Hallo,
eine ähnliche Frage wurde bereits hier beantwortet:
Reiseziel 3 Std. Verspätung erreicht: Anspruch auf Entschädigung wenn Air France Zubringerflug 14. Min verspätet gestartet und deshalb Anschlussflug verpasst worden ist ?
In diesem Fall hatte der Reisende einen Flug von Hamburg über Amsterdam nach Nantes gebucht. Der Anschlussflug in Amsterdam wurde verpasst, weil der Flug Hamburg – Amsterdam 14 Minuten zu spät gestartet ist.
Du schreibst, dass ihr die Flüge online gebucht habt. Ich gehe also davon aus, dass die Flüge zusammen gebucht wurden. Wichtig ist jedoch nicht die Abflugverspätung, sondern die Verspätung am Zielort. Diese betrug in eurem Fall 5 Stunden und 50 Minuten. Dazu habe ich folgende Urteile gefunden:
- EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block)
- LG Darmstadt, Hinweisbeschluss v. 15.01. 2017, Az.: 25 S 75/16 (bei Google zu finden unter: "25 S 75/16 reise-recht-wiki.de")
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines verpassten Anschlussfluges, wobei der betroffene Fluggast mind. drei Stunden zu spät an seinem Zielort ankommt, so kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen, auch wenn der Zubringerflug und der Anschlussflug nicht von derselben Fluggesellschaft durchgeführt wurde.
- LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass kein außergewöhnlicher Umstand vorliegen darf, der die Verspätung verursacht hat. Solch ein Umstand ist ein Ereignis, das von der Fluggesellschaft weder beeinflussbar, noch zu umgehen ist. Die genaue Definition oder Voraussetzungen kannst du auch hier nochmal nachlesen:
http://passagierrechte.org/Au%C3%9Fergew%C3%B6hnliche_Umst%C3%A4nde
Als Verspätungsgrund benennst du den „Selectee-Prozess“, den manche Passagiere durchlaufen mussten. Dieser Prozess wird etwa einmal im Monat durchgeführt. Das bedeutet, dass dieses Ereignis für die Fluggesellschaft beeinflussbar ist. Somit liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor. Zu gering bemessene Umsteigezeiten dürfen nicht zu Lasten der Passagiere gehen.
Aufgrund der Urteile und des Fehlens eines außergewöhnlichen Umstands, würde ich sagen, dass ihr einen Anspruch auf Ausgleichszahlung habt. Wie hoch dieser Anspruch ausfällt ist in Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung geregelt. Dort heißt es:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Die Entfernung zwischen Wien und Miami beträgt mehr als 3.500 km, wodurch euch ein Anspruch auf 600€ zustehen würde.
Das folgende Urteil nimmt Bezug auf die Berechnung der Entfernung:
EuGH, Urt. v. 07.09.2017, Az.: C-559/16(bei Google zu finden unter: "C 559/16reise-recht-wiki.de")
Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bei Verspätungen eines Flugs mit Anschlussflügen wird nach der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen zu berechnet. Der Umstand, dass die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke aufgrund des Anschlussflugs die Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen übersteigt, hat keine Auswirkungen auf die Berechnung des Ausgleichsanspruchs.
Meiner Meinung nach habt ihr also einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600€. Allerdings würde ich euch für das weitere Vorgehen raten, einen Anwalt zu Hilfe zu holen. Hier handelt es sich lediglich um eine Rechtsmeinung.
Viel Erfolg weiterhin!