Guten Tag,
bei Ihrem Flug mit Finnair kam es leider zu kleinen Problemen. Der Flug sollte von Bangkok über Finnland nach München gehen. Auf der zweiten Flugstrecke kam es dann zu einer kleinen Verspätung aufgrund von Problemen am Triebwerk. Nun fragen Sie sich welche Strecke bei der Berechnung einer möglichen Entschädigung heranzuziehen ist.
Wie Sie ja vermutlich bereits selbst festgestellt haben, ist die EU-Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 wohl die rechtliche Grundlage. Hinsichtlich des Anwendungsbereichs sehe ich hierbei keine Probleme. Zwar war Ausgangsflughafen in einem Drittstaat, allerdings ging dieser Flug in die EU und wurde zudem von einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ausgeführt.
Vorliegend kam es zu einer Verspätung.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Da die Verspätung in München mehr als 3 Stunden beträgt, sollte dies die Türe für einen möglichen Ersatzanspruch zunächst öffnen. Dieser ist in Art. 7 I VO festgelegt:
Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Nun kommt es tatsächlich maßgeblich darauf an, welche Strecke man zur Berechnung heranzieht. Generell ist hier noch erwähnenswert, dass sich diese nach der Großkreismethode berechnet und nicht nach der Luftlinie.
LG Landshut, Urteil vom 16.12.2015, Az. 13 S 2291/15 (im Internet kann man das Urteil bei Interesse nachlesen, wenn man bei Google eingibst: "13 S 2291/15 reise-recht-wiki.de")
Die Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung ergibt sich dabei nach der Großkreismethode aus der unmittelbaren Distanz von Ausgangsflughafen bis zum letzten Zielort.
Folgt man diesem Urteil, so müsste man die Strecke Bangkok-München zur Berechnung heranziehen. Insofern müsste dann auch 600 Euro als Ausgleichsleistung pro Person in Betracht kommen.
Problematisch könnte an dieser Stelle noch Art. 5 III der VO sein, der besagt, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen dann keine Entschädigung zahlen braucht, wenn die Verspätung nachweislich auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht, der sich auch bei Ergreifen aller notwendigen Maßnahmen nicht hätte vermeiden lassen.
Probleme an Triebwerken könnte man zu einem technischen Defekt zählen. Normalerweise ist dahingehend grundlegend kein sonderlich außergewöhnlicher Umstand zu sehen, kann je nach Einzelfall allerdings auch anders beurteilt werden.
LG Düsseldorf, Urt. v. 7. 5. 2009, Az.: 22 S 215/08 (siehe bei reise-recht-wiki.de „22 S 215/08“)
Bei der Annullierung eines Flugs aufgrund eines Triebwerkschadens, der auf einem Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftschaufeln des Triebwerks zurückgeht,kann dahingehend kein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden.
Generell rate Ich Leuten in solchen Situationen immer gerne, sich professionellen Rat von einem Fachanwalt zu holen, da jeder Fall einzigartige Umstände aufweist, die man als Laie nicht kennen kann.