Guten Tag.
Auf Ihrem Flug mit Ryanair von Alghero nach Memmingen kam es leider zu einer Annullierung aufgrund eines Fluglotsenstreiks in Frankreich. Ihnen wurde zwar ein Ersatzflug angeboten, jedoch kam dieser zeitlich für Sie nicht in Frage. Deshalb buchten Sie sich selbst einen alternativen Flug.
Nun wüssten Sie gern, ob Sie die zusätzlichen Kosten von Ryanair zurück verlangen könnten.
1 – Anspruch auf Entschädigung aufgrund Annullierung
Wenn ich das Wort Annullierung lese, denke ich sofort an Art. 5 der europäischen Fluggastrechteverordnung. Diese enthält nämlich die verschiedenen Rechte und Pflichten, die auf Flugreisende in solchen Fälle zu kommen. Oftmals ist für die Flugreisenden der Anspruch auf Ausgleichsleistungen als eine Art Entschädigung der interessanteste. Dieser bemisst sich im übrigen gem. Art. 7 I der VO wie folgt:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Zu beachten ist, dass mit Entfernung nicht die Luftlinie gemeint ist, sondern die Strecke, die man an Hand der Großkreismethode messen kann. Dazu können Sie nähere Informationen ganz einfach im Internet finden. Problematisch könnte in diesem Fall allerdings sein, dass Ryanair und auch alle anderen Luftfahrtunternehmen Ausgleichszahlungen wegen einer Annullierung dann nicht zahlen müssen, wenn außergewöhnliche Umstände die Ursache waren. Nun fragt man sich, was genau eigentlich diese außergewöhnlichen Umstände sind. Auch dazu gibt die Fluggastrechteverordnung Aufschluss. Zu nennen ist insbesondere Art. 5 III der VO:
„Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außer- gewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Konkretisiert wird diese Norm durch Erwägungsgrund 14 der VO:
„Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbe- dingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicher- heitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.“
2 - Fluglotsenstreik im Ausland
Wie Sie den obigen Ausführungen entnehmen konnten, zählen auch Streiks zu den Gegebenheiten, die grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand darstellen können. Bei Ihnen lag insbesondere ein Fluglotsenstreik vor. Dieser geschah allerdings nicht an dem Flughafen in Italien, sondern vielmehr in Frankreich, also einem Drittland, der nichts direkt mit ihrer Route zu tun hatte. Interessant erscheinen mir deshalb folgende Urteile, die man ganz einfach auf der Website „reise-recht-wiki.de“ im Volltext finden kann:
AG Hannover, Urt. v. 18.04.2012, 416 C 12559/11
Ein Streik der Fluglotsen im Ausland (also nicht im Start- oder Zielland) ist normalerweise ein Ereignis, das die Flugtätigkeit zwischen anderen Ländern nicht betreffen sollte. Sollte sich die Fluggesellschaft damit entlasten wollen, wird sie wieder erklären müssen, inwiefern genau der Streik im Ausland sich auf andere Flüge ausgewirkt hat.
AG Frankfurt a. M., Urt. v. 8.12.2011 - 32 C 2066/11
Beruft sich ein Luftfahrtunternehmen auf einem Fluglotsenstreik als "außergewöhnlichen Umstand", muss es darlegen, welche konkreten Auswirkungen des Streiks hier ursächlich für die Verspätung des gebuchten Flugs gewesen sein sollen.
Konkret bedeutet dies, dass Ryanair belegen muss, warum der konkrete Flug in Italien nicht starten konnte. Ich kann mir vorstellen, dass dies mit der betrieblichen Organisation Ryanairs in Zusammenhang steht. Allerdings dürfen solche betrieblichen Planung des Flugumlaufs nicht zu Lasten der Flugreisenden gehen. Deshalb kann ich mir sehr gut vorstellen, dass Sie einen Anspruch haben.
3 – Erstattung zusätzlicher Kosten
Bei einer Annullierung ist auch Art. 8 der VO nicht zu übersehen. Demnach haben Reisende ein Wahlrecht zwischen einer alternativen Beförderung und der Flugkostenrückerstattung. Sie haben sich für letzteres entschieden. Damit entfällt allerdings auch der Anspruch auf die Beförderung durch Ryanair. Daher muss die Luftfahrtgesellschaft meiner Meinung nach nicht für die zusätzlichen Kosten des neuen Fluges oder die Transportkosten dahin aufkommen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen einige Tipps und Hinweise geben. Allerdings bin ich natürlich auch keine Experten. Bei schwierigen Sachverhalten ist es deshalb immer ratsam einer Fachanwalt oder eine Fachanwältin aufzusuchen. Ebenso können andere Erfahrungsberichte aus dem Forum helfen.