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Vor inzwischen bald drei Monaten bin ich mit einem Deutschen Billigflieger von Hannover nach Wien geflogen (Strecke <1500km). Der Flug hatte 2:34h verspätung, da in Hannover noch ein Ersatzteil eingebaut werden musste, was am Vortag bereits erkannt wurd. Die Verspätung war also komplett selbst verschuldet durch die Fluggesellschaft. Die Gesellschaft hat weder während des Flugs noch davor als kostenlosen Ausgleich Getränke/Essen verteilt oder über Entschädigungsrechte informiert.

Zusätzlich konnte ich durch die große Verspätung, meinen Anschlusszug zum Sparpreis von 14 € (war bereits vorher  gebucht) nicht wahrnehmen und musste spontan das gleiche Zugticket mit einem etwas später fahrendem Zug erneut für 40 € kaufen, um zum geplanten Bestimmungsort zu kommen.

Sieben Wochen, nachdem ich mich mit Entschädigungforderungen an die Fluggesellschaft gewendet habe, kam endlich eine Antwort, in der die Gesellschaft jegliche Entschädigung ablehnt.

Welche weitergehenden Schadensersatzforderungen kann ich geltend machen? Gerade die 40€ hätte ich gerne wieder.

 

Vielen Dank, für die Antworten!
Gefragt in Flugverspätung von
Bearbeitet von
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Sehr geehrter Fragesteller,

zunächst einmal wäre es gut zu wissen, woher ihnen klar ist, dass das Fehlen eines Ersatzteils bereits am Vortag erkannt wurde, da dies im Regelfall dem normalen Fluggast nicht mitgeteilt wird.

Für sie ist die VO 261/2004 interessant, speziell Art. 6, der wie folgt lautet:

(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach

vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug

a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder

weniger um zwei Stunden oder mehr oder

b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km um drei Stunden oder mehr oder

c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen

i) die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten,

ii) wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und,

iii) wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die

Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) angeboten.

Wenn der Fall so ist, dass dem Unternehmen frühzeitig klar war, dass sich der Flug durch das Einbauen eines Ersatzteils verzögern würde, so stehen ihnen besagte Unterstützungsleistungen zu.

Wobei in ihrem Fall noch zu ermitteln wäre, wer nun genau Schuld daran trägt, ob der Flughafen für diese Ersatzteile zuständig ist, die Fluggesellschaft oder ein externer Dienstleister. Erst dann lassen sich konkrete Forderungen nach einem Schadensersatz formulieren.

Ich hoffe, ich konnte ihnen helfen und verbleibe,

mit freundlichen Grüßen,

CaptainCook

 

 

Beantwortet von (6,200 Punkte)
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Also, zunächst einmal vielen Dank für die gute und rasche Antwort CaptainCook!

Die Information bezüglich der Verspätung und des Ersatzteils kommen von einem Flughafenangestellten, der nach zunehmender Verspätung, immer mehr unter Druck kam und von zunehmend mehr Kunden bezüglich Informationen "bedrängt" wurde. Irgendwann hat er sich, da er selber keine Informationen hatte, informiert und dann die Durchsage gemacht, dass:

Bei der Wartung am Vorabend herausgefunden wurde, dass eine scheinbar nicht Flugrelevante Anzeige im Cockpit nicht ordnungsgemäß funktionieren würde und ausgewechselt werden müsste. (Der Flug ging gegen ca. 8 Uhr am Morgen, es wäre also theoretisch reichlich Zeit gewesen)
Allerdings wurde der Techniker, der das Ersatzteil aus Köln gebracht hat, erst am Morgen losgeschickt, wodurch er in einen Stau geraten ist, den wir Reisenden quasi im "Live-ticker" verolgen durften. Der Flughafenangestellte hat noch gesagt, dass sobald ein kleines Auto zum Flugzeug gefahren käme, es noch ca 20 Minuten dauern würde, bis das Teil eingebaut sei, was dann auch genau so der Fall war. Es hat sich also wirklich nicht um einen komplizierten technischen Eingriff gehandelt.

Eigentlich sollte doch anhand dieser Informationen klar sein, dass die Fluggesellschaft durch falsches Management, bzw. einen zu spät geplanten Lieferzeitpunkt, das Zuspätkommen verschuldet hat, oder sehe ich das falsch? Ein Stau zwischen Köln und Hannover zur Zeit des Arbeitsverkehrs wäre zumindest für mich keine Überraschung..

Danke noch einmal!

Nechus
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Guten Tag Fragesteller,

in Ihrem Fall handelt es sich um eine klassische Flugverspätung. Die Definition der großen Verspätung ist streckenabhängig:

  • Flugstrecke bis einschließlich 1.500 km: Verspätung über 2 Stunden

  • Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 km: Verspätung über 3 Stunden

  • Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 km: Verspätung über 4 Stunden

Gemäß dieser Auflistung ist bei Ihrer Flugstrecke schon eine Verspätung von 2 Stunden als erheblich einzustufen.

Somit hat die Fluggesellschaft eine pauschale Entschädigung als Ausgleichsleistung (Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004) zu zahlen. Bei einer Flugstrecke bis zu 1.500 km betragen diese 250 €

Wird ein Alternativflug angeboten, stehen dem Passagier nur 50% der genannten Ausgleichszahlungen zu.

Dies gilt allerdings nicht, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Solche stellen einen Zuspruch für die jeweilige Airline dar, da mit diesen in der Regel nicht gerechnet werden kann und diese auch mit Ergreifen aller möglichen Maßnahmen nicht zu verhindern waren. Die Airline trägt allerdings auch die Beweispflicht für diese Umstände. Hier mussten Ersatzteile am Flugzeug eingebaut werden. So etwas fällt in der Regel nicht unter den Begriff der außergewöhnlichen Umstände. Hier liegt vielmehr ein technischer Defekt vor. Ein solcher liegt im Machtbereich der Airline selbst und muss auch von Ihr selbst behoben werden. Somit treffen den Luftfrachtführer auch alle Folgen.

Zudem stehen Ihnen gemäß Art.9 Betreuungsleistungen, wie eben Mahlzeiten und Getränke in einem angemessenen Warteverhältnis, zu. Haben Sie diese nicht erhalten und alleine beschafft, können Sie die Kosten für diese auch zurück verlangen.


 

Beantwortet von (21,990 Punkte)
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Sehr geehrter Fragesteller!

Ihre Frage betrifft grundsätzlich folgende Sachverhalte: (1) Anspruch auf Ausgleichszahlung, (2) Anspruch auf Betreuungsleistungen, (3) Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten (40 Euro Bahnticket).

(1) Ausgleichszahlung

Die Verordnung (EG) 261/2004 regelt Ansprüche von Fluggästen wegen Flugverspätungen und Flugannullierungen. Demnach stehen den Fluggästen verspäteter Flüge dieselben Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung zu, wie Fluggästen annullierter Flüge (vgl. EuGH, Urt. v. 19. November 2009, Az. C-402/07 und C-432/07).

Gem. Art. 5, Abs. 1, li. a) i. V. m. Art. 7, Abs. 1, li. a) VO 261/2004 besteht ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro, wenn der Flug sich um mindestens 2 Stunden verspätet.

Gem. Art. 5, Abs. 3 brauch das Luftbeförderungsunternehmen nicht zu leisten, wenn die Verspätung aufgrund von außergewöhnlichen Umständen passiert ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zur Verfügung stehendem Maßnahmen ergriffen worden wären.

Nun, ein technischer Fehler gehört grundsätzlich nicht zu außergewöhnlichen Umständen, aber nicht immer. In seltenen Fällen stellt ein technischer Defekt einen unerwarteten Sicherheitsmangel dar, welcher sich auch bei aller Bemühung nicht vermeiden lässt (vgl. LG Köln, Urt. v. 29. April 2008, Az. 11 S 176/07).

(2) Anspruch auf Betreuungsleistungen

Gem. Art. 9, Abs. 1, li. a) VO 261/2004 ist die Fluggesellschaft verpflichtet, Fluggästen verspäteter und annullierter Flüge Getränke und Mahlzeiten in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit anzubieten. Was ein „angemessenes Verhältnis“ ist, wird in der Verordnung nicht weiter erörtert. Ich wage es jedoch zu bezweifeln, dass nach circa 2,5 Stunden Verspätung (offensichtlich auf einem innereuropäischen Flug), diese Leistungen unbedingt angeboten werden müssen.

(3) Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten

Gem. Art. 12, Abs. 1, S. 1 VO 261/2004 könnten Sie neben der Ausgleichszahlung auch einen weitergehenden Schadensersatz geltend machen. Dieser könnte zum Beispiel auf Art. 19 Montrealer Übereinkommen stützten:

„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.“

Sofern der Schaden kausal mit der Verspätung zusammenhängt und die Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, müsste das Luftbeförderungsunternehmen eine Entschädigung zahlen.

Beantwortet von (5,100 Punkte)
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Lieber Fragesteller,

auf Ihrem Flug mit einem Deutschen Billigflieger von Hannover nach Wien hatten Sie eine Verspätung von 2:34h, da in Hannover noch ein Ersatzteil eingebaut werden musste, was am Vortag bereits erkannt wurde.

Im Falle einer Verspätung kann Ihnen tatsächlich ein Anspruch aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Dafür ist jedoch Voraussetzung, dass Sie mit einer Verspätung an Ihrem Endziel angekommen sind.

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)

 

Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).

Diese Voraussetzung scheint bei Ihnen gegeben zu sein.

Dann würde Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Dieser bemisst sich nach der zurückgelegten Distanz, wie folgt:

  • Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
  • Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
  • Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€

Sie haben die Höhe des Ihnen zustehenden Ausgleichsanspruchs bereits richtig ermittelt.  Beachten Sie bitte jedoch, dass es auch Fälle gibt in denen eine Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlungen leisten muss. Das ist immer dann der Fall, wenn ein außergewöhnlicher Umstand Grund für die Verspätung war. Im vorliegenden Fall musste noch ein Ersatzteil eingebaut werden. Dies war jedoch bereits schon am Vortag bekannt. Eine Fluggellschaft kann sich jedoch nur auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, wenn die Verhinderung dessen nicht in dem Machtbereich der Fluggesellschaft lag. Der Einbau eines Ersatzteils liegt durchaus im Machtbereich der Fluggesellschaft und ist auch Aufgabe der Fluggesellschaft. Weiterhin muss eine Fluggesellschaft darlegen, warum ein solcher Umstand nicht vermeidbar war. Mir würde im vorliegenden Fall keine Begründung einfallen, warum das Ersatzteil nicht schon früher eingebaut werden konnte, damit der Flug pünktlich starten kann.

Amtsgericht Rüsselsheim: Aktenzeichen 3 C 739/II [36] (einfach zu finden bei google unter "reise-recht-wiki")

Die entsprechende EG-Verordnung Nr. 261/2004 gehe davon aus, dass die "außergewöhnlichen Umstände" außerhalb des Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft liegen müssen.

Folglich kann sich die Fluggesellschaft im vorliegenden Fall nicht exkulpieren.

Beantwortet von (4,780 Punkte)
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Ihr Flug von Hannover nach Wien hatte ungefähr 2,5 Stunden Verspätung. Dabei kommt es nicht darauf an, wann das Flugzeug den Abflughafen verlassen hat. Maßgeblich ist lediglich, wann Sie Ihren Zielflughafen erreicht haben.

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 (einfach googlen mit "Az.: C-452/13 reise-recht-wiki")

Der EuGH hat klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist nach dem Urteil des EuGH das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend.

Diese Voraussetzung ist in Ihrem Fall gegeben. Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung haben.

Zu beachten ist jedoch, dass Ansprüche nicht bestehen, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Annulierung waren. Außergewöhnlich sind Umstände, wenn sie sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ein außergewöhnlicher Umstand kann schlechtes Wetter oder ein Streik des Bodenpersonals sein. In Ihrem Fall konnte das Flugezeug erst verspätet losfliegen, weil Ersatzteile eingebaut werden mussten. Ein solcher Umstand ist nicht als außergewöhnlich zu bewerten, da das Einbauen von Ersatzteilen nicht unter dem dirketen Einfluss der Fluggesellschaft stehen, sondern sogar unter deren Aufgabenbereich fällt.

DIe Airline kann sich also nicht auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes berufen. Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen die Fluggesellschaft bleibt also bestehen. Die Höhe dieses ergibt sich aus Artikel 7 der Verordnung und bemisst sich nach der Entfernung:

"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."

Die Entfernung zwischen Hannover und Wien beträgt 660 km. Es ergibt sich also ein Anspruch von 250 EUR pro Fluggast.

 

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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