Lieber Fragesteller,
bei einer Verspätung von 4 ½ Stunden können in der Regel Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung ergeben, beispielsweise einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen.
Problematisch ist, dass der Flug in der Schweiz abfliegt.
Die EU-Fluggastrechteverordnung gilt für alle Mitgliedsstaaten und zudem auch für andere Länder, wie z.B. auch Norwegen oder Island. Mit der Schweiz wurde ein bilaterales Luftverkehrsabkommen geschlossen.
Allerdings ist nicht eindeutig geklärt, ob diese auch für Flüge gilt, die nicht in die EU gehen.
Dazu der BGH, Beschluss vom 09.04.2013 - X ZR 105/12:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt: Ist das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr vom 21.6.1999 in der Fassung des Beschlusses Nr. 2/2010 des Luftverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 26.11.2010 dahin auszulegen, dass die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 entsprechend ihrem Art. 3 I lit. a auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen in der Schweiz einen Flug in einen Drittstaat antreten? (amtlicher Leitsatz)
Sachverhalt
Die Klägerin buchte bei der Swiss International Air Lines AG einen Flug von Frankfurt am Main nach Zürich und einen direkten Anschlussflug von Zürich nach Yaundé in Kamerun mit einem Zwischenstopp in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main nach Zürich erfolgte planmäßig. Der Abflug des Anschlussflugs in Zürich verzögerte sich um sechs Stunden und zehn Minuten. Dieser Flug endete tatsächlich in Duala. Die Klägerin wurde sodann mit dem Bus von Duala nach Yaundé befördert und erreichte dieses Ziel am Abend des Folgetags mit einer Verspätung von mehr als 20 Stunden. Sie verlangt deshalb nach Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro.
LG: Kein Ausgleich für Verspätung bei Anschlussflug außerhalb der EU
Das Amtsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Klage vor deutschen Gerichten zwar für zulässig erachtet. Ein Fluggast könne einen Anspruch auf Ausgleichszahlung auch dann bei den für den ersten Abflugort (hier: Frankfurt am Main) zuständigen Gerichten einklagen, wenn sich die Flugverspätung erst im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereignet habe. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch jedoch nicht zu, weil die Verspätung erst bei dem Anschlussflug eingetreten sei und dieser nicht in einem EU-Mitgliedstaat begonnen habe.
BGH: Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung möglich
Der BGH hat die Auffassung des LG zur internationalen Zuständigkeit bestätigt. Er ist dem LG auch darin beigetreten, dass der Klägerin nur dann ein Anspruch zustehe, wenn die Fluggastrechteverordnung auch auf den Flug von Zürich nach Yaundé anwendbar sei. Er hält die Anwendbarkeit der Verordnung auf solche Flüge aber für möglich, weil diese nach dem Wortlaut des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU seit Dezember 2006 auch für die Schweiz anzuwenden sei. Ein Schweizer Gericht habe jedoch entschieden, dass die Verordnung aufgrund des Abkommens nur auf Flüge anzuwenden sei, die zwischen der Schweiz und einem EU-Mitgliedsstaat oder umgekehrt verlaufen. Der BGH hat deshalb die Frage, ob die Fluggastrechteverordnung auch auf Flüge von der Schweiz in einen Drittstaat anzuwenden sei, dem EuGH vorgelegt.
Somit haben Sie wohl kein Anspruch aus der EU-Fluggastrechteverordnung.