Guten Tag,
in Ihrem Fall muss geklärt werden, ob ein Nachtflugverbot einen außergewöhnlichen Umstand darstellen kann und ob das auch hier konkret der Fall ist.
Eine Fluggesellschaft kann ein Nachtflugverbot nicht beeinflussen. Was die Fluggesellschaft jedoch tun kann, ist, ihre Flüge so zu planen, dass sie gar nicht erst vom Nachtflugverbot erfasst werden. Wenn die Fluggesellschaft dies nicht tut, so kann sie sich nicht auf das Nachtflugverbot berufen, weil sie diese hätte einplanen müssen. Das gilt auch, wenn der Flug normalerweise kurz vor Einsetzen des Nachtflugverbots gelandet wäre, da eine kleine Verspätung in diesem Fall bereits die Landung auf den nächsten Tag verschieben würde. Eine solche Planung wäre viel zu riskant.
In Ihrem Fall war der Abflug bereits um vier Stunden verspätet, weswegen es normalerweise nicht nötig gewesen wäre, das Nachtflugverbot hier einzuplanen, da der Flug nicht zeitlich kurz vor dem Nachtflugverbot geplant war.
Entscheidend ist in Ihrem Fall, weswegen der Flug bereits um vier Stunden zu spät starten musste. Denn dies war die eigentliche Ursache für die Verspätung und das Einsetzen des Nachtflugverbotes während Ihrer Flugzeit.
Ist diese Ursache außergewöhnlich, so haben Sie keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Denn damit war es für die Airline nicht möglich, zu verhindern, dass Ihr Flug in den zeitlichen Bereich eines Nachtflugverbotes hinein geriet. Ist diese Ursache hingegen kein außergewöhnlicher Umstand nach der EU-Fluggastrechteverordnung, bedeutet das, dass es in der Verantwortung der Airline lag, dass Ihr Flug wegen des Nachtflugverbotes nicht in Berlin-Tegel landen konnte. In diesem Fall wäre die Airline zu der Ausgleichszahlung verpflichtet.
Zu dem Grund, welcher zu der Verspätung geführt hatte, schreiben Sie hier nichts. Mögliche Gründe, die KEINE außergewöhnlichen Umstände darstellen, sind in den allermeisten Fällen technische Defekte oder personelle Engpässe bei der Airline. Ein außergewöhnlicher Umstand können beispielsweise Streiks am Flughafen oder extreme Wetterbedingungen sein.
Die Airline muss Sie darüber informieren, wie die Verspätung letztendlich zustande kam. Der Hinweis auf ein Nachtflugverbot reicht nicht aus. Denn erstens ist das Nachtflugverbot nicht die ursprüngliche Ursache für die Verspätung (sondern der unbekannte Grund zuvor), zweitens hätte es aller Voraussicht nach in Ihrem Fall auch ohne das Nachtflugverbot eine große Verspätung gegeben. Wäre das Flugzeug entsprechend seiner Startverzögerung auch vier Stunden später in Berlin-Tegel angekommen, hätte dies ebenfalls für eine Ausgleichszahlung gereicht.
Zusammengefasst: Wenn kein außergewöhnlicher Umstand zur ursprünglichen Verspätung geführt hat, haben Sie einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung.
Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 08.02.2013, Az. 30 C 2290/12(47)
(zu finden mit der Google-Suche unter „30 C 2290/12(47) reise-recht-wiki“)
Ein Luftfahrtunternehmen muss sicherstellen, dass es keine Verzögerungen bei einem Flug kurz vor dem Nachtflugverbot gibt. Entstehen solche Verzögerungen doch, so kann sich das Unternehmen nicht auf das Nachtflugverbot als außergewöhnlichen Umstand berufen, da es dieses hätte einplanen können.
Zudem reicht nach diesem Urteil ein Nachtflugverbot generell nicht aus, um sich auf außergewöhnliche Umstände zu berufen. Entscheidend ist der Auslöser für die vorherige Verspätung.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2013, Az. 31 C 1588/13(17)
(zu finden mit der Google-Suche unter „31 C 1588/13(17) reise-recht-wiki“)
Ein Nachtflugverbot kann dann als außergewöhnlicher Umstand gelten, wenn ein Flug wegen eines außergewöhnlichen Umstandes (in diesem Urteil: Reduzierung der Flughafenkapazität) in die Zeit des Nachtflugverbotes hineinverlegt werden muss. Wird er wegen eines nicht außergewöhnlichen Umstandes in diese Zeit verlegt, so ist auch das Nachtflugverbot kein außergewöhnlicher Umstand.
AG Hannover, Urteil vom 06.12.2012, Az. 522 C 7701/12
(zu finden mit der Google-Suche unter „522 C 7701/12 reise-recht-wiki“)
Wenn ein Grund gesucht wird, weswegen ein Flug in den zeitlichen Bereich eines Nachtflugverbotes verschoben wurde, reicht eine pauschale Behauptung eines Umstandes nicht aus (hier: Extremer Gegenwind). Vielmehr muss auch belegt werden, wie genau dies zur Verspätung geführt hat und warum die Verspätung unumgänglich war.