Sie wollten einen Flug von Rio über Lissabon nach Köln wahrnehmen. Der Flug von Rio nach Lissabon würde jedoch annulliert und Sie wurden auf einen anderen Flug umgebucht. Damit kamen Sie im Endeffekt mit einer Verspätung von 1 Stunden und 15 Minuten an Ihrem Zielflughafen an. Sie fragen sich, welche Ansprüche Ihnen nun zustehen.
Ihr erster Flug wurde annulliert. Dadurch könnten Ihnen Ansprüche aus der EU Fluggastrechte Verordnung zustehen:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az C-83/10 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Es könnte Ihnen dadurch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung zustehen.
Im Falle einer Flugannulierung könnten Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der EU-VO Nr. 261/2004 zustehen.
Sie stellen sich wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €
Nun ist in Ihrem Fall jedoch problematisch, dass es sich zwar um eine Annullierung des gebuchten Fluges handelt. Sie aber mit einer Verspätung von unter 2 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind. Fraglich ist, ob Ihnen trotzdem noch Ansprüche aus der Verordnung zukommen. Dazu folgende Urteile:
BGH, Urt. v. 10.10.2017, Az: X ZR 73/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: X ZR 73/16 reise-recht-wiki" eingeben)
Bietet eine Fluggesellschaft im Fall einer Annullierung eine alternative Beförderung zum Zielort an, gilt es hinsichtlich des annullierten Fluges nach wie vor als ausführendes Luftfahrtunternehmen.
Nur wenn eine angebotene alternative Beförderung dem Fluggast tatsächlich ermöglicht das Endziel innerhalb des in der Fluggastrechte-Verordnung vorgegebenen Rahmens zu erreichen, wird die Fluggesellschaft von ihrer Pflicht zur Ausgleichszahlung befreit.
LG Hannover, Urt. v. 09.02.2015, Az: 14 S 53/14 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 14 S 53/14 reise-recht-wiki" eingeben)
Ein Entschädigungsanspruch im Fall einer Annullierung oder großer Verspätung entsteht nicht, wenn ein Fluggast durch eine anderweitige Beförderung einen Zeitverlust von unter 3 Stunden erleidet.
Diese Urteile besagen, dass im Falle einer Annullierung dann der Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt, wenn der Fluggast mit einer anderweitigen Beförderung noch in dem von der Verordnung vorgegeben Rahmen ankommt. Sie hatten an Ihrem Zielflughafen lediglich eine Verspätung von 1 Stunde und 15 Minuten. Daher haben Sie meines Erachtens leider keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen.
Dieser Beitrag stellt jedoch nur eine Rechtsmeinung dar. Da es sich bei dir um einen sehr komplexen Fall handelt, könnte sich das zu Rate ziehen eines Experten als hilfreich erweisen.