Hallo,
das ist tatsächlich eine sehr interessante Frage und ist nicht allzu einfach zu beantworten. Ich werde es trotzdem einmal versuchen.
Du fragst also, welches Gericht zuständig ist, wenn eine Ltd. in Deutschland die Hauptverwaltung und in Großbritannien einen sogenannten Briefkastensitz hat.
Zu dieser Frage habe ich ein passendes Urteil gefunden, das einen sehr ähnlichen Sachverhalt geklärt hat:
BGH, Urt. v. 27.06.2007, Az: XII ZB 114/06 (einfach zu finden, wenn du auf Google BGH XII ZB 114/06 reise-recht-wiki.de“ eingibst):
Verfügt eine Gesellschaft über einen Gerichtsstand im Inland so ist 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG nicht anwendbar.
Der Gerichtsstand in einem anderen EU-Mitgliedsland ist irrelevant, wenn ein Gerichtsstand im Inland besteht.
In diesem Fall ist eine Berufung beim Landgericht einzulegen
Grundsätzlich ist es so, dass § 119 Absatz 1 Nr. 1b GVG in solchen Fällen Anwendung findet:
(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
1. der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a) in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b) in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
Nach der genannten Vorschrift sind die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit außerhalb Deutschlands hatte.
In deinem Fall ist es allerdings so, dass der allgemeine Gerichtsstand der Gesellschaft nicht außerhalb Deutschlands liegt.
Dadurch, dass sich die Hauptverwaltung in Bochum befindet, hatte die Gesellschaft einen allgemeinen Gerichtsstand auch in Deutschland. Dies lässt sich aus Art. 60 Abs. 1 lit. b EuGVVO ableiten:
(1) Gesellschaften und juristische Personen haben für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich
a) ihr satzungsmäßiger Sitz,
b) ihre Hauptverwaltung oder
c) ihre Hauptniederlassung
befindet.
Die Hauptverwaltung ist hierbei der Ort, an dem die Willensbildung und die eigentliche unternehmerische Leitung der Gesellschaft erfolgt. Also in deinem Fall in Bochum, weil sich hinter der Adresse in Birmingham lediglich ein Briefkastensitz befindet.
Das bedeutet auch, dass die Gesellschaft ihre Geschäfte ausschließlich und unmittelbar in Deutschland über die eingetragene Zweigniederlassung in Bochum führt. Daraus ergibt sich, dass die Geschäftsführung nicht von England aus erfolgt, sondern unmittelbar in Deutschland vorgenommen wird. In Deutschland wurden somit auch die jeweiligen unternehmerischen Entscheidungen getroffen. Daraus folgt, dass sich die Hauptverwaltung der Gesellschaft bei Eintritt der Rechtshängigkeit im Inland befindet, so dass die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt einen allgemeinen Gerichtsstand nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in Deutschland hat.
Auch aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen ist es angebracht, § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG in der Weise auszulegen, dass der Zugang zum Berufungsgericht für ausländische Gesellschaften im Vergleich zu inländischen möglichst nicht erschwert wird.
Dieses Recht könnte durch eine Zuständigkeitsregelung verletzt werden, die im Gegensatz zur Regelung bei rein innerstaatlichen Fällen nicht klar und eindeutig ist, sodass es für die betroffene ausländische Gesellschaft oder Vertragspartei erforderlich ist, sicherheitshalber Berufung sowohl beim Land- als auch beim Oberlandesgericht einzulegen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Ltd. durchaus in Deutschland verklagt werden kann und bei eventueller Berufung, ist hier das Landesgericht zuständig. Allerdings handelt es sich hier nur um meine Rechtsmeinung, die keine Rechtsberatung eines Anwalts ersetzen soll.