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Anspruch auf die kompletten Stornogebühren?

Meine Frau, unser 11-jähriger Sohn und ich wollten unseren Urlaub in Tunesien verbringen. Da wir Sonnenanbeter sind und es lieben im Meer zu schwimmen, war für uns Tunesien das perfekte Reiseziel.
Also buchte ich eine Pauschalreise mit der Dauer von 2 Wochen in Djerba im Hotel Sentido Djerba Beach inklusive Reiserücktrittsversicherung beim Reiseveranstalter Bucher. Der Flug nach Djerba war ebenfalls inklusive und wir sollten mit Nouvelair Tunisie Flug BJ2069 um 16:20 Uhr von Berlin nach Djerba fliegen. Ankunft in Djerba war um 18:30 Uhr vorgesehen. Doch so viel Glück sollten wir dieses Jahr nicht haben, um unseren Urlaub antreten zu können.

5 Tage vor unserer Abreise zog sich unser Sohn beim Spielen eine Nasenbeinfraktur zu. Wir fuhren sofort ins Krankenhaus, wo er ambulant versorgt wurde. so wurde seine Blutung gestillt und es waren keine operativen Maßnahmen erforderlich. 2 Tage später bei der Kontrolluntersuchung, wurden keine Auffälligkeiten festgestellt und der Arzt war der Meinung, dass unsere Tunesienreise problemlos möglich sei. Jedoch änderte sich die Prognose.

Als wir 1 Tag vor der Abreise zur Abschlussuntersuchung kamen, wurde uns mitgeteilt, dass die Nase doch operativ begradigt werden musste, eine Reise aber trotz OP möglich sei. Erst nach der OP wurde festgestellt, dass die Nasenscheidewand eingerissen war und die Nase einblutete. So konnten wir auf keinen Fall reisen, das wurde uns nahegelegt. Aus diesen Gründen war ich gezwungen, die Reise unmittelbar vor Reiseantritt zu stornieren. Es fielen Stornogebühren in Höhe von 3000€ an, von denen mir aber lediglich 1600€ erstattet wurden.

Die Versicherung ist jedoch verpflichtet mir nicht nur 65% des Reisepreises abzüglich Selbstbeteiligung zu erstatten, sondern 90%. Deshalb habe ich die Versicherung zur Zahlung aufgefordert. Dies wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die Reise nicht unverzüglich storniert wurde. also sofort nach Eintritt der Unfallverletzung unseres Sohnes. Das Risiko einer rechtzeitigen Wiedergenesung und eines günstig und komplikationslosen Heilungsverlaufs sei nicht vom Versicherungsschutz erfasst. Bei operativen Eingriffen ist stets mit ernsthaften Komplikationen zu rechnen.

Stimmt das? Hat die Versicherung recht oder habe ich einen Anspruch?
Gefragt in Rechtsberatung von
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2 Antworten

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Guten Tag,

Eine Reiserücktrittsversicherung kommt für die Kosten eines Reiserücktritts auf. Dabei werden zumeist jedoch nur spezielle Fälle, wie z.B. eine unerwartete schwere Erkrankung, bedacht. 

Bei anderen Fällen kommt es dann zum Streit zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung. Meistens behauptet die Versicherung dann das der Stornierungsgrund nicht durch die Versicherung gedeckt ist bzw. man nicht früh genug storniert hat. Manchmal irrt sich die Versicherung dann allerdings und wird trotzdem zur Kasse gebeten. 

Ob dies auch in deinem Fall so ist, die Versicherung also doch die Kosten übernehmen muss, möchte ich anhand des folgenden Urteils verdeutlichen. 

Dabei geht es mir um das Urteil des Amtsgerichts in München vom 11.9.2008. Dieses Urteil kannst du bei Interesse selbstverständlich auch nachlesen unter: "257 C 9001/08 reise-recht-wiki.de".

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Mann buchte für sich und seine Familie eine Reise mit Reiserücktrittsversicherung nach Djerba. Danach hatte der Sohn einen Sportunfall und erlitt eine Nasenbeinfraktur, die zunächst ambulant behandelt wurde. Als sich später jedoch herausstellte, dass eine operative Begradigung des Nasenbeins notwendig wurde, stornierte der Mann die Reise kurz vor Reiseantritt. 

Entschieden hat das Gericht in diesem Fall wie folgt:

Ein Nasenbeinbruch stelt im Regelfall keine schwere Erkrankung im Sinne der allgemeinen Vertragsbedingungen der Reiserücktrittsversicherung dar, da eine operative Behandlung normalerweise nicht erforderlich ist. 

Wenn allerdings klar wird, dass eine Operation erfolgen muss, berechtigt dass zur Stornierung. Der Versicherungsnehmer muss auch erst dann die Reise stornieren und die Versicherung kann nicht einwenden, dass eine frühere Stornierung nötig gewesen wäre und nur anteilige Kosten erstatten. 

Aufgrund dieses Urteils bin ich zu der Meinung bewogen, dass ihr euch vollkommen richtig verhalten habt und die Reise auch nicht unverzüglich stornieren musstet. Daher sehe ich die Versicherung in der Pflicht euch die Stornogebühren in Höhe von 90% zu erstatten. 

Für weitergehende Informationen könnte euch ein Rechtsanwalt weiterhelfen.

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Sie haben einen Pauschalreise inklusive einer Reiserücktrittversicherung gebucht. Nun hat sich Ihr Sohn einige Tage vor der Reise die Nase gebrochen. Erst einige Zeit später wurde festgestellt, dass eine Operation erfolgen muss. Diese verlief dann aber auch nicht wie geplant, so dass Sie Ihre Reise kurzfristig stornieren mussten. 

Nun will die Versicherungen Ihnen jedoch nur einen Teil der Kosten erstatten und Sie fragen sich, ob dies rechtens ist oder Ihnen der Anspruch für die gesamten Kosten zusteht. Zu einem ganz ähnlichen Fall hat 2008 das AG München entschieden: 

Der Kläger buchte für sich und seine Familie einen Urlaub auf der tunesischen Insel Djerba für die Zeit vom 24.09.2007 bis zum 08.10.2007. Zusätzlich schloss er eine Reiserücktrittsversicherung ab. 5 Tage vor Reiseantritt brach sich sein 11-jähriger Sohn sein Nasenbein, am Tag des Reiseantritts wurde sein Nasenbein operativ begradigt. Unmittelbar vor Reiseantritt trat der Kläger von der Reise zurück. Die Versicherung zahlte 1.670,24 EUR statt der Gesamtsumme i.H.v. 2.589,44 EUR. Der Kläger forderte vor Gericht die Zahlung des Differenzbetrags von der Versicherung.

Das AG München gab dem Kläger teilweise Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 644,96 EUR. Der Restbetrag gilt als zulässiger Selbstbetrag des Klägers. Hier nochmal das Urteil: 

AG München, Urt. v. 11.09.2008, Az: 275 C 9001/08 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 275 C 9001/08 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Ein Nasenbeinbruch, der eine notwendige operative Maßnahme nach sich zieht, ist eine unerwartete schwere Erkrankung, mit der Folge der Unzumutbarkeit des Reiseantritts.

Enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Reiserücktrittskostenversicherung eine Klausel über einen zu leistenden Selbstbehalt des Versicherungsnehmers, ist dies keine überraschende Klausel i.S.v. § 305c BGB.

Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass ein Nasenbeinbruch mit einer Operation eine unerwartete schwere Erkrankung darstellt und Sie nicht hätten früher stornieren müssen. Ich denke, dass Ihnen daher ein Anspruch auf die Erstattung der zusätzlichen Kosten zusteht.

Da dieser Beitrag jedoch nur eine Rechtsmeinung darstellt, können weitergehende Informationen wahrscheinlich am besten von einem Anwalt für Reiserecht vermittelt werden.

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