Hallo,
am 20.12. wollen Sie von Stuttgart nach Cancun fliegen und haben dazu einen Flug gebucht, der allerdings um 24 Stunden vorverlegt wurde. Dadurch haben Sie einen 12-stündigen Aufenthalt in Miami über Nacht. Nun fragen Sie, ob die Nacht in einem Hotel bezahlt wird, bzw. was Sie dagegen tun können.
Ich denke, hier hilft die Europäische Fluggastrechteverordnung weiter. Die Verordnung regelt unter anderem, welche Rechte einem Fluggast im Falle einer Annullierung zustehen.
In Ihrem Fall liegt meiner Meinung nach eine Annullierung vor. Zur Veranschaulichung habe ich ein Urteil des EuGH vom 13.10.2011 gefunden (Az. C-83/10), das den Begriff der annullierung etwas genauer beschreibt:
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn der Flug nicht mehr so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben werden muss. Sollte der Flug auf einen anderen Tag verlegt werden, so sei darin laut EuGH ebenfalls eine Annullierung zu sehen.
Dadurch, dass Ihr Flug auf den Vortag verlegt wurde, liegt hier laut EuGH also eine Annullierung vor, wodurch Ansprüche entstanden sein könnten, die Sie gegenüber der Airline geltend machen könnten. Voraussetzung ist allerdings, dass eine gewisse Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird, damit die Flugverschiebung auch tatsächlich eine Annullierung darstellt.
Hierzu habe ich das folgende Urteil gefunden:
AG Hannover, Urteil vom 11.4.2011, Az. 512 C 15244/10
Wird ein Flug um mehr als 10 Stunden vorverlegt, so entstehen für den betroffenen Fluggast Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung, da eine solche Vorverlegung des Fluges einer Annullierung entspricht.
Die Vorverlegung eines Fluges muss also mindestens 10 Stunden betragen. In Ihrem Fall sind es sogar 24 Stunden, weshalb hier also von einer Annullierung die Rede sein kann.
Ansprüche, die aus einer Annullierung resultieren, werden in Artikel 5 der Verordnung geregelt. Dort heißt es:
Bei einer Annullierung des Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 angeboten
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
(i) sie werden über die Annullierung mindestens 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet.
Sie haben zuerst die Frage aufgeworfen, wer die Hotelkosten übernimmt, weshalb ich hier auch zuerst auf diese Frage eingehen werde:
Die Betreuungsleistungen, die eine Airline leisten muss, sind in Artikel 9 der Verordnung festgehalten:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
(2) Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.
(3) Bei der Anwendung dieses Artikels hat das ausführende Luftfahrtunternehmen besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen sowie auf die Bedürfnisse von Kindern ohne Begleitung zu achten.
Laut diesem Artikel haben Sie also einen Anspruch darauf, dass die Airline Ihnen die Nacht im Hotel bezahlt.
Dazu auch folgendes Urteil:
AG Dortmund, Urteil vom 4.3.2008, Az. 413 C 11621/07 (bei Google einfach eingeben: "413 C 11621/07 reise-recht-wiki.de"):
Entstehen durch eine Annullierung zusätzliche Hotelkosten für den Fluggast, muss die Airline die Kosten tragen.
Auf Ihre Frage, was Sie sonst tun können, hilft ein Blick in Artikel 8 der Verordnung:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit
– einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Laut diesem Artikel steht Ihnen eine anderweitige Beförderung zu, sollten Sie die Angebotene nicht wahrnehmen wollen. Sollte die Airline dieser Aufforderung innerhalb einer angemessenen Frist nicht reagieren oder keine zufriedenstellende Alternative bieten, dürfen Sie sich selbst einen Flug buchen und die Kosten von der Airline erstattet verlangen.
Weil in Artikel 5 die Rede von einer Ausgleichszahlung ist, wenn der Flug annulliert wurde, gehe ich der Vollständigkeit halber auch darauf ein:
Artikel 7 der Verordnung sieht vor, dass die Fluggäste eine Entschädigung verlangen können, wenn der Flug annulliert wurde. Jedoch besteht hier eine Einschränkung. Der Fluggast muss 2 Wochen vor dem geplanten Abflug informiert werden. Da Sie erst am 20.12.2018 fliegen wollen, hat die Airline diese Frist eingehalten. Meiner Meinung nach, steht Ihnen also kein Anspruch auf Entschädigung zu, weil die Airline die Frist gewahrt hat, Sie über eine Flugänderung u informieren.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass Sie einen Anspruch auf Erstattung der Hotelkosten haben, sollten Sie den Flug so antreten wollen. Sollten Sie den Flug nicht wahrnehmen wollen, dürfen Sie von der Airline einen alternativen Flug verlangen oder sogar selbst buchen, sollte die Anfrage ergebnislos und nicht zufriedenstellend sein.
Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass es sich hier lediglich um eine Rechtsmeinung handelt, die keine Rechtsberatung ersetzen soll. Zur Sicherheit empfehle ich Ihnen einen Anwalt aufzusuchen und ihm die Thematik nahezulegen.