Sehr geehrter Fragesteller,
Im Folgenden werde ich auf drei Aspekte eingehen: (1) Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung, (2) Unterstützungsleistungen (3) Entschädigung wegen Gepäckverspätung und (4) Entschädigung wegen entgangenen Gewinns/Verdienstausfall.
(1) Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung.
Eine Abflugverzögerung von 26 Stunden stellt eine erhebliche Verspätung nach Art. 6, Abs. 1 der Verordnung (EG) 261/2004. Gemäß Art. 7 Abs. 1 können Sie zwischen 250,- € und 600,- € Ausgleichszahlung bekommen, sofern die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Außergewöhnlich sind Verspätungsumstände dann, wenn sie auf Vorkommnisse von außen zurückzuführen sind und von der Fluggesellschaft nicht zu vertreten sind. Das wären zum Beispiel:
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Gewitter, ungewöhnlich starker Schneefall, starker Nebel
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Naturkatastrophen
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Sabotage, Terroranschläge
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Besondere Ereignisse – zum Beispiel hier: Urteil des Landgerichtes Berlin vom 28. August 2007, Akz. 53 S 242/06 – Flugverspätung beruhte darauf, dass wegen Besuch des amerikanischen Präsidenten besondere Sicherheit geboten war.
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Vogelschlag, Hagelschlag
Zu den außergewöhnlichen Umständen zählen in aller Regel nicht technische Defekte am Flugzeug.
Darüber hinaus kommt es selbst beim Vorliegen eines solchen Umstandes auch auf die Randbedingungen der Verspätung an, d.h. man stellt sich folgende Fragen: war die Verspätung vermeidbar oder reduzierbar? Wann war die Verspätung zu erwarten und welche Gegenmaßnahmen hatte der Luftfrachtführer ergriffen bzw. ergreifen können? Welche Maßnahmen wären wirtschaftlich und technisch möglich gewesen? Die Beurteilung hängt stark vom Einzelfall ab.
(2) Betreuungs- und Unterstützungsleistungen
Ganz unabhängig von der Ursache der Verspätung und von Ihrem Recht auf eine Ausgleichszahlung (siehe auch Art. 6, Abs. 2 VO 261/2004) muss die Fluggesellschaft bei einer erheblichen Verspätung Unterstützungsleistungen gemäß Art. 9 der Verordnung erbringen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach und Sie müssen selbst dafür aufkommen, dann können Sie die Kosten später erstattet bekommen.
(3) Entschädigung wegen Gepäckverspätung
Ansprüche wegen jeglicher Gepäckschäden leiten sich aus dem Montrealer Übereinkommen ab. Art. 19 des MÜ sagt:
„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.“
Das mit den Maßnahmen gegen die Verspätung wird dem Grunde nach nicht anders behandelt, als außergewöhnlichen Umständen bei der Flugverspätung. Darüber hinaus werden in erster Linie Kosten für Beschaffung von Ersatzgegenständen erstattet – Kleidung, Dusch- und Kosmetikartikel etc. Sehr wichtig ist es, auf die Fristen zur Schadensmeldung zu achten. Art. 31, Abs. 2 MÜ:
„[…]Im Fall einer Verspätung muß die Anzeige binnen einundzwanzig Tagen, nachdem das Reisegepäck oder die Güter dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sind, erfolgen.“
Es werden Schäden bis zu einer Höhe von circa 1.300,- € und nur für absolut notwendige und unvermeidbare Ausgaben erstattet.
(4) Verdienstausfall/Entgangener Gewinn
Dieser Aspekt der Frage ist am schwierigsten zu beantworten. Art. 19 des Montrealer Übereinkommens sagt zwar:
„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht.“
Die Frage nach dem Bestehen eines Anspruches auf den Schadensersatz wegen entgangenen Gewinnes hängt zuerst davon ab, wie die obigen Fragen beantwortet werden. Beruht die Flugverspätung auf einem außergewöhnlichen Umstand, so haben sie weder Anspruch auf Ausgleichszahlungen, noch auf jeglichen Schadensersatz, sondern nur auf Unterstützungsleistungen.
Eine Entschädigung wegen eines Verdienstausfalles zu bekommen, ist, natürlich, theoretisch möglich. Sie müssen jedoch nachweisen können, dass Ihnen ein konkreter wirtschaftlicher Schaden durch den verlorenen Arbeitstag entstanden ist. Nur die Umorganisation bzw. das Vorliegen geschäftlicher Termine an diesem Tag ist dafür, meines Erachtens, nicht ausreichend. Auch das mit dem sehr wichtigen Termin ist so eine Sache, da würde man sich fragen – war es denn nicht möglich, den Termin in den späteren Zeitraum zu verschieben? Ist das Geschäft nur deswegen geplatzt, weil Sie auf Grund der Verspätung den Termin nicht wahrnehmen konnten? Bloße Aussichten auf ein Geschäft mit einem sehr großen Volumen begründen noch keinen konkreten wirtschaftlichen Schaden. Das ist aber nur meine Meinung.
Es ist auch von Bedeutung, zwischen Verdienstausfall und entgangenem Gewinn zu unterscheiden. Sofern ich mich nicht irre, spricht man bei Angestellten von einem Verdienstausfall, bei Freiberuflern und Selbstständigen hingegen von entgangenem Gewinn. Im ersten Fall kann Ihnen der Arbeitgeber zu Beweiszwecken eine Bescheinigung über Ihren Tagesverdienst ausstellen. Im zweiten Fall „kann ein Verdienstausfallschaden eines Freiberuflers ausschließlich auf die anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellende Gewinnminderung gestützt werden“ – vgl. OLG Düsseldorf, 31. Januar 2007, Az. I-18 U 110/06, insbesondere Entscheidungsgrund 12.