umstände also dann, wenn Sie außerhalb des Machtbereiches der Fluggesellschaft stehen und diese Sie auch dann nicht hätte vermeiden können, wenn Sie alle Maßnahmen ergriffen hätten. Nach dieser Definition würde ich Verspätungen am Gate nicht als außergewöhnlichen Umstand zurückzführen ist, da dieses in dem Machtbereich der Fluggesellschaft steht. Sie sollten also die Fluggesellschaft kontaktieren und sie auffordern, Ihnen nocheinmal genau darzulegen, welche Umstände zur Verspätung geführt haben und warum sie diese nicht hätten verhindern können.

Es ist also zu beachten, dass gem. Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastrechteverordnung das Luftfahrtunternehmen nachweisen muss, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Einem Reisenden ist es unter Umständen nicht möglich die außergewöhnlichen Umstände detailliert nachvollziehen zu können. Das heißt, dass die Beweislast bei der Fluggesellschaft liegt. Solange diese also nicht nachweisen kann, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorlag, bleibt Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlungen bestehen.

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