Guten Tag,
leider kam es zu einer Masse an Problemen auf ihren Flug nach Madras. Ich unterteile mein Statement erst einmal in zwei wesentliche Untergliederungspunkte:
1 - Flugverspätung
Also zunächst einmal war es wohl so, dass Sie nach einer erheblichen Abflugverspätung auch ihren Anschlussflug nicht erreichen konnten und letztendlich auch der Ersatzflug noch verspätet war. Daher sind Sie mit einer Verspätung von insgesamt zwei Tagen in Madras angekommen. Dass dies für Sie zwar ein äußerst unangenehmes Ereignis darstellt, ist klar. Rechtliche Grundlagen ergeben sich insb. aus der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004.
Der EuGH hatte 2013 festgestellt, dass auch Reisenden, die aufgrund eines verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben, ein Anspruch auf Entschädigungsleistungenaus der europäischen FluggastrechteVO zustehen. Das bedeutet, dass zunsächt ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem. Art. 7 der VO durchaus in Betracht kommt.
Die Entschädigungszahlungen sind in ihrer Höhe je nach Flugstrecke gestaffelt.
- 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
- 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
- 600 EUR bei allen anderen Flügen
Daher würde wohl eine Entschädigung in Höhe von 600 Euro fällig werden. Ausnahmsweise müsste Lufthansa dies nicht tun, wenn der Ausnahmegrund des Art. 5 III der Verordnung vorliegt. Dieser besagt, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet ist, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außer- gewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Sie schreiben, dass der erste Flug aufgrund eines defekten Triebwerks annulliert wurde. Fraglich ist, ob dies einen außergewöhnlichen Umstand darstellen könnte.
LG Düsseldorf, Urt. v. 7. 5. 2009, Az.: 22 S 215/08 (einfach bei reise-recht-wiki.de zu finden)
Bei der Annullierung eines Flugs aufgrund eines Triebwerkschadens, der auf einem Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftschaufeln des Triebwerks zurückgeht,kann dahingehend kein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden.
EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az.: 549/07 (einfach bei reise-recht-wiki.de zu finden)
Die Annullierung eines Flugs wegen eines Triebwerkschadens, der auf einem Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftschaufeln des Triebwerks zurückgeht, beruht nicht auf außergewöhnlichen Umständen, die für das betroffene Luftfahrtunternehmen die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen an die Fluggäste entfallen lassen.
Diese Urteile bestätigen wohl, dass in der Regel nicht von einem außergewöhnlichen Umstand ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der Verspätung bzw. Annullierung der anderen Flüge nennen Sie leider keine Angaben. Daher gehe ich mal davon aus, dass die 600 Euro Ihnen wohlmöglich zustehen könnten.
Nun würden Sie gerne allerdings einen weitergehenden Schadensersatzanspruch geltend machen, wahrscheinlich wegen der zusätzlichen Flugbuchung. Dies ist grundsätzlich möglich, allerdings müsste Art. 12 I der Verordnung beachtet werden. Diese Norm besagt, dass ein weitergehender Schadensersatz eventuell auf die erhaltenen Ausgleichszahlungen angerechnet werden müsste. Diesbezüglich ist auch der nächste Abschnitt wichtig:
2 - Werkzeugkoffer nicht mit liefert
Gemäß Art. 19 des Montrealer Übereinkommens muss der Luftfrachtführer den Schaden ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Nunmehr konnten Sie aufgrund des nicht gelieferten Werkzeugkoffers ihre Arbeit vor Ort nicht ausführen. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass eventuell der Verdienstausfall als finanzieller Schaden aus dem Montrealer Übereinkommen kompensiert werden könnte. Allerdings gilt regelmäßig die Haftungshöchstgrenze gem. 1.131 Sonderziehungsrechte, was ungefähr 1300 Euro entspricht.
Letztendlich sind dies nur meine persönlichen Hinweise. Im Endeffekt scheint es mir eine sehr komplexe Angelegenheit zu sein, weshalb ich tatsächlich empfehlen würde einen Fachanwalt aufzusuchen, wenn Sie Zweifel hegen.
Lesen Sie dazu auch gerne einige weitere Forenbeiträge.