Lieber Fragesteller,
du musstest bei einer 14 tägigen Reise 4 Tage ohne dein Gepäck auskommen und fragst dich nun, welche Ansprüche du geltend machen kannst.
Bei einer Gepäckverspätung besteht gemäß Art. 19 des Montrealer Übereinkommens ein Anspruch auf Erstattung von Schäden, die kausal mit der Verspätung zusammenhängen. Dazu gehören typischerweise Ersatzkäufe für Sachen, die sich im Gepäck befinden und die der Fluggast sofort beziehungsweise täglich braucht. Dieser Anspruch ist gegenüber des ausführenden Luftfahrtunternehmens form-und fristgerecht geltend zu machen.
AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az: 29 C 2518/12 (19) (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Du kannst das Urteil im Internet nachlesen, einfach googlen "reise-recht-wiki.de AG Frankfurt 29 C 2518/12 (19)")
Hier hat das AG Frankfurt den Klägern einen Teilanspruch zugesprochen, weil deren Koffer erst mit mehrtägiger Verspätung am Urlaubsort ankamen und sie sich vorort um Ersatz kümmern mussten. Es entschied, dass Kleidungsstücke und Artikel zur Körperpflege ersetzt werden müssen, andere Zusatz- und Luxusprodukte hingegen nicht. Demnach ist ausschlaggebend ob die Anschaffungen notwendig waren. Es stellt sich daher die Frage wie das Merkmal der Notwendigkeit zu konkretisieren ist. Im selbigen Urteil entschied das Gericht, dass bei einer mehrtägigen Verzögerung sämtlicher Gepäckstücke die ersatzweise Anschaffung einer vollständigen Grundgarderobe und entsprechender Pflegeprodukte als notwendig und angemessen anzusehen ist. Eine Notwendigkeit wurde jedoch beispielsweise bei der Anschaffung einer speziellen Abendgarderobe abgelehnt. In diesem Fall wurde der Beklagte zu einer Zahlung von 500 Euro verpflichtet.
Maßgebend für die Höhe der Erstattungszahlung ist Art. 22 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens. Die Haftungshöchstgrenze beträgt demnach 1000 Sonderentziehungsrechte. Aufgrund der Teuerungsrate in den letzten Jahren wurde diese Grenze auf 1131 Sonderentziehungsrechte erhöht. Dies führt zu einer Verbesserung der Position der Fluggäste. 1131 SZR entsprechen circa 1414 Euro. Mithin kann ein Fluggast maximal 1414 Euro für eine Gepäckverspätung erstattet bekommen. Dies gilt pro Fluggast und nicht pro Gepäckstück.
EuGH, Urteil vom 06.05.2010, Az: C-63/09 (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Du kannst das Urteil im Internet nachlesen, einfach googlen "reise-recht-wiki.de EuGH C-63/09")
Des Weiteren könnte ein Anspruch aus Reisevertragsrecht gemäß § 651 a-m BGB gegen den Reiseveranstalter geltend gemacht werden.
Diesbezüglich kommt zunächst eine Minderung des Reisepreises gemäß §651 d BGB in Betracht.
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.12.1997, AZ 32 C 1201/97 (einfach zu googlen "AG Frankfurt AZ 32 C 1201/97 reise-recht-wiki.de")
Demnach kann auch die Gepäckverspätung einen Reisemangel darstellen, der eine Minderung vom Reisepreis nach § 651 d BGB rechtfertigt, wenn z. B. durch den Mangel an passender Garderobe die Teilnahme an verschiedene Urlaubsaktivitäten nicht möglich war.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.06.2007, AZ 2-24 S 44/06 (leicht zu googlen "LG Frankfurt Az 2-24 S 44/06 reise-recht-wiki.de")
Laut dieses Urteils kann eine Minderungshöhe zwischen 25 % und 30 % des tagesanteiligen Reisepreises, multipliziert mit der Anzahl der Tage, in denen das Gepäck nicht zur Verfügung stand, angenommen werden.
Zudem wäre ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f II BGB denkbar.
Hier ist zu beachten, dass die Reise in erheblicher Weise beeinträchtigt worden sein muss. Dies wird ab einer Minderung von 50 % angenommen.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.09.2009, AZ 2-24 S 15/09 (leicht zu googlen "LG Frankfurt Az 2-24 S 44-06 reise-recht-wiki.de")
Hier hat das Gericht einen Schadensersatz aus § 651 f II BGB abgelehnt, da eine Gepäckverspätung von 4 Tagen keine wesentliche Beeinträchtigung der Reise darstelle.