Guten Tag,
da hatten Sie ja nochmal großes Glück gehabt. Nach diesem Unfall und der vergeudeten Zeit auf Ibiza fragen Sie sich nun, ob eventuell ein Anspruch auf eine Rückerstattung des Reisepreises oder Schadensersatz gegen den Reiseveranstalter dertour möglich ist.
Es handelt sich also um einen Unfall, der sich auf der Fahrt zum Hotel vom Flughafen ereignet hat. Ein Geisterfahrer ist frontal in ihren Transferwagen hereingefahren, weshalb Sie die komplette Zeit im Krankenhaus verbringen mussten und ihre Frau zumindest auch für einige Tage.
Die von ihnen beschriebenen Ansprüche kommen gemäß den Reiserecht, welches in §§ 651 a ff. BGB geregelt ist jedenfalls dann in Betracht, wenn die Reise mit einem Mangel behaftet ist. Die negative Definition eines Reisemangels ist in §651 i Abs. 2 BGB zu finden:
Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten oder wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann.
Fraglich ist nun, ob der Unfall einen solchen Mangel an der Reise darstellt. Regelmäßig muss ein solcher in der Verantwortungssphäre des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen zu finden sein.
Da ich nicht genau weiß, wie man dies hinsichtlich eines Urteils zu bewerten hat, habe ich diese Urteile auf Reise-recht-wiki.de gefunden, die sehr aufschlussreich sind:
AG Neuss, Urt. v. 17.02.2015, Az.:75 C 3139/14:
Der Sachverhalt beläuft sich darauf, dass ein Ehepaar eine Pauschalreise in die Türkei buchte. Auf dem inbegriffenen Bustransfer vom Flughafen kam es zu einer Kollision mit einem Geisterfahrer, bei dem der Ehemann verletzt wurde, sodass für beide Eheleute der Nutzen der Reise aufgehoben war.
Die RichterInnen gaben der Klage statt, da eine Reise durch einen Unfall mängelbehaftet wird. Laut deren Auffassung, sei es für das Vorliegen eines Mangels nicht entscheidend, ob der Reiseveranstalter diesen auch verschuldet hat. Das war vorliegend nicht der Fall, weil der Geisterfahrer Unfallverursacher war. Jedoch konnte als Folge des Unfalls die Reise nicht mit den vertraglich zugesicherten Eigenschaften geleistet werden.
Daraufhin ging die Beklagte allerdings in Berufung und es kam zu folgenden Urteil:
LG Düsseldorf, Urt. v. 09.10.2015, Az.:22 S 89/15:
Das LG Düsseldorf sah in dem Urteil hingegen keinen Reisemangel im Sinne des deutschen Reiserechts. Es wurde festgestellt, dass der rechtliche Mangelbegriff an sich keine Schuldfrage stellt, sondern Risikosphären unterscheidet. Demnach zählt die Kollision mit einem Geistesfahrer zum allgemeinen Lebensrisiko, für das der Reisedienstleister nicht haftbar gemacht werden kann.
Während das AG Neuss in der ersten Instanz noch dem so genannten weiten Mangelbegriff folgte, entschied sich das LG Düsseldorf dazu eine Abgrenzung nach Risikosphären vorzunehmen. Insofern wurde dieser Unfall eher dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet. Bei einem Unfall mit einem „Geisterfahrer“ folge die Beeinträchtigung der Reise allein aus einem Eingriff von außen durch das vorsätzlicher Verhalten Dritter. Zwar ist für eine Haftung des Veranstalters (hier wäre das dertour) nicht zwingend notwendig, jedoch müsse berücksichtigt werden, dass auch im privaten Alltag des Reisenden theoretisch ständig Gefahren zufällig eintreten könnten. Würde man dem entgegensprechen, so würde man die reisvertragliche Gewährleistung zu einer reinen „Garantie- oder Erfolgshaftung“ machen.
Insofern ist das letzte Urteil wohl auch zur Betrachtung ihres Vorfalls heranzuziehen. Was passiert ist, ist zwar sehr schlimm, allerdings ist es m. E. nach auch korrekt, dass der Reiseveranstalter nicht für ein allgemeines Lebensrisiko haften kann.
Allerdings könnte ich mir auch vorstellen, dass es angesichts der Komplexität des Vorfalls, auch nicht schlecht wäre, ebenso einen Fachanwalt zu befragen.