Sie haben einen Flug von München über Doha nach Singapur und zurück gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass der Hinflug um 7 Stunden verschoben wurde. Sie fragen nun, ob Sie daher den Flug bzw. die ganze Reise kostenfrei stornieren können.
Dieser Anspruch könnte sich aus der Europäischen Fluggastrechteverordnung ergeben. Die VO Nr. 261/2004 kommt dann zu tragen, wenn eine Annullierung des Fluges vorliegt. Einer Annullierung steht nach ständiger Rechtsprechung eine große Verspätung gleich:
AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 08.04.2014, Az: 4 C 1304/13 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu folgendes Urteil: "Az: 4 C 1304/13 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Eine Flugverspätung von mehr als drei Stunden ist einer Annullierung im Sinne der EGV Nr. 261/2004 gleichzusetzen.
Bei einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden steht dem Fluggast neben einer Ausgleichszahlung im Sinne der EGV Nr. 261/2004 ein Wahlrecht zwischen einem Ersatzflug oder einem Rücktritt von der Beförderung zu.
In Ihrem Fall wurden der Hinflug um 7 Stunden nach hinten verschoben. Es liegt also eine große Verspätung vor.
Sie haben dadurch einen Anspruch auf die Unterstützungsleistungen aus Art. 8 VO Nr. 261/2004:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten (...)
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie könnten also zunächst einmal den Hinflug gem. Art. 8 Abs. 1 a) stornieren und die Flugscheinkosten zurück verlangen.
Weiterhin fragen Sie nach der Möglichkeit, die komplette Reise, also auch den Rückflug zu stornieren.
Da der Rückflug jedoch wie geplant stattfindet, kommt ein solcher Anspruch nur dann in Betracht, wenn Hin- und Rückflug als einheitlicher Flug betrachtet werden. Denn dann würde sich der Stornierungsanspruch des Hinfluges auch auf den Rückflug erstrecken.
Nach gefestigter Rechtsprechung sind Hin- und Rückflug jedoch nicht einheitlich, sondern als zwei unterschiedlich zu beurteilende Flüge zu bewerten. Dazu folgende Urteile:
EuGH, Urt. v. 10.07.2008, Az: C‑173/07 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: C‑173/07 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der Begriff „Flug“ im Sinne der Verordnung Nr. 261/2004 ist so auszulegen, dass eine Hin- und Rückreise nicht als ein und derselbe Flug angesehen werden können.
AG München, Urt. v. 10.11.2016, Az: 261 C 13238/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 261 C 13238/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der Begriff des Fluges i.S.d. Fluggastrechte-VO (EG) Nr. 261/2004 meint Hin- und Rückflug jeweils getrennt voneinander. Auch wenn alle Flüge von der gleichen Fluggesellschaft durchgeführt und gemeinsam gebucht werden.
Sie haben meines Erachtens daher leider eher keinen Anspruch auch den Rückflug und damit die ganze Reise zu stornieren.
Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts.