Auf Ihrem Flug wurde Ihr Rollstuhl mit E-Fix Antrieb beschädigt. Sie fragen sich nun, ob eine Erstattung der gesamten Reparaturkosten möglich ist.
Ein solcher Anspruch ergibt sich aus dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) gegenüber der Fluggesellschaft.
Bei einer Gepäckbeschädigung besteht gemäß Art. 17 des Montrealer Übereinkommens ein Anspruch auf Erstattung aller Schäden, die kausal mit der Beschädigung zusammenhängen. Dieser Anspruch ist gegenüber dem Luftfrachtführer geltend zu machen. Damit ist der Anspruchsgegner der Luftfrachtführer, also die Fluggesellschaft.
Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.
Somit besteht ein Anspruch auf Schadensersatz für die Gepäckbeschädigung, solange der Luftfrachtführer diesen nicht vermeiden konnte oder es ihm nicht möglich war.
Dazu die folgenden Urteile:
AG Bremen, Urteil v. 08.05.2007, 4 C 7/07 (Das Urteil kann man im Volltext im Internet finden. Dafür einfach bei Google "4 C 7/07 reise-recht-wiki" eigeben)
Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.
Die Airline muss Ihnen also alle finanziellen Schäden ausgleichen, die Ihnen entstanden sind. Dabei gilt eine aktuelle Höchstgrenze von 1.131 SZR, was ca. 1.300,00 EUR entspricht.
AG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: " AG Frankfurt 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de" bei Google eingeben)
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen. Es spielt dabei keine Rolle, zwischen welchen Staaten der Flug stattfand, solange beide Staaten Vertragspartner des Montrealer Übereinkommens sind.
Diese Höchstgrenze ist jedoch hinsichtlich Ihres Rollstuhls problematisch. Sie haben einen speziellen E-Rollstuhl, welcher einen erheblichen Wert hat. Der Schaden liegt also über der Grenze von 1300 EUR. Daher stellt sich die Frage, ob der Schaden dann auch über diese Grenze zu ersetzen wäre.
Mit dieser Frage hat sich das OLG Celle 2016 beschäftigt. Dort kam es zu folgendem Sachverhalt:
Ein Urlauber buchte bei einem Reiseveranstalter eine Flugpauschalreise. Der Reisende leidet an einer schweren Gehbehinderung und kann sich nicht ohne einen speziell angefertigten Rollstuhl fortbewegen. Aus diesem Grund gab er den Rollstuhl bei seiner Airline als Sperrgepäck auf. Im Urlaubsland angekommen musste er feststellen, dass der Stuhl im Zuge des Transports stark beschädigt wurde und nicht mehr nutzbar war.
Nachdem die Luftfahrtgesellschaft sich dazu bereit erklärt hatte den Rollstuhl kurzfristig zu reparieren und einen Teil der zukünftigen Wartungskosten zu übernehmen, klagt der Fluggast nun auf Schadensersatz. Er ist der Ansicht, die Airline müsse sämtliche entstandene Kosten ersetzen. Das Unternehmen weigert sich der Zahlung. Gemäß Art. 10 der Verordnung 1107/2006 entspreche die gezahlte Summe der Haftungshöchstgrenze für beschädigtes Gepäck.
Das OLG hat dann folgendes entschieden:
OLG Celle, Urt. v. 15.03.2016, Az: 11 U 171/15 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 11 U 171/15 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Das Oberlandesgericht hat die Streitsache an den Bundesgerichtshof verwiesen. Im Wesentlichen geht es hierbei um die Frage, ob Rollstühle und Gehhilfen von Gehbehinderten Reisenden als Teil ihrer Person oder als einfaches Gepäck anzusehen seien.
Hilfsweise sei zu entscheiden, ob die Haftungshöchstgrenze des Art. 10 der Verordnung 1107/2006 grundsätzlich auf Reisende mit Gehbehinderung anzuwenden sei.
Die Frage, ob Ihnen nun ein Anspruch auf eine Erstattung der gesamten Kosten zusteht, ist demnach leider noch nicht entschieden.
Es bleibt also abzuwarten, wie das BGH in diesem Fall entscheidet.