Sehr geehrter Fragesteller,
auf Kreuzfahrten werden die Regelungen des reiserechtlichen Teils des BGB angewandt. Eine Kreuzfahrt stellt eine Bündelung von Reiseleistungen, angeboten von einem Reiseveranstalter, dar und erfüllt somit die Merkmale einer Pauschalreise (Vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 2012, Akz. X ZR 2/12).
Eine Routenänderung könnte daher einen erheblichen Reisemangel i. S. v. § 651 c BGB darstellen, da sie eine wesentliche Änderung der vertraglich vereinbarten Reiseleistung darstellt. Diese Änderung wäre nur dann vertretbar, wenn sie vom Reiseveranstalter nicht verschuldet ist. Das wäre bei politischer Unsicherheit und potenzieller Gefahr für die Reisenden auch anzunehmen.
Wichtig ist jedoch, zu unterscheiden, ob die Gefahr bereits beim Vertragsschluss vorgelegen hat, oder erst danach eingetreten ist. Im letzteren Fall ist die Routenänderung entschädigungslos hinzunehmen und als sicherheitsnotwendige Maßnahme zu betrachten. Sollte die instabile Sicherheitslage jedoch schon vor der Buchung bestanden haben, könnten Sie einen Anspruch auf eine Reisepreisminderung gem. § 651 d, Abs. 1 BGB haben. Das Urteil des AG München vom 14. Januar 2010 (Akz. 281 C 31292/09) ist ein gutes Beispiel dafür:
„Wenn aber die Beklagte die Reise mit diesen Häfen trotz Sicherheitshinweisen verkauft, schuldet sie das Anfahren der Häfen trotz Sicherheitshinweisen und muss dieses Anfahren entweder trotzdem ermöglichen, zum Beispiel durch bewaffnete Patrouillenboote, oder es hinnehmen, dass die Reisende Mängelrechte gelten machen können. Wie sich schon aus den AGB der Beklagten ergibt, sind Änderungen vom Inhalt des Reisevertrags nur zulässig, wenn diese nach Vertragsschluss notwendig werden. Spiegelbildlich hat auch der Reisende nur dann ein Rücktrittsrecht aufgrund einer Gefahrenlage, wenn die Gefahrenlage bei Vertragsabschluss noch nicht bestand.“
Sie sollten also nochmal nachschauen, was die AGB des Kreuzfahrtveranstalters bezüglich möglicher Routenänderungen sagen.
Das Auswärtige Amt gibt bezüglich allgemeiner Sicherheitshinweise für Tunesienreisen an, dass Touristen grundsätzlich auf Grund von allgemeiner Terrorgefahr größere Menschenansammlungen meiden und in von Touristen besonders stark frequentierten Orten aufmerksam und vorsichtig sind. Den aktuellen (18. März 2015) Hinweisen ist folgendes zu entnehmen:
„Am 18. März 2015 sind bei einem Anschlag auf das Bardo Museum in Tunis mehrere Menschen, darunter auch Touristen, ums Leben gekommen. […]
Von Touristenreisen und anderen nicht dringend notwendigen Reisen in das Gebiet südlich bzw. südöstlich einer Linie, die von der Grenze zu Algerien über Tozeur – Douz – Ksar Ghilane – Tataouine bis Zarzis führt, wird abgeraten.
Aufgrund des im Süden des Landes und besonders in den Wüstenregionen Tunesiens bestehenden Entführungsrisikos rät das Auswärtige Amt davon ab, Touren - auch organisierte Fahrten - in die tunesische Wüste zu unternehmen.
Generell wird empfohlen, im ganzen Land außerhalb der Touristenzentren entlang der Mittelmeerküste besondere Vorsicht walten zu lassen und Fahrten über Land nach Einbruch der Dunkelheit aus Sicherheitsgründen zu vermeiden. Reisende sollten den Anweisungen der Sicherheitskräfte unbedingt Folge leisten.“
(Quelle: Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise Tunesien)
Es kann also gut möglich sein, dass der Kreuzfahrtveranstalter sich nach dem Anschlag vom 18. März verständlicherweise dafür entschieden hat, in Tunesien nicht anzulegen, um die Reisenden nicht unnötiger Gefahr auszusetzen.
Darüber hinaus haben Sie nach wie vor trotzdem das Recht, vom Reisevertrag zurückzutreten.
Die Frage nach der Möglichkeit eines Reisegutscheines kann so einfach nicht beantwortet werden. Sollten meine Ausführungen bezüglich der nach dem Vertragsschluss aufgetretener besonderer Gefahrenlage zutreffen, stehen Ihnen keine Minderungen bzw. Entschädigungen zu, sodass es wirklich in der Kulanz des Anbieters liegt, Ihnen welche zu gewähren.