Hallo D.S.,
ihr habt eine Pauschalreise gebucht, bei der der Rückflug 4 Wochen vor Reiseantritt ersatzlos gestrichen wurde. Daraufhin wurde euch ein Rückflug 23 Stunden früher angeboten. Nun fragst du dich, ob ihr das hinnehmen müsst oder ob ihr eine Alternative verlangen könnt.
In diesem Forum wurden bereits einige Fragen zur Flugzeitenverschiebung gestellt. Zum Beispiel hier:
Olympus Airways Flugänderung Fuerteventura auf TUIfly TUI-Pauschalreise - Flugumbuchung Olympus / Tuifly und Veränderung der Abflugzeit um 14 Stunden (nach hinten)
Ihr habt eine Pauschalreise gebucht, weshalb hier die §§ 651 a-y BGB anzuwenden sind. Um Ansprüche geltend machen zu können, müsste bei einer Pauschalreise ein Reisemangel im Sinne des § 651 i BGB vorliegen.
Die Reise ist frei von Mängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Reisemangel das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder das Vorhandensein eines Fehlers ist. Eine genaue Definition kannst du auch unter folgenden Link nachlesen:
http://passagierrechte.org/Reisemangel#Definition_des_Reisemangels
Die Flüge stellen eine wesentliche Reiseleistung dar, die beim Buchungsvorgang vereinbart wurde. Wird, wie in eurem Fall, der Flug ersatzlos gestrichen, ist das ein Abweichen vom Reisevertrag und könnte somit einen Reisemangel begründen. Nun ist es allerdings so, dass sich viele Gerichte streiten, ob der erste und letzte Tag einer Reise als Urlaubstag gewertet werden kann. Grundsätzlich werden der erste und letzte Urlaubstag als An- bzw. Abreisetag gesehen, weshalb eine Flugverschiebung innerhalb des Tages nicht als Reisemangel anzusehen ist. Ich habe dir einmal einige Urteile rausgesucht, die dieses Thema behandelt haben:
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)
Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
BGH Urteil vom 17. April 2012, Az. X ZR 76/11 (einfach zu finden, wenn du bei Google „reise-recht-wiki BGH X ZR 76/11“ eingibst)
Das Entfallen der Nachtruhe durch Vorverlegung des Rückfluges stelle demnach einen Reisemangel gemäß § 651 c dar und berechtige zur Reisepreisminderung.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, auch bei Google zu finden unter: "AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Fall wurde ein Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden sei nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
LG Hannover, Urteil vom 13.03.2012, Az. 18 O 79/11 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: " LG Hannover 18 O 79/11 reise-recht-wiki.de")
Geringfügige Verschiebungen der Flugzeiten stellen noch keinen Reisemangel dar, sondern nur eine Unannehmlichkeit, sofern sie zumutbar sind. Eine Flugzeitenverschiebung von 9 Stunden könnte das Maß einer Unannehmlichkeit übersteigen. Dies ist anzunehmen, wenn die Änderung unzumutbar ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Änderung der Flugzeiten um eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen handelt, welche als unzumutbar anzusehen sind. Demnach wäre eine Unzumutbarkeit anzunehmen, wenn die Änderungen den Reisenden in erheblicher Art und Weise belasten.
Wie du siehst, sind sich die Gerichte nicht einig, allerdings wurde euer Flug um 23 Stunden verschoben, also weit mehr, als die Flüge in den jeweiligen Urteilen. Meiner Ansicht nach, begründet das also einen Reisemangel. Erschwerend kommt hinzu, dass der BGH entschieden hat, dass der Reiseveranstalter die Flugzeiten nicht mehr beliebig ändern darf. Hierzu das folgende Urteil:
Vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (ganz einfach bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Ich würde also von einem Reisemangel in eurem Fall ausgehen, auch wenn ihr 4 Wochen im Voraus informiert wurdet.
Nun stellt sich allerdings die Frage, welche Rechte euch zustehen. Dazu lohnt sich ein Blick in § 651 i Absatz 3 BGB:
(…)
(3) Ist die Pauschalreise mangelhaft, kann der Reisende, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nichts anderes bestimmt ist,
1.nach § 651k Absatz 1 Abhilfe verlangen,
2.nach § 651k Absatz 2 selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.nach § 651k Absatz 3 Abhilfe durch andere Reiseleistungen (Ersatzleistungen) verlangen,
4.nach § 651k Absatz 4 und 5 Kostentragung für eine notwendige Beherbergung verlangen,
5.den Vertrag nach § 651l kündigen,
6.die sich aus einer Minderung des Reisepreises (§ 651m) ergebenden Rechte geltend machen und
7.nach § 651n Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
Folgende Möglichkeiten habt ihr nun:
1. § 651 k BGB
Nach diesem Paragraphen könnt ihr Abhilfe verlangen, also sagen, dass ihr einen vergleichbaren Flug wollt, der den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Kommt der Reiseveranstalter dem nach einer angemessenen Frist nicht nach, dürft ihr selbst Abhilfe schaffen. Das bedeutet, ihr könnt euch einen alternativen Flug raussuchen und den Ersatz der Kosten vom Reiseveranstalter verlangen.
2. § 651 m BGB
Ihr könnt für die Dauer des Reisemangels (also die letzten 23 Stunden) den Reisepreis mindern.
3. § 651 n BGB
Unabhängig der Minderung, könnt ihr auch Schadensersatz vom Reiseveranstalter verlangen, weil hier ein Reisemangel vorliegt.
Wichtig ist allerdings, dass ihr den Mangel beim Reiseveranstalter anzeigt und auch Abhilfe verlangt. Ihr könnt nicht einfach den Reisepreis mindern, sondern müsst dem Reiseveranstalter die Chance geben, den Mangel zu beheben. Du solltest also sofort nach Kenntniserlangung den Mangel anzeigen.
Ich bin der Meinung, dass bei euch eindeutig ein Reisemangel vorliegt, den ihr nicht einfach hinnehmen müsst. Wie gesagt, solltet ihr den Mangel anzeigen und Abhilfe verlangen. Zumindest habt ihr meiner Auffassung nach, das Recht den Reisepreis zu mindern.
Zum Schluss meines Beitrags möchte ich allerdings noch darauf verweisen, dass es sich hierbei lediglich um meine Meinung handelt und keinen Rechtsrat ersetzen soll. Ich empfehle dir deshalb, sicherheitshalber einen Anwalt mit deiner Thematik zu befassen.