Lieber Fragensteller,
in einem Fall wie deinem wäre zunächst wichtig zu wissen, ob es sich bei dem Flug auf dem dein Koffer verloren ging, um einen Individualflug, d.h. einen separat gebuchten Flug, oder um einen Teil einer Pauschalreise handelt, denn hiernach richten sich die gesetzlichen Grundlagen deiner möglichen Ansprüche. In beiden Fällen könntest du jedoch einen Anspruch gegen den Luftfrachtführer gemäß Artikel 19 des Übereinkommens von Montreal haben. Aus diesem Grund werde ich im folgenden meine Ausführungen darauf beschränken.
Anspruch gem. Artikel 19 MÜ
Nach Artikel 19 MÜ muss nämlich der Luftfrachtführer für den individuellen Schaden des Reisenden haften, der diesem durch die verspätete Beförderung seines Reisegepäcks entstanden ist.
Verspätung
Zunächst einmal wäre Voraussetzung dieses Anspruches, dass dein Reisegepäck im Sinne des Artikels 19 MÜ verspätet war bzw. ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn dein Gepäck trotz Ablauf einer gewissen Toleranzgrenze nicht zum vereinbarten Zeitpunkt ausgeliefert wurde. Deinen Ausführungen entnehme ich, dass es sich in deinem Fall um eine erhebliche Verspätung von mehreren Tagen handelt. Mithin ist diese Voraussetzung in deinem Fall gegeben.
Verschulden des Luftfrachtführers
Weiterhin ist es Voraussetzung für die Geltendmachung eines solchen Anspruches, dass der Luftfrachtführer die Gepäckverspätung zu verschulden hat. Dies ist gem. Artikel 19 Abs. 2 MÜ immer dann nicht der Fall, wenn er nachweisen kann, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um einen Verspätungsschaden zu vermeiden oder dass es ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen. Daher ist es in deinem Fall wichtig zu wissen, wieso es zu der Gepäckverspätung gekommen ist und ob diese hätte vermieden werden können.
Schaden
Hat der Luftfrachtführer die Verspätung des Reisegepäcks zu verschulden, muss hieraus auch ein Schaden entstanden sein. Da er nur für einen sogenannten Verspätungsschaden aufzukommen hat, muss man sich die Frage stellen, ist der Schaden allein durch die verspätete Beförderung des Gepäcks entstanden, d.h. würde sie bei rechtzeitiger Beförderung entfallen? In deinem Fall kommen als ein solcher Schaden die Kosten für ein Leihgerät in Betracht, denn wäre dein Koffer rechtzeitig geliefert wurden, wären dir diese Kosten nicht entstanden.
Höhe des Schadenersatzes
Die Höhe des Schadenersatzes ist nach dem MÜ gem. Artikel 22 grundsätzlich begrenzt, d.h. der Luftfrachtführer haftet im Fall einer Gepäckverspätung nur bis zu einer Höchstgrenze von 1131 Sonderziehungseinheiten (momentan entspricht dies einem ungefähren Betrag von 1420 €). Das bedeutet, ist der Schaden höher als diese Summe, muss der Luftfrachtführer dir die darüber hinaus gehende Differenz nicht ersetzten.
Die Höhe des Schadenersatzes ist jedoch noch von einem weiteren Punkt, nämlich von einem möglichen Mitverschulden des Reisenden abhängig. Dies scheint mir in deinem Fall ein entscheidender Punkt und ein Problem zu sein. Denn gem. Artikel 20 MÜ kann der Luftfrachtführer ganz oder zum Teil von seiner Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz befreit werden, wenn der Reisende eine Mitschuld an der Entstehung des Schadens trägt. In einem solchen Fall wird der Schadenersatzanspruch des Reisenden nämlich um den Prozentsatz gekürzt, um den er selbst den Schaden verschuldet hat. So kam das AG Stuttgart in einem ganz ähnlichen Fall (Urteil v. 11.12.1990, AZ: 11 C 7998/90) zu dem Ergebnis, dass einen Reisenden, der wichtige medizinische Utensilien im Koffer und nicht im Handgepäck befördert, ein Mitverschulden von 100 % trifft, wenn ihm ein Schaden dadurch entsteht, dass der Koffer mit dem medizinischen Gerät erst verspätet befördert wird. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass dem Reisenden die schwerwiegende Bedeutung der medizinischen Geräte hätte bewusst sein müssen und sie deshalb zumindest einen Teil im Handgepäck hätten befördern müssen bzw. den Luftfrachtführer über den Transport dieser wichtigen medizinischen Geräte im Koffer informieren müssen.
Das bedeutet jedoch für deinen Fall, dass wenn du die Möglichkeit gehabt hättest, das medizinische Gerät im Handgepäck zu befördern und dies nicht getan hast bzw. du es bei Unmöglichkeit unterlassen hast, die Airline darüber zu informieren, dass sich in deinem Koffer wichtige medizinische Utensilien befinden, dass die Gefahr besteht, dass auch in deinem Fall eine Kürzung des Schadenersatzanspruches um 100 % vorgenommen wird. Das würde bedeuten, dass die Airline nicht für die Leihkosten des Gerätes aufkommen müsste.
Schadenanzeige
Schließlich ist es gem. Artikel 31 MÜ eine unerlässliche Voraussetzung dass du unverzüglich nachdem du dein Gepäck nicht bekommen hast, eine Schadenanzeige aufgegeben hast. Da dir dein Gepäck jetzt hinterher gebracht wird, gehe ich davon aus, dass diese Anzeige erfolgt ist.