Sie haben einen Flug von Frankfurt über Paris nach Bordeaux gebucht. Der Flug von Paris nach Bordeaux hatte jedoch eine Verspätung von 1 Stunde, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben und mit einer Verspätung von 6 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind.
Sie fragen sich nun, ob Sie dadurch einen Anspruch gegenüber der Fluggesellschaft Air France haben können. Bei einer Annullierung oder großen Verspätung können dem Fluggast Ansprüche aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung geltend machen.
In dem von Ihnen geschilderten Fall haben Sie Ihren Anschlussflug in Paris nur verpasst, weil Ihr Flug dorthin mit einer Verspätung von ungefähr 1 Stunde abgeflogen ist. Überhaupt geht es bei einer Verspätung nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort. Dazu das folgende Urteil:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie sind mit einer Verspätung von 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen in Bordeaux gelandet. Sie könnten demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Fraglich ist, inwiefern AirFrance für die Verspätung haften muss, da der erste Flug nur 1 Stunde Verspätung hatte und dieses an sich zu keinem Anspruch auf Ausgleichszahlung führen würde.
Der Europäische Gerichtshof in Brüssel (EuGH) hat am 26. Febuar 2013 in einem Urteil die Passagierrechte jedoch deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben. Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.
Ihr erster Flug hatte 1 Stunde Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben. Damit steht Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu.
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Sie haben also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen AirFrance. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Die Entfernung zwischen Düsseldorf und Los Angeles beträgt 1.166 km. Ihnen stehen Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 EUR pro Fluggast zu.