Dein Flug wurde annulliert, und du wurdest leider erst am Vortag informiert, als du vergeblich versuchtest online einzuchecken und schließlich die TAP Hotline anriefst. Ihr habt eine Umbuchung auf 6 Uhr frühs als Alternative angenommen, und bekamt 93 Euro von TAP erstattet.
Du fragst dich, ob ihr weitere Ansprüche habt.
Ich denke dabei erst einmal an Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Euer Flug wurde ja, auch laut TAP, storniert, und insofern kann man denke ich davon ausgehen, dass euch Ansprüche aus Artikel 5 EU-VO zustehen.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.
Eine Flugstornierung, sodass ein Flug nicht mehr existiert, erfüllt denke ich die obige Voraussetzung.
Das Angebot von TAP klingt für mich auch nach einem Angebot ganz im Sinne von Artikel 8 EU-VO, auf das Artikel 5 EU-VO unter Anderem verweist:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, (...)
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Dieses Angebot habt ihr angenommen.
Daneben könnte es aber auch sein, dass ihr einen Anspruch aus Artikel 7 EU-VO geltend machen könnt:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei einer Annulierung kann unter Umständen ein solcher Anspruch auf Ausgleichszahlungen bestehen. Dazu müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Einmal muss man weniger als zwei Wochen im Voraus über die Annulierung informiert worden sein, und dann darf die Annulierung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgehen, so Artikel 5.
Du wurdest am Vortag informiert, und diese Frist wurde insofern unterschritten. Aber dazu außerdem Artikel 5:
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Wäre dir also ein Flug angeboten worden, der die in dem oben genannten Maße erlauben würde deinen Zielort zu erreichen, dann würden Ansprüche aus Artikel 7 noch entfallen. Dies ist aber nicht der Fall, du solltest statt um 6 ja eigentlich um 13:30 starten.
Insofern würde der Anspruch deshalb schonmal nicht enfallen.
Von außergewöhnlichen Umständen kann ich deiner Nachricht auch nichts weiter entnehmen.
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07
Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt.
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 - Az.: C 549/07 - (einfach zu finden bei Google unter Az.: C 549/07 im "reise-recht-wiki")
Außergewöhnliche Umstände sind Vorkommnisse, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
Vielleicht informierte dich TAP auch nicht über Gründe. Insofern würde ich dies erst einmal hinten anstellen.
Die Entfernung von Hamburg nach Lissabon beträgt etwa 2,600km. Insofern kommen für euch denke ich jeweils eine Entschädigung von 400 Euro pro Person in Betracht, ganz im Sinne von Artikel 7 der EU-VO.
Die euch gewährten 93 Euro erscheinen mir persönlich vor diesem Hintergrund etwas dürftig, und ihr könnt ja versuchen eure Ansprüche aus Artikel 7 EU-VO noch einmal geltend zu machen.