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Hallo,

mein Mann, meine kleine Tochter und ich sind von Zürich über Madrid nach Jerez de la Frontera geflogen und hatten über 17 Stunden Verspätung. Auf mein Schreiben an die Iberia sagt diese, dass die europäischen Fluggastrechte der EG-Verordnung Nr. 261/2004 für Schweizer nicht gelten würden. Wir sind aber deutsche Staatsbürger und nur wegen der Nähe zum Flughafen ab Zürich geflogen.

Gelten die Fluggastrechte aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auch für Flüge, die man von der Schweiz aus antritt? Gilt dann Schweizer Recht? Gilt bei Flügen mit der Iberia spanisches Recht?

Vielen Dank für eure Hilfe!

Rita Hofmann

Gefragt in Flugverspätung von
Bearbeitet von
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4 Antworten

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Beste Antwort

Lieber Fragesteller,

Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:

Die Fluggastrechte aus der europäischen Fluggastverordnung Nr. 261/2004 stehen auf Grund der bilateralen Vereinbarung der Schweiz und der EG seit dem 1. Dezember 2006 auch Schweizer Fluggästen offen. Durch das bilaterale Luftverkehrsabkommen der Schweiz und der EG (Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr) sind die Ansprüche von Fluggästen, insbesondere solche auf Ausgleichszahlung in Höhe von 250, 400 bzw. 600 EUR gemäß VO (EG) Nr. 261/2004 auch auf Flüge, Flugunregelmäßigkeiten, Flugverspätungen und Annullierungen anwendbar, die Flugpassagiere auf Flughäfen in der Schweiz erleiden. Sinn und Zweck des Abkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft war es, die Vorschriften über Verbraucherschutz im Luftverkehr innerhalb Europas anzugleichen und eine möglichst einheitliche Auslegung der Fluggastrechte der Gerichte in der Schweiz und der EU zu erreichen.

Das bedeutet, dass Fluggäste, die einen Flug von einem EU-Staat in die Schweiz oder über einen Flughafen in der Schweiz und Fluggäste, deren Flug ab einem Flughafen in der Schweiz startete, ihre Ansprüche auf Ausgleichszahlung bzw. Pauschalzahlung i.H.v. 250, 400 oder 600 Euro wegen einer Flugverspätung oder Flugstornierung auf die Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 stützen können.

Schweizer Fluggäste, die eine Flugverspätung mit Auslandsberührung zur EU erleiden oder deutsche Fluggäste, die eine Flugverspätung oder eine Flugannullierung auf einem Fughafen in der Schweiz oder mit einer schweizerischen Fluggesellschaft (z.B. Swiss International Air Lines oder Helvetic Airways AG, o.a.) feststellen, können europäische Rechtsanwälte für Luftverkehrsrecht mit der Anspruchsdurchsetzung betrauen.

Zur Information bleibt anzumerken, dass die Fluggastrechte aus der VO Nr. 261/2004 auch für Flüge und Fluggesellschaften aus den EWR-Staaten (Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes) Island, Liechtenstein und Norwegen gelten.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Bartholl

 


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Tel. +49 (0) 30 / 5770 3983 0

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www.ra-janbartholl.de


Beachten Sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen Rechtsrat darstellen. Bedenken Sie bitte, dass hier im Rahmen des Meinungsaustausches ohne Kenntnis aller Umstände kein abschließender Rat gegeben werden kann. Der Meinungsaustausch auf dieser Plattform ersetzt keinen Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt. Wer eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes oder einen rechtsverbindlichen Rechtsrat wünscht, sollte einen Rechtsanwalt kontaktieren.

 

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Der Kollege Bartholl hat die Anwendung der Vorgaben der europäischen Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auf Sachverhalte mit Gerichtsstand in der Schweiz bereits erläutert.

Ergänzend sei angemerkt, dass die Rechtsprechung und die Grundsatzurteile des Europäischen Gerichtshofes Schweizer Gerichte nicht unmittelbar binden. Jedoch ziehen die Gerichte in der Schweiz die Rechtsprechung des EuGH als Auslegungsgrundlage heran und urteilen in vielen Fällen tendenziell verbraucher- und fluggastfreundlich. So ist die Rechtsprechung des EuGH, dass Fluggäste, die ihren letzten Zielort mit einer Flugverspätung von mehr als 3 Stunden erreichen, auch in der Schweiz angewandt worden.
Beantwortet von (4,100 Punkte)
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Lieber Fragesteller,

ihre Fragestellung ist durchaus berechtigt. Im vorliegenden Fall geht es um einen Flug der in Zürich gestartet ist, über Madrid nach Jerez de la Frontera. Nicht ganz unproblematisch, denn die Schweiz gehört nicht der EU an und insofern gilt die europäische Fluggastrechte Verordnung dort nicht direkt. Doch seit dem 1. Dezember 2006 gilt in der Schweiz die EU-Verordnung (EG 261/2004), welche die Ansprüche der Passagiere bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges regelt.

Folglich gilt diese Regelung für sämtliche Abflüge ab einem Flughafen der Schweiz oder der Europäischen Union (EU), für Abflüge von einem Flughafen ausserhalb der Schweiz oder der EU, wenn das Ziel ein Flughafen der EU oder der Schweiz ist und der Flug mit einer Schweizer oder EU-Fluggesellschaft durchgeführt wird.

Beschluss vom 09.04.2013, Az. X ZR 105/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Ein Schweizer Gericht hatte entschieden, die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem EU-Land oder umgekehrt verlaufen. Der BGH hat deshalb die Frage dem für die Auslegung des Unionsrechts zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.

Da Sie von der Schweiz in ein anderes Land der Eu gereist sind, kann die europäische Fluggastrechte Verordnung angewendet werden. Bei einer Verspätung von 17 Stunden können Sie tatsächlich einen Anspruch aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung geltend machen. Bei einer so hohen Verspätung wird wohl bereits von einer Annullierung des ursprünglichen Fluges gesprochen.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Höhe der Ausgleichszahlungen ist ebenfalls in der europäischen Fluggastrechte Verordnung geregelt und bemisst sich nach der Entfernung.

  • bei einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
  • bei einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
  • bei einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€

Um Ihre Frage abschließend zu beantworten: Sie können einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Flugastrechte Verordnung geltend machen, unabhängig davon, dass Sie von der Schweiz aus geflogen sind.

Beantwortet von (10,200 Punkte)
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Sie sind von Zürich  über Madrid nach Jerez de la Frontera geflogen. Dieser Flug hatte eine Verspätung von 17 Stunden. Bei einer Verspätung eines Fluges ergeben sich normalerweise Ansprüche aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung. Problematisch ist in Ihrem Fall jedoch, dass Sie aus der Schweiz losgeflogen sind. Die Schweiz gehört nicht der Europäischen Union an, weshalb die EU-Verordnung (EG 261/2004) dort nicht direkt gilt.  Die Fluggastrechte aus der europäischen Fluggastverordnung Nr. 261/2004 stehen jedoch auf Grund der bilateralen Vereinbarung der Schweiz und der EG seit dem 1. Dezember 2006 nun auch Schweizer Fluggästen offen.

Die Fluggastrechte Verordnung gilt also auch für alle Flüge, die aus der Schweiz starten oder deren Ziel die Schweiz ist. Außerdem sind sie noch auf alle Flüge anwendbar, die durch eine Schweizer Fluggesellschaft durchgeführt werden.

Beschluss vom 09.04.2013, Az. X ZR 105/12 (Den Volltext kann man im Internet finden. Dafür einfach "Az. X ZR 105/12 reise-recht-wiki bei Google eingeben")

Ein Schweizer Gericht hatte entschieden, die Verordnung sei aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden, die zwischen der Schweiz und einem EU-Land oder umgekehrt verlaufen. Der BGH hat deshalb die Frage dem für die Auslegung des Unionsrechts zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt.

 

Sie sind aus der Schweiz losgeflogen. Die Europäische Fluggastrechte Verordnung ist also in Ihrem Fall anwendbar. Ihr Flug hat sich um 17 Stunden verspätet. Im Falle einer so erheblichen Verspätung wird bereits angenommen, dass es sich um eine Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges handelt.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (Das Urteil kann man im Volltext im Internet finden. Einfach  "Az C-83/10 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

BGH- X ZR 34/14 (Das Urteil kann man im Volltext im Internet finden. Einfach "BGH X ZR 34/14 reise-recht-wiki“ bei Google eingeben)

Der BGH hatte bisher nur entschieden, dass auch eine zeitliche Flug-Verlegung nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Kunden dann Ausgleichszahlungen zustehen könnten.

 

Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus Artikel 7 der europäischen Fluggastrechte Verordnung geltend machen. Dieser bemisst sich aus der Entfernung:

  • bei einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
  • bei einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
  • bei einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€

Die Entfernung zwischen Zürich und Jerez de la Frontera beträgt 1.691 km. Sie könnten also einen Anspruch auf 400 EUR pro Fluggast haben.

Beachten Sie jedoch, dass die Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlungen leisten muss, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung Grund für die Verspätung waren. Für ein solches Vorliegen gibt  es in Ihrem Fall zwar keine Anhaltspunkte, sollte dennoch noch einmal geprüft werden.

 

Beantwortet von (16,560 Punkte)
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