Lieber Herr Grocholski,
zunächst einmal ist es richtig, dass auf Ihren betreffenden Flug die europäische Fluggastrechte-Verordnung keine Anwendung findet, da es sich um einen Flug aus einem Drittstaat in die EU handelt, der nicht von einer Fluggesellschaft der Gemeinschaft durchgeführt wurde.
Allerdings ist diese Verordnung nicht das einzige Regelwerk, welches Ansprüche eines Fluggastes bei Verspätung regelt. Eine solche Regelung befindet sich nämlich auch im Übereinkommen von Montreal, welches im Gegensatz zur EU-Verordnung in Ihrem Fall Anwendung findet, da die USA und Großbritannien beide Vertragsstaaten dieses Übereinkommens sind.
Gem. Artikel 19 dieses Übereinkommens hat der Luftfrachtführer grundsätzlich dem Reisenden den Schaden zu ersetzten, der u.a. durch die verspätete Beförderung von Reisenden entstanden ist. Voraussetzung für die Geltendmachung eines solchen Anspruches ist es allerdings, dass die Airline die Verspätung des Fluges zu verschulden hat. Dies ist gem. Artikel 19 Abs. 2 MÜ immer dann nicht der Fall, wenn der Luftfrachtführer nachweisen kann, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen. D.h. es muss im Einzelfall geschaut werden, welche Maßnahmen ein sorgfältiger Luftfrachtführer getroffen hätte, um einen Verspätungsschaden abzuwenden und ob dies auch der betreffende Luftfrachtführer getan hat oder ob seine Maßnahmen hinter diesem Maßstab zurück geblieben sind. Daher wäre es in ihrem Fall wichtig zu wissen, weshalb es zu der Verspätung auf Ihrem Flug gekommen ist. Nur mit dieser Information kann letztlich die Entscheidung getroffen werden, ob ein Verschulden der Airline vorliegt oder nicht.
Ist die Verspätung des Fluges auf ein Verschulden des Luftfrachtführers zurückzuführen, muss Ihnen als Reisender dadurch auch ein sogenannter Verspätungsschaden entstanden sein. Ein solcher ist in all den Schäden zu sehen, die allein deshalb entstanden sind, weil der Flug verspätet war. Typische Verspätungsschäden beim verpassen des Anschlussfluges sind z.B.:
-
Vergebliche Aufwendungen (z.B. Kosten für nicht stornierbare Hotelzimmer, Mietwägen, vergebliche Hin- bzw. Rückfahrt zum bzw. vom Flughafen)
-
Zusätzliche Übernachtungs- und Verpflegungskosten
-
Zusätzliche Fahrtkosten (z.B. zum Hotel wegen notwendig gewordener Übernachtung)
-
Kosten für Stornierung von Hotelzimmern, Mietwagen ect.
D.h. im Gegensatz zur europäischen Fluggastrechte-VO kennt das MÜ keinen pauschalisierten Schadenersatz bzw. Entschädigungen, sondern es verpflichtet den Luftfrachtführer nur zum Ersatz konkret entstandener Schäden. D.h. für Sie gem. Art. 19 MÜ können Sie nur Schäden gegenüber der Airline ersetzt verlangen, die ihnen konkret und aufgrund der Verspätung entstanden sind. Diese müssten Sie dann gegenüber der Airline geltend machen und auch der Höhe nach beweisen.
Außerdem wäre noch wichtig zu wissen, dass das MÜ die Airline im Fall einer Verspätung nur zum Ersatz des Schadens bis zu einer Höhe von 4694 Sonderziehungseinheiten pro Reisenden verpflichtet, d.h. ist der Schaden höher bleiben Sie als Reisender auf dem Betrag der diese Grenze überschreitet sitzen.
Ein solcher Anspruch aus dem Übereinkommen von Montreal ist grundsätzlich gegen den ausführenden Luftfrachtführer, d.h. die Airline geltend zu machen, die den Flug tatsächlich durchgeführt hat. In ihrem Fall wäre dies American Airlines.
Daher wäre mein Tipp in ihrem Fall, dass Sie sich überlegen sollten, ob und in welcher Höhe Ihnen Schäden durch die Verspätung entstanden sind und ob sie diese im Zweifelsfall auch beweisen können. Ist dies nicht der Fall oder sollten die Schäden der Höhe nach geringer ausgefallen sein als der angebotene Gutschein, wäre es meiner Ansicht nach überlegenswert, diesen zu akzeptieren.