Sehr geehrter Fragesteller,
es ist schon richtig, dass das Personal am Schalter nicht für die Regelung der Ausgleichszahlungen zuständig ist, sofern Ihnen welche zustünden.
Aus Ihrer Schilderung kommt es nicht eindeutig hervor, wie der Flug genau durchgeführt werden sollte. Wurden beide Abschnitte von EasyJet durchgeführt, oder war für das zweite Segment eine andere Fluggesellschaft zuständig? Gab es eine Codesharing-Vereinbarung? Wurde der zweite Abschnitt vielleicht separat vom Ersten gebucht? Wie viel betrug die Verspätung insgesamt bei der Ankunft am endgültigen Zielort? Gab es Probleme beim zweiten Flug von London nach Dublin? Die Antworten auf diese Fragen könnten evtl. wichtig sein.
(1) Abschnitt Berlin – London
Der Flug unter der von Ihnen angegebenen Flugnummer wurde zweifelsfrei von easyJet angemeldet und letztlich auch durchgeführt. Das würde heißen, dass Ansprüche auch gegen easyJet zu richten sind. Diese können nur dann ausgeschlossen sein, wenn die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen war. Darauf werde ich im Folgenden genauer eingehen.
(2) Mögliche Höhe der Ausgleichszahlung
Sofern auch der zweite Flugabschnitt von London nach Dublin von der easyJet durchgeführt wurde, handelt es sich um eine Strecke von über 1.500. Somit würde die mögliche Ausgleichszahlung 400,- Euro pro Person betragen. Nun betrachten wir ein Paar Ausnahmemöglichkeiten:
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Die Verspätung am Zielort und somit der Gesamtzeitverlust lag unter 3 Stunden. Der Europäische Gerichtshof hat am 26. Februar 2013 (Az.: C-11/11) entschieden, dass bei der Bewertung der Höhe der Ausgleichszahlung gem. Art. 7, Abs. 1 Verordnung (EG) 261/2004 nicht primär die Verspätung beim Abflug, sondern der Gesamtzeitverlust zu beachten ist, der am Zielort entsteht. Es ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich, dass man mit einer Verspätung von 3 Stunden starten, eine Zwischenlandung durchführen und mit einer Verzögerung von immer noch weniger als 3 Stunden am Zielort landen kann.
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Die Verspätung am Zielort betrug über drei Stunden, der zweite Flugabschnitt wurde jedoch entweder im Rahmen eines Code-Sharing-Vertrages von einer anderen Fluggesellschaft ausgeführt bzw. schon von vorn herein bei einer anderen Fluggesellschaft separat gebucht. In beiden dieser Fälle ist nur die Abflugverspätung ausschlaggebend. Dann wäre easyJet nur für den Abschnitt Berlin-London zuständig. Die Entfernung zwischen diesen beiden Städten beträgt weniger, als 1.500 km, sodass die Ausgleichszahlung 250,- Euro pro Person betragen würde. (Vgl. LG Köln, Urt. v. 04. November 2008, Az. 11 S 506/07) Da sie jedoch nichts dergleichen schildern, gehe ich davon aus, dass beide Abschnitte Ihrer Flugreise von easyJet ausgeführt worden sind.
(3) Außergewöhnliche Umstände
Nun könnte die Verspätung auf Umstände zurückgehen, die nicht vorhersehbar oder vermeidbar waren, nicht mit dem gewöhnlichen Betriebsrisiko zu tun haben und mit denen eine Fluggesellschaft im Normallfall nicht zu rechnen braucht.
„Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.“ – Erwägungsgrund 13 der VO 261/2004.
Bei der Beurteilung, ob ein Umstand außergewöhnlich ist oder nicht, werden viele Einzelheiten betrachtet, darunter auch Maßnahmen, die die Fluggesellschaft zur Vermeidung des Umstandes ergriffen hat oder ergreifen konnte. Es müssen beide Voraussetzungen vorliegen – ein außergewöhnlicher Umstand und Unmöglichkeit der Abwendung, erst dann braucht die Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlung zu leisten.
(4) Mögliche Vorgehensweise
Oft wird man ohne einen Anwalt nichts erreichen können. Fluggesellschaften verfassen ein Standardschreiben, wo sie den Vorfall bedauern, jedoch aufgrund von außergewöhnlichen Umständen zu keiner Zahlung verpflichtet sind. Dies ist aus oben erwähnten Gründen nicht so pauschal zu bewerten. Trotzdem ist es, meines Erachtens, empfehlenswert, zuerst selbst mit ein paar Schreiben mit der Fluggesellschaft in Kontakt zu treten.