Die Verordnung gilt nach Art. 3 VO (EG) Nr. 261/2004 für Flüge, welche in der EU angetreten werden, oder für solche Flüge, die ein Luftfahrtunternehmen eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft durchführt. Sie Regelt die Fluggastrechte (Ansprüche Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen) für die Fälle der Nichtbeförderung, der Annullierung oder der großen Verspätung.
Insbesondere Art. 6 i. V. m. Art. 9 der Verordnung regelt den Fall der Flugverspätung. Von besonderer Relevanz ist auch Art. 5 i. V. m. Art. 7 der Verordnung, der die Ansprüche bei einer Flugannullierung festlegt. Eine große Verspätung kann gemäß Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 die gleichen Rechte wie infolge einer Annullierung begründen.
Diese wären, abhängig von der Flugentfernung und der Wartezeit
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Betreuungsleistungen (Mahlzeit und Erfrischung, bei Bedarf Unterbringung im Hotel und Transport dorthin, Möglichkeit der kostenlosen Nutzung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon oder Mail)
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Ab einer Verspätung von 5 Stunden Rücktrittsrecht vom Flug und Erstattung des Flugscheins
und infolge einer erheblichen Verspätung (ob eine Verspätung erheblich ist, ist vom Einzelfall abhängig; teilweise wurde eine Erheblichkeit bereits ab einer Verspätung von 3 Stunden bejaht vgl. AG Nürtingen, Urteil vom 25.01.2013, Az. 46 C 1399/12 (leicht mittels google zu finden unter „AG Nürtingen 46 C 1399/12 Reise-Recht-Wiki.de“ als erstes Ergebnis in der Liste)
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Anspruch auf Ausgleichszahlung zwischen 250 € und 600€
Eben dieser Ausgleichsanspruch kann nach Art. 5 III VO (EG) Nr. 261/2004 entfallen, wenn die Verspätung/ Annullierung auf außergewöhnlicher Umstände zurückgeht, und trotz Ergreifung zumutbarer Maßnahmen von dem Luftfrachtführer nicht verhindert werden konnte.
Wichtig: Außergewöhnliche Umständen schließen nur den Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus. Der Fluggast kann in jedem Fall Betreuungsleistungen nach Art. 9 der Verordnung verlangen.
Über die außergewöhnlichen Umstände gibt, in Anlehnung an das Montrealer Übereinkommen , Erwähnungsgrund 14 der VO (EG) Nr. 261/2004 Auskunft.
Außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände sind demnach beispielsweise politische Instabilität, Sicherheitsrisiken wie Terrorgefahr, Wetterbedingungen oder Streik von Personen, die nicht zum Luftunternehmen gehören – also alle Umstände, die nicht zum alltäglichen Luftverkehr gehören.
Nicht außergewöhnliche Umstände sind im Umkehrschluss alle Sachverhalte, welche die Fluggesellschaft hätte vorhersehen und vermeiden können. Darunter fallen Mängel an den Maschinen, wenn diese bei ordnungsgemäßer Wartung und Instandhaltung nicht entstanden wären, oder auch technische Defekte, die zum normalen Flugzeugbetrieb gehören, selbst wenn alle Wartungen ordnungsgemäß vorgenommen wurden.
Wo aber ist ein Vogelschlag einzuordnen?
Besonders wegweisend war die Entscheidung des BGH
BGH Karlsruhe, Urteil von 24.09.2013, Az. X ZR 129/12 (ebenfalls leicht zu finden mit der Sucheingabe „BGH X ZR 129/12 Reise-Recht-Wiki.de“)
In diesem Fall kam es durch einen Vogelschlag zu einem Turbinenschaden und damit zu einer Flugverspätung. Der Vogelschlag wurde als "außergewöhnliches Ereignis“ eingestuft, wodurch den Reisenden keine Ausgleichsansprüche zustanden.
Ein Vogelschlag wird als Naturereignis angesehen, das sich nicht vermeiden lässt. Er tritt, ähnlich wie schlechte Wetterbedingungen, beliebig auf. Die Fluggesellschaft kann den Vogelflug auch nicht beeinflussen oder verhindern. Gleichzeitig besteht keine Pflicht der Fluggesellschaften, bestimmte Vogelvergrämungsmaßnahmen zu ergreifen, oder an jedem Flughafen ausreichend Ersatzflugzeuge bereitstehen zu haben, um in einem solchen Fall einen schnellen Weiterflug zu garantieren. Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass die Häufigkeit eines Umstandes nicht dessen Außergewöhnlichkeit beeinflusst, sondern es lediglich auf die Beherrschbarkeit der Vorfälle ankommt.
Ein Vogelschlag gilt damit als außergewöhnlicher Umstand und führt entsprechend zum Ausschluss von Ausgleichszahlungsansprüchen.
Praxistipp: Dieses Ergebnis kann für den Fluggast unbefriedigend sein, vor allem wenn der Verdacht besteht, dass sich die Fluggesellschaft vermehrt auf das Vogelschlag-Argument beruft, um nicht zur Ausgleichszahlung verpflichtet zu werden.
Ob infolge eines solchen Verdachtes ein Verfahren eingeleitet werden soll, liegt im jeweiligen Ermessen des Passagiers. Im Streitfall müsste das Flugunternehmen, wenn bestritten wird, dass ein Vogelschlag tatsächlich vorlag, dann einen solchen vor Gericht nachweisen.
Behält die Fluggesellschaft ihre Haltung auch nach Einschaltung eines Anwaltes, also in Aussicht auf einen eventuellen Prozess bei, so kann wohl davon ausgegangen werden, dass tatsächlich ein Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand für die Verspätung verantwortlich war.