Sie haben einen Flug von Bangkok über Paris nach Nürnberg gebucht. Nun hatte Ihr Flug von Bangkok nach Paris eine Verspätung von ca. 40 Minuten, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben und mit einer Verspätung von 14 Stunden angekommen sind. Fraglich ist, ob die Verspätung von 40 Minuten überhaupt schon einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen rechtfertigt. Hierbei ist zu beachten, dass es bei einer Verspätung nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort geht. Dazu das folgende Urteil:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie sind mit einer Verspätung von 14 Stunden an Ihrem Zielflughafen in Nürnberg gelandet. Sie könnten demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Fraglich ist, inwieferen Air France für die Verspätung haften muss, da der erste Flug nur weniger als eine Stunde Verspätung hatte und dieses an sich zu keinem Anspruch auf Ausgleichszahlung führen würde.
Der Europäische Gerichtshof in Brüssel (EuGH) hat am 26. Febuar 2013 in einem Urteil die Passagierrechte jedoch deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben. Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.
Ihr erster Flug hatte weniger als eine Stunde Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben. Damit steht Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu.
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Sie haben also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen Air France. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Die Entfernung zwischen Bangkok und Nürnberg beträgt km. Ihnen stehen Ausgleichszahlungen in Höhe von 600 EUR pro Fluggast zu.
Dieses gilt jedoch nur, wenn die Flüge der Teilstrecken auch in Zusammenhang gebucht wurden. Hier gibt Air France an, dass es sich um unterschiedliche Flugnummern handelt und deswegen keine einheitliche Buchung vorliegt. Dieses Argument scheint jedoch nicht sehr überzeugend, denn die Ansprüche stehen Flugreisenden sogar dann zu, wenn Zubringer- und Folgeflug von unterschiedlichen Airlines ausgeführt wurden. Sie haben die Flüge als Gesamtflüge gebucht, weshalb Ihnen meines Erachtens auch ein Ausgleich für die gesamte Strecke zusteht.