Lieber Fragesteller,
Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:
Grundsätzlich betrifft der von Ihnen geschilderte Sachverhalt die Fragen des (1) Fluges bzw. des Flugbeförderungsvertrages und des Tickets, (2) der ausführenden Fluggesellschaft und (3) des Gerichtsstandes. Das bedeutet, dass die Beantwortung der Fragen ausschließlich nach Überprüfung der Flugbuchungsbestätigungen / Flugtickets möglich ist.
1. Begriff FLUG im Sinne der VO (EG) Nr. 261/2004
Lautet die Flugbeförderung auf einen einheitlichen Non-Stop-Flug (nicht: Direktflug) von A nach B, ist die Frage des Fluges einfach zu beantworten. Ein Nonstopflug bedeutet (im Gegensatz zum Direktflug), dass zwischen Abflug am Abflughafen und Landung am Zielflughafen kein Zwischenstopp und keine Zwischenlandung vorgenommen wird. Ein Direktflug weist dagegen regelmäßig eine oder mehrere Zwischenlandungen und ggf. sogar einen Flugzeugwechsel auf. Schwieriger wird die rechtliche Bewertung daher bei Teilstrecken und Anschlussflügen nach Zwischenlandung.
a. Der Begriff „Flug“ ist in der VO 261/2004 nicht gesetzlich definiert. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein „Flug“ im Sinne der Fluggastverordnung (EG) Nr. 261/2004 immer lediglich als Hinflug oder Rückflug getrennt zu betrachten ist (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2008, Rs. C-173/07, Emirates Airlines v. Diether Schenkel). Ein „Flug“ i.S.d. VO Nr. 261/2004 wird anders bewertet als ein „Flug“ i.S.d. Montrealer Übereinkommens. Nach Art. 1 des Montrealer Übereinkommen ist eine „internationale Beförderung“ jeder Flug, der eine Unterbrechung (also einen Zwischenstopp oder eine Zwischenlandung) oder den Wechsel des Flugzeuges (z.B. im Falle eines sog. Code-Share Fluges, bei dem eine Fluggesellschaft Flüge unter eigener IATA-Nummer anbietet (‚marketing carrier‘), der Flug tatsächlich jedoch von einer anderen Fluggesellschaft (‚operating carrier‘) ausgeführt wird (auf der Flugbuchungsbestätigung gekennzeichnet als ‚operated by XY‘)) beinhaltet.
„Flug“ (IATA Definition)
Die IATA definiert einen Flug als Beförderung auf einer oder mehrerer Teilstrecken durch eine Fluggesellschaft (‚flight designator‘) unter einem airline code, einer Flugnummer oder einem Flug Begleitzeichen.
„Flug“ (Definition Europäischer Gerichtshof)
Der EuGH definiert einen Flug wie folgt: Nach alledem ist der Begriff „Flug“ im Sinne der Verordnung Nr. 261/2004 dahin gehend auszulegen, dass es sich dabei im Wesentlichen um einen Luftbeförderungsvorgang handelt, der somit in gewisser Weise eine „Einheit“ dieser Beförderung darstellt, die von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, das die entsprechende Flugroute festlegt.
„Flug“ (Definition Amtsgericht Düsseldorf)
Ein Flug ist nach dem Sprachgebrauch die Beförderung einer Person mit einem Flugzeug oder einem anderen Fluggerät vom Ort A nach Ort B (vgl. AG Düsseldorf, Urt. v. 08.04.2008, Az: 23 C 14910/07).
Die rechtliche Bewertung des streitgegenständlichen „Fluges“ kann daher ausschließlich nach Vorlage der Buchungsbestätigung und der Flugtickets vorgenommen werden.
Jedenfalls bedeutet ein „Flug“ i.S.d. europäischen Fluggastverordnung Nr. 261/2004, dass Hinflug und Rückflug getrennt zu betrachtende Vorgänge sind. Ist der Hinflug (oder der Rückflug) durch ein Code-Sharing oder durch die Streckenführung wiederum in Teilstrecken und (Flug-) Segmente aufgeteilt, ist anhand des IATA-Codes, der Flugnummer(n), der Flugtickets, der Buchungsbestätigung(en), des Buchungscodes und der tatsächlichen Flugdurchführung zu entscheiden, ob von einem Flug oder mehreren Flügen i.S.d. VO 261/04 auszugehen ist.
Ein einheitlicher Flug
b. Liegt ein einheitlicher „Flug“ einer Gesamtstrecke (auch bei Zwischenlandungen oder Zwischenstopp und anschließendem Anschlussflug, somit aufgeteilt in mehrere Teilstrecken und/oder Flugabschnitte und/oder Flugsegmente) vor, und ist der Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 261/2004 eröffnet (Outbound Flug abgehend von einem europäischen Flughafen ODER Inbound Flug von nichteuropäischem Flughafen nach Europa, soweit EU Fluggesellschaft gemäß Art. 2 lit. c VO (EG) Nr. 261/2004 Flug ausführt), haben Passagiere bei einer Flugverspätung von mehr als 3 Stunden einen Anspruch auf Ausgleichszahlung i.H.v. EUR 600,00 pro Person gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c, Art. 5 Abs. 1 lit. c VO (EG) Nr. 261/2004 (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2008, Rs. C-173/07, Emirates Airlines v. Diether Schenkel; BGH, Urt. v. 14.10.2010, Az: Xa ZR 15/10, KLM Cityhopper). Ein Flug mit einer Zwischenlandung und einem Anschlussflug ist als Einheit und demnach als ein „Flug“ im rechtlichen Sinne zu bewerten (vgl. LG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.09.2011, Az: 2-24 S 56/11).
Das AG Wedding urteilte, dass Fluggäste, die einen Flug von Berlin-Tegel via New York nach Miami buchten und eine Annullierung ihres Anschlussfluges in New York erfahren mussten und eine
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