Hallo,
leider hatten Sie auf dem Flug von Deutschland über Paris mach Nordafrika Verspätung auf dem Vorflug erlitten. Denn dieser ist mit einer drei-stündigen Verspätung abgeflogen. Daher konnten Sie leider Ihren Anschlussflug nicht rechtzeitig erreichen und konnten erst am nächsten Tag die Reise fortsetzen. Nun fragen Sie sich, ob Sie eine Entschädigung verlangen können. Air France beruft sich dahingehend auf Air Traffic Control Restrictions.
Zunächst möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass bei Nur-Flug-Verbindungen die rechtlichen Grundlagen in der Regel in der europäischen Fluggastrechteverordnung 261/2004 zu finden sind. Diese sowie die vorgestellten Urteile können sie ganz einfach auf der Website „reise-recht-wiki“ finden.
Es ist aktuell höchstrichterlich anerkannt, dass Flugreisende, die mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden an ihrem letzten Endziel ankommen, ebenso Ansprüche aus dieser Verordnung geltend machen können. Es kommt also nicht auf die Abflugverspätung an, sondern die Verspätung, mit der Sie erst in Nordafrika gelandet sind. Da Sie erst einen Tag später weiter fliegen konnten, ist die Verspätung also sehr erheblich und hat die 3-Stunden-Marke längst überschritten. Daher könnte hier ein Anspruch aus Art. 7 auf Ausgleichsleistungen in Frage kommen.
Dieser ist ein Entschädigungsanspruch, staffelt die Höhe aber je nach Flugstrecke der Reisenden wie folgt:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Problematisch ist an dieser Stelle, dass sich Air France auf Air Traffic Control Restrictions beruft.
EuGH, Urteil v. 19.11.2009, C-402/07 und C-432/07
Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt. Ein technischer Defekt des Flugzeugs zählt nicht als „Außergewöhnlicher Umstand“. (einfach zu googlen "C-402/07 reise-recht-wiki.de" und "C-432/07 reise-recht-wiki.de")
Man muss nun also klären, ob diese Restrictions einen außergewöhnlichen Umstand iSd. Art. 5 III der Verordnung darstellt. Ein außergewöhnlicher Umstand kann n. Erwägungsgrund 15 der VO auch in folgenden Fall vorliegen:
„Wie nach dem Übereinkommen von Montreal sollten die Verpflichtungen für ausführende Luftfahrtunternehmen in den Fällen beschränkt oder ausgeschlossen sein, in denen ein Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbe- dingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luft- fahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.“
Fraglich ist also, ob diese Air Traffic Control Restrictions solche Entscheidungen der Luftverkehrskontrolle darstellen und daher als außergewöhnlicher Umstand zu werten sind.
Ich habe ein bisschen recherchiert und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es wohl auf den genauen Grund ankommt, warum der Flug im Konkreten nicht starten konnte. Muss bspw. der Start verschoben werden, weil kurz vor Abflug ein anderes Flugzeug auf der Startbahn ein Unfall hatte, ist dies als außergewöhnlicher Umstand zu werten, wenn der Start nicht auf einer anderen Bahn nicht möglich war, vgl. AG Köln, Urt. v. 24.06.2013, Az.: 131 C 89/12.
Da unter den Begriff Air Traffic Control Restrictions leider sehr viele Punkte fallen können, ist es hier nicht einfach eine Tendenz zu finden. Deshalb ist es angesichts dieser komplexen Sachlage sicherlich ratsam sich lieber an einen Anwalt vom Fach zu wenden, der sich mit solchen speziellen Fällen bereits auskennt.