Guten Tag,
zwei Fragen sind in Ihrem Fall zu klären: Haben Sie generell Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung und müssen Sie selbst belegen, dass diese Ansprüche bestehen?
Zu Ihren Ansprüchen:
In Ihrem Fall lag letztendlich eine Verspätung von insgesamt 19 Stunden vor. Dies zählt als große Verspätung nach den Maßstäben der EU-Fluggastrechteverordnung sowie des EuGH. Abhängig von der Distanz Ihres Fluges haben Sie daher einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in unterschiedlicher Höhe gemäß Art. 5 und 7 der Verordnung. Die Zahlung beträgt nach Art. 7 er Verordnung zwischen 250 und 600€.
Condor wäre von der Ausgleichszahlung dann befreit, wenn sie geltend machen können, dass ein außergewöhnlicher Umstand zu der Verspätung geführt hat – was Condor in Ihrem Fall offenbar auch versucht. Das ist hier jedoch unbegründet. Denn die Verspätung wurde durch einen Fehler an der Hydraulik herbeigeführt, was einen technischen Defekt darstellt. Technische Defekte sind fast immer keine außergewöhnlichen Umstände. Denn es ist Aufgabe der Airline, ein technisch einwandfreies Flugzeug zur Verfügung zu stellen. Auch wenn Condor vermutlich nicht damit gerechnet hat, dass ein Defekt an der Hydraulik vorlag, hätten sie genau dies eigentlich verhindern müssen. Condor kann sich an dieser Stelle daher nicht mit einem außergewöhnlichen Umstand entschuldigen und hat die Ausgleichszahlung zu leisten.
Dies führt zur zweiten Frage: Wer muss belegen, dass der Defekt wirklich nicht außergewöhnlich war?
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass eine Verspätung gerade nicht durch einen außergewöhnlichen Umstand hervorgerufen wurde. Wenn Condor behauptet, dass das hier eben doch der Fall war, müssen sie das auch belegen können. Für Sie bestehen dabei keinerlei Pflichten, einen nicht außergewöhnlichen Umstand nachzuweisen.
Ihre Vorgehensweise sollte daher so aussehen, dass Sie weiterhin auf Ihre Ansprüche bestehen und gegebenenfalls anwaltliche Hilfe einschalten. Häufig reicht dies aus, um letztendlich Condor zur Zahlung zu bewegen. Anwaltskosten müssen in diesem Fall ebenfalls von Condor erstattet werden, da das Hinzuziehen eines Anwalts nicht notwendig gewesen wäre, wenn Condor direkt gezahlt hätte.
Darüber hinaus hätten Sie Ansprüche auf Betreuungsleistungen während Ihrer Wartezeit. Sofern Sie das Hotel selber zahlen mussten, können Sie den Preis hierfür von Condor zurückverlangen. Gleiches gilt, wenn Sie sich während der Wartezeit auf eigene Kosten mit Mahlzeiten versorgen mussten, da auch dies eigentlich Condor übernehmen musste.
Urteile:
EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az C-402/07
Eine große Verspätung berechtigt Fluggäste ebenso wie eine Nichtbeförderung oder eine Annullierung dazu, von der Airline eine Ausgleichszahlung zu verlangen. Denn die Unannehmlichkeiten, die bei einer großen (in Ihrem Fall erst Recht bei einer ganztägigen) Verspätung entstehen, sind mit den Unannehmlichkeiten einer Annullierung vergleichbar.
AG Wedding, Urteil vom 24.05.2007, Az 22a C 38/07
(zu finden mit der Google-Suche „22a C 38/07 reise-recht-wiki“)
Ein technischer Defekt ist fast nie ein außergewöhnlicher Umstand, d.h. bei einem solchen Defekt müsste eine Airline die Ausgleichszahlung fast sicher leisten. Dies gilt auch dann, wenn die Hydraulik eines Flugzeuges betroffen ist und deswegen aufwendige Reparaturen durchgeführt werden müssen.
LG Berlin, Urteil vom 23.04.2013, Az 22 O 197/12
(zu finden über die Google-Suche „22 O 197/12 reise-recht-wiki“)
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten müssen unter Umständen von der Airline ersetzt werden. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn die Airline sich trotz Mahnung weigert, fällige Ausgleichszahlungen zu erbringen, da es dadurch erst notwendig wurde, einen Anwalt hinzuzuziehen.