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Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich bin schwerbehindert (80GdB/aG,B) und flog am 16.02.2020 mit Norwegian von München nach Málaga.

Mein spezieller E-Rollstuhl/Trike war bei der Airline angemeldet und wurde auch ordnungsgemäß, nach dem er mit dem Baggage Tag beim Check-in versehen wurde, beim Sperrgepäck abgegeben.

Laut Airport Málaga kam dieser aber nie in Málaga an und wurde deren Ansicht nach in München vergessen. Als Ersatz wurde mir dann ein alter Flughafen-Rollstuhl mitgegeben, mit dem ich nicht zurecht komme.

Die Airline hat quasi meine „Beine“ in München vergessen und fühlt sich jetzt aber nicht wirklich verantwortlich. Denn ich solle nun dem Ganzen selbst nachgehen d.h. Ich solle das Fundbüro München Airport kontaktieren. Dies tat ich. Dieses teilten mir wiederum mit, dass dieses Problem nicht in ihren Aufgabenbereich gehört und ich solle mich nun an dieses Email-Adresse LL.aerogate@munich-airport.de wenden. Auch das habe ich bereits getan ohne Rückmeldung bisher.

Ich finde es unmöglich, dass das Versagen der Airline nun auf mich als Schwerbehinderte und als zahlender Kunde abgewälzt wird. Ich bin auf mein Gefährt angewiesen und keinen meinen Alltag ohne dieses nicht bewältigen.

Meine Frage wäre nun, welche Rechte ich in diesem Fall habe.

Vielen Dank,

Kathi
Gefragt in Gepäckverspätung von
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2 Antworten

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Hallo, Kathi!

Der von Ihnen beschriebene Vorfall ist sicherlich sehr ärgerlich. Ich würde gern Ihre Frage wie folgt beantworten:

(1)      Anspruchsgegner

Zunächst gilt es zu klären, gegen wen Sie überhaupt Anspruch haben. Die Aufforderung der Norwegian, sich an die Fundstelle des Flughafens zu wenden und den Verbleib Ihres Rollstuhls selbst zu klären, finde ich schlichtweg unverschämt. Gem. Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen, das bestimmte Rechte von Reisenden im internationalen Luftverkehr abbildet, haften der Luftfrachtführer für das aufgegebene Reisegepäck, sofern es sich zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in dessen Obhut befand. Das heißt, sobald Sie den Rollstuhl am Schalter für das Sperrgepäck abgegeben haben, haftet die Norwegian dafür und trägt hierfür auch die Aufklärungspflicht.

(2)      Schadensersatz bei Verlust

Ich hoffe zwar nicht, dass es bei Ihnen so weit kommt, aber sollte der Rollstuhl nach 21 Tagen nach der Landung immer noch aufgetaucht sein, gilt es lt. Art. 17 Abs. 3 Montrealer Übereinkommen als verloren und Sie können Schadensersatzrechte gegen die Norwegian geltend machen.

(3)      Haftungshöchstbetrag

Gem. Art. 22 Abs. 2 MÜ haftet die Fluggesellschaft beim Verlust von Reisegepäck bis zu einem Betrag von umgerechnet etwa 1.400 Euro. Und hier liegt vermutlich eines der größten Probleme. Es ist ja allgemein bekannt, dass spezielle Rollstühle bei Neuanschaffung diese Summe schnell ums Vielfache übersteigen können. Das Montrealer Übereinkommen sieht die Aufhebung der Haftungshöchstgrenze aber nur in zwei Fällen vor – lt. Art. 22 Abs. 2 S. 2 MÜ, wenn Sie bei der Aufgabe des Gepäcks dessen höheren Wert angeben und einen Zuschlag für Sondertransport (oder wie auch immer das richtig heißt) entrichten. Das zweite Fall ist gem. Art. 22 Abs. 5 MÜ, wenn der Fluggesellschaft fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten beim Transport des Gepäcks nachgewiesen werden kann.

OLG Celle hatte im Jahr 2016 Fragen bezüglich dieser Haftungshöchstgrenzen insbesondere in Bezug auf Rollstühle, Gehhilfen oder sonstige Hilfsgegenstände für Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität dem Europäischen Gerichtshof zum Vorabentscheiden vorgelegt (OLG Celle, Urt. v. 15.03.2016, Az: 11 U 171/15). In den Fragen ging es um die Vereinbarkeit der Vorschriften von Montrealer Übereinkommen mit den Vorschriften der Verordnung 1107/2006 über die Rechte von behinderten Menschen im internationalen Luftverkehr. Das Gericht hat versucht, mit seinen Fragen eine Auslegungsform von mehreren Vorschriften im internationalen Luftverkehr zu finden, die eine höhere Haftung des Luftfrachtführers für beschädigte Rollstühle/Gehhilfen ermöglichen würde. Leider hatte die in dem Fall beklagte Fluggesellschaft ihre Berufung zurückgenommen, sonst hätten wir jetzt eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofes dazu gehabt.

Das OLG Celle tendierte in seinen Ausführungen jedoch sehr stark dazu, dass die Haftungshöchstgrenzen speziell für beschädigte/verlorene Rollstühle aufgehoben werden. Das Gericht argumentierte, das Vorhandensein von Haftungshöchstgrenzen führt dazu, dass Menschen mit Behinderung größere finanzielle Risiken fürchten müssen bzw. höhere Kosten tragen müssen, als nicht eingeschränkte Reisende. Dies widerspricht insbesondere den Erwägungsgründen der Verordnung 1107/2006, gleiche Flugreisemöglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass Menschen ohne Behinderung frei entscheiden können, ob und welche wertvolle Gegenstände sie während der Reise mitführen bzw. in das Reisegepäck einpacken. Fluggäste mit Behinderung haben diese Wahl nicht. Insofern widerspricht die Haftungshöchstgrenze in vielerlei Hinsicht dem Ziel der Verordnungen, Gleichheit für alle Reisende zu schaffen.

Ich hoffe, Ihnen eine erste Orientierung gegeben zu haben. Für detaillierte Einschätzung sowie optimale Vorgehensweise bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche empfehle ich Ihnen, einen Anwalt für Reiserecht einzuschalten.

Beantwortet von (4,850 Punkte)
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Hallo Kathi, 

Auf Ihrem Flug vom 16.02.2020 mit Norwegian von München nach Málaga wurde Ihr Rollstuhl nicht mitgeliefert und ist bisher auch nicht wieder aufgetaucht. 

Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen. Mögliche Ansprüche könnten sich aus dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) ergeben. Dabei ist zunächst entscheidend, ob eine Gepäckverspätung oder ein Gepäckverlust vorliegt. 

Lässt sich der Rollstuhl wieder auffinden, liegt lediglich eine Gepäckverspätung vor. Bei einer Gepäckverspätung besteht gemäß Art. 19 des Montrealer Übereinkommens ein Anspruch auf Erstattung von Schäden, die kausal mit der Verspätung zusammenhängen. Dieser Anspruch ist gegenüber dem Luftfrachtführer geltend zu machen. Damit ist der Anspruchsgegner der Luftfrachtführer, also die Fluggesellschaft. Verantwortlich ist also Norwegian, der Verweis auf das Fundbüro des Münchener Flughafens ist daher nicht zulässig. 

Art. 19 Montrealer Übereinkommen

Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder Ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Somit besteht ein Anspruch auf  Schadensersatz für die Gepäckverspätung, solange der Luftfrachtführer diesen nicht vermeiden konnte oder es ihm nicht möglich war.

Dazu die folgenden Urteile:

AG Bremen, Urteil v. 08.05.2007, 4 C 7/07 (Das Urteil kann man im Volltext im Internet finden. Dafür einfach bei Google "4 C 7/07 reise-recht-wiki" eigeben)

Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.

Falls der Rollstuhl jedoch nicht wieder aufgefunden werden kann, liegt ein Gepäckverlust vor. Ein Verlust des Frachtgutes ist gegeben, wenn es untergegangen, unauffindbar oder aus sonstigen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen vom Frachtführer auf absehbare Zeit nicht an den berechtigten Empfänger ausgeliefert werden kann, der Frachtführer also die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Gut verloren hat.  Anspruchsgrundlage ist dann Artikel 17 des Montrealer Übereinkommens.

Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen

Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.

Dieser Anspruch kommt dann nicht zum Tragen, wenn die Airline kein Verschulden trifft. Dieses wird allerdings vermutet: 

OLG Frankfurt, Urt. v. 30.08.2004, Az: 13 U 215/02 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 13 U 215/02 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Eine Reisende übergab ihrem Luftfrachtführer ihr Reisegepäck. Weil ein Großteil des Gepäcks am Zielflughafen nicht mehr aufzufinden war, verklagt sie die Airline nun auf Ersatz des entstandenen Schadens.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat der Klägerin Recht zugesprochen. In die Risikosphäre der Airline übergeben, wird bei Beschädigung oder Verlust des Gepäcks von einem Verschulden des Luftfahrtunternehmens ausgegangen.

Die Airline muss Ihnen also, unabhängig davon, ob eine Gepäckverspätung oder ein Gepäckverlust vorliegt, alle finanziellen Schäden ausgleichen, die Ihnen entstanden sind. Dabei gilt eine aktuelle Höchstgrenze von 1.131 SZR, was ca. 1.300,00 EUR entspricht. 

AG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: " AG Frankfurt 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de" bei Google eingeben)

Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen. Es spielt dabei keine Rolle, zwischen welchen Staaten der Flug stattfand, solange beide Staaten Vertragspartner des Montrealer Übereinkommens sind.

Diese Höchstgrenze könnte jedoch hinsichtlich Ihres Rollstuhls problematisch sein. Sie haben einen speziellen E-Rollstuhl, welcher wahrscheinlich einen erheblichen Wert hat. Falls der Rollstuhl nun wirklich nicht mehr auftauchen sollte oder beschädigt wird, wird der Schaden wahrscheinlich über der Grenze von 1300 EUR liegen. Daher stellt sich die Frage, ob der Schaden dann auch über diese Grenze zu ersetzen wäre. Diese Frage hat sich aus das OLG Celle ebenfalls gestellt und dem BGH zur Entscheidung vorgelegt. Dazu folgendes Urteil: 

OLG Celle, Urt. v. 15.03.2016, Az: 11 U 171/15 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu  einfach "Az: 11 U 171/15 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Nachdem eine Airline seinen Rollstuhl stark beschädigt hatte und nur für einen Teil der Reparaturkosten aufkam, verlangt ein Reisender von dem Unternehmen eine Schadensersatzzahlung.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Streitsache an den Bundesgerichtshof weitergeleitet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Haftungshöchstgrenzen für Reisegepäck auch auf Gehhilfen von körperlich behinderten Reisenden anzuwenden sind.

Die dadurch zu erwartende Grundsatzentscheidung der EuGH wurde jedoch nie getroffen, da die betroffenen Fluggesellschaft die Berufung zurück nahm. 

Allerdings geht das OLG Celle davon aus, dass die Höchstgrenze nach Art. 10 MÜ eher nicht mit den Rechten von behinderten Menschen im internationalen Luftverkehr zu vereinen ist und daher auch ein Anspruch über der Haftungshöchstgrenze grundsätzlich denkbar ist. 

Da der Fall jedoch sehr kompliziert ist und dem ganzen auch noch kein rechtskräftiges Urteil zugrunde liegt, könnten jedoch noch einmal darüber nachdenken, ob Sie nicht einen Fachanwalt / eine Fachanwältin zu Rate ziehen wollen. 

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