Lieber Fragesteller,
es tut mir natürlich leid, dass ihr Urlaub alles andere so gelaufen ist, wie geplant.
Da sind Sie auch leider nicht die ersten Pauschalreisenden, denen es so geht. Deswegen möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass es schon eine Menge ähnlicher Fragen in diesem Forum gibt, bei welchen Sie sich auch informieren und eventuell austauschen können, wie z.B. dieser Beitrag:
http://flugrechte.eu/13687/reiseveranstalter-hotelzimmerzugang-hotelzimmer-mangelhaft
Nun zu ihren Fragen.
Besteht möglicherweise ein Anspruch auf eine Entschädigung?
Zunächst mal zur allgemeinen rechtlichen Grundlage. Ich gehe mal davon aus, dass es sich um eine Pauschalreise handelt. Demnach sollten Sie sich die §§ 651 a ff. BGB mal genauer anschauen, denn diese Normen behandeln das deutsche Reiserecht. Da die Reise vorliegend bereits abgeschlossen ist, kommen nur Möglichkeiten in Betracht, die man noch im Nachhinein durchsetzen kann. Insbesondere interessant erscheint hier wohl der Anspruch auf eine Reisepreisminderung aus § 651 i BGB:
„Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen.
Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann.“
Nun ist wohl hier der Fall eingetreten, dass die Reise nicht die verschiedenen Beschaffenheiten aufwies, wie Sie es eigentlich erwartet haben. Daher müsste man nun klären, welche Beanstandungen denn tatsächlich einen Reisemangel darstellen und wie hoch die Minderung ausfallen könnte. Alle nachfolgenden Urteile finden Sie auf der Website reise-recht-wiki.de .
Falsches Zimmer:
AG Kleve, Urt. v. 06.04.2001, Az: 36 C 47/01
Muss ein Reisender unzumutbar lang auf die Bereitstellung des gebuchten Zimmers warten, verringert sich der Tagesreisepreis um 30%.
Kein Balkon mit Meerblick:
AG Duisburg, Az.: 53 C 4617/09:
Das zugewiesene Zimmer war ohne Meerblick, obwohl dieses vorher ausdrücklich angepriesen wurde. Dies berechtige zu einer Minderung zu 7% des Reisepreises.
Schimmel im Zimmer:
LG Hamburg, Urt. v. 30.04.1999, Az.: 313 S 183/98
Bei einem Schimmelpilzbefall im Badezimmer oder im Hotelzimmer kann eine Minderung in Höhe von 3%-30% abhängig vom Ausmaß des Befalls in Betracht kommen.
Gestank im Zimmer:
AG Charlottenburg, Az. 206 C 47/16
Täglicher Baulärm von morgens bis abends verbunden mit Geruchsbelästigungen in einem 4*- Stadthotel kann zu einer Minderung bis zu 25% führen.
Lautstärke Nachts:
LG Kleve, Az.: 6 S 23/96:
Lärm durch Barmusik bis 1.00 Uhr nachts kann zu einer Minderung bis zu 20 % führen, wenn im Prospekt ein ruhiges Ferienhotel ausgewiesen war.
Umzug in anderes Zimmer:
LG Hamburg, Urt. v. 30.04.1999, Az.: 313 S 183/98
Der Umzug innerhalb der Hotelanlage kann je nach Aufwand eine Minderung zwischen 0 bis 50 % des jeweiligen Tagesreisepreises für den betroffenen Tagnach sich ziehen.
Schmutziges Zimmer:
LG Duisburg, Urt. v. 20.11.2003, Az: 12 S 176/03
Der Kläger nahm den Reiseveranstalter auf Reisepreisminderung in Anspruch. Der Reisende buchte über den Reiseveranstalter ein Hotelzimmer, welches sehr verdreckt war. Ein Ausweichquartier war ebenso sehr verschmutzt. Der Kläger rügte dies vor Ort und reiste vorzeitig ab.Das Landgericht Duisburg ließ die Klage zu und sprach dem Kläger eine Preisminderung zu.
Undichte Dusche:
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.07.2009, Az.: 2-24 S 16/09
Bei einer eingeschränkten Wasserversorgung im Zimmer wurde eine Minderung von 20-25% bejaht.
Schlechtes Essen:
AG Duisburg, Az.: 33 C 3805/07
Allein die Eintönigkeit des Essens berechtigt zu keiner Minderung des Reisepreises.
Bei den angegebenen Minderungshöhen handelt es sich um Informationen, die ich aus der Frankfurter Tabelle entnommen haben. Wie hoch eine Minderung tatsächlich ausfällt, ist allerdings grds. einzelfallabhängig. Die Tabelle schildert lediglich Richtwerte.
Sollte die Minderung letztendlich 50% erreichen, so könnte man auch über einen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund entgangener Urlaubsfreuden geltend machen.
Wie sieht es mit einer Klage aus?
Die Ansprüche müssten Sie in erster Linie gegen den Reiseveranstalter wenden. Die Gerichtszuständigkeit ergibt sich glaube ich aus den §§ 12 ff. ZPO.
Letztendich handelt es sich hierbei um einer sehr komplexe Angelegenheit. Deshalb ist es in einen solchen Fall meiner Meinung nach fast unerlässlich sich an einen Fachanwalt zu wenden.